Krefeld Kathstede wagt Machtprobe mit der CDU

Krefeld · Im Haushaltsstreit stellt sich der Oberbürgermeister gegen seine Fraktion: Er lehnt die Ein-Prozent-Kürzung ab.

 Bedenkliche Gesichter gestern Abend im Finanzausschuss: Oberbürgermeister Gregor Kathstede (r.) schaut in Richtung seiner Fraktion; neben ihm Kämmerer Ulrich Cyprian.

Bedenkliche Gesichter gestern Abend im Finanzausschuss: Oberbürgermeister Gregor Kathstede (r.) schaut in Richtung seiner Fraktion; neben ihm Kämmerer Ulrich Cyprian.

Foto: Thomas lammertz

In einem dramatischen Appell hat Oberbürgermeister Gregor Kathstede (CDU) gestern im Finanzausschuss bei CDU, FDP und UWG dafür geworben, Steuererhöhungen zuzustimmen und von dem Weg, ein Prozent pauschal in allen Fachbereichen zu kürzen, abzulassen.

"Ich halte diesen Weg für falsch", sagte er; das Ziel, den Haushalt der Stadt ohne massive Einschnitte bei den freiwilligen Leistungen zu erreichen, sei so nicht zu erreichen.

"Ich habe die Sorge, dass auf diesem Weg das gesellschaftliche Leben in der Stadt Schaden nehmen könnte", sagte er. Es gehe um kulturelle und schulische Vielfalt, um Vielfalt im Vereinsleben und um das gesellschaftliche Gleichgewicht in der Stadt.

Kathstede bekräftigte, dass die einprozentige Kürzung bei den freiwilligen Leistungen vielfach Einschnitte zwischen 40 und 100 Prozent bedeuteten, da die meisten Posten Pflichtaufgaben seien.

Er kündigte erstmals öffentlich an, in diesem Punkt nicht mit seiner Fraktion zu stimmen und sich gegen die Linie von Fraktionschef Wilfrid Fabel zu stellen. Er beteuerte, die Verwaltung habe es sich nicht einfach gemacht; der Vorschlag zu Steuererhöhungen sei die Ultima Ratio.

Vergeblich: Die Mehrheit aus CDU, FDP und UWG verabschiedete die Beschlussempfehlung für den Rat, die Steuern nicht zu erhöhen und die Ein-Prozent-Kürzung anzusetzen. Endgültig entschieden wird in der Ratssitzung am 5. Dezember.

In der Debatte wurde deutlich, dass CDU, FDP und UWG der Verwaltung misstrauen: "Man hat manchmal den Eindruck, dass ernsthafte Sparbemühungen nicht erkennbar sind", sagte Fabel; an die Adresse der anwesenden Verwaltungsspitzen Cyprian, Zielke, Micus, Linne und Visser sagte er: "Wenn ich was zu sagen hätte, würde ich es hinbekommen."

FDP-Fraktionschef Joachim Heitmann warf der Verwaltung "Arbeitsverweigerung" vor. Der Auftrag, Vorschläge für die einprozentige Einsparung in jedem Fachbereich zu erarbeiten, sei immer noch nicht umgesetzt.

Er wundere sich, dass neue Minderschätzungen bei den Steuereinnahmen in Millionenhöhe innerhalb einer Woche weggerechnet seien, Vorschläge für die Einsparung um einen Punkt hingegen immer noch nicht auf dem Tisch lägen.

Für die UWG verteidigte Ralf Krings den Kampf gegen Steuererhöhungen auch um den Preis massiver Kürzungen wie etwa der Schließung des Schauspiels am Theater: "Vor allem die Erhöhung der Grundsteuer wäre unsozial, weil sie besonders Geringverdiener trifft", sagte er.

Für die SPD warf Fraktionschef Ulrich Hahnen CDU, FDP und UWG Feigheit vor, weil sie keine konkreten Einsparungen nennen würden. In diese Kerbe schlug auch Grünen-Fraktionschefin Stefani Mälzer: Der Rat gebe seine Haushaltshoheit auf, wenn er die Aufgabe, Kürzungsvorschläge zu machen, an die Verwaltung abtrete.

Die Grünen halten eine Haushaltssanierung ohne Steuererhöhungen für unrealistisch. An die Adresse von Fabel, der davon gesprochen hatte, Zuschüsse für zwei Jahre auszusetzen, sagte sie: "Wenn Sie hier sagen, man könne mal eben freiwillige Leistungen im Brauchtum zwei Jahre lang aussetzen: Holen Sie die nach zwei Jahren wieder aus der Kiste?" Sie prophezeite Fabel: "Das fällt Ihnen mächtig auf die Füße."

Für die Verwaltung warnte Kämmerer Ulrich Cyprian, dass die Bezirksregierung über die Ein-Prozent-Kürzungspläne "not amused" sei. Düsseldorf zweifele an der Wirksamkeit und fordere einen Katalog konkreter Kürzungen.

Auf harte Kritik der SPD stieß ein gemeinsam verabschiedeter Antrag von CDU, FDP und UWG: Darin soll die Anhebung der Kita-Gebühren geprüft werden. Hintergrund: Die Gebühren erbrächten nach den vorliegenden Informationen rund 13 Prozent der Kosten; laut Kalkulationsschema des Kinderbildungsgesetzes seien aber 19 Prozent zu erbringen. "Das würde eine Erhöhung der Kita-Gebühren um 46 Prozent bedeuten", sagte Frank Meyer — familienpolitisch sei das ein Rückschritt in die 50er Jahre.

(RP)
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