Krefeld Kind auf der Flucht verloren - Krefelder helfen

Krefeld · Das Ehepaar Klinkhammer hilft einer Flüchtlingsfamilie aus dem Irak. Und kämpft sich bis heute durch den Behörden-Dschungel.

 Mutter Leyla lebt mit ihren drei Söhnen in Krefeld. Ihr Mann ist noch immer auf der Flucht vor dem IS. Tochter Haliz (kleines Foto) ist in Griechenland gestrandet. Die 14-Jährige wartet dort auf die Einreise nach Deutschland.

Mutter Leyla lebt mit ihren drei Söhnen in Krefeld. Ihr Mann ist noch immer auf der Flucht vor dem IS. Tochter Haliz (kleines Foto) ist in Griechenland gestrandet. Die 14-Jährige wartet dort auf die Einreise nach Deutschland.

Foto: Klinkhammer

Eine Mutter ist mit vier Kindern auf der Flucht. Als sie in Krefeld ankommt, fehlt eins: Haliz, ihre damals 13-jährige Tochter, ist verschwunden. "Es ist das Schlimmste, was einer Mutter passieren kann, ein Kind zu verlieren. Als mein Mann und ich davon hörten, wollten wir so schnell wie möglich helfen", erinnert sich Ute Klinkhammer, selbst Mutter von zwei Kindern.

 Ute und Klaus Klinkhammer helfen der irakischen Familie.

Ute und Klaus Klinkhammer helfen der irakischen Familie.

Foto: bk

Fast ein Jahr ist seitdem vergangen. Vor Ute und Klaus Klinkhammer stapelt sich Papier. Es ist Post von den verschiedensten Behörden, mit denen das Paar aus Holterhöfe bislang zu tun hatte. Aus der schnellen Hilfe ist nichts geworden. Allerdings wissen die Helfer inzwischen, dass Haliz in Griechenland ist und dort wochenlang in zwei großen Flüchtlingslagern lebte.

Ihrer Mutter Leyla, die mit den drei Söhnen (11, 13 und 17) in Krefeld lebt, fällt es schwer, über die verlorene Tochter zu reden. Zu tief sitzt der Schmerz. Auch Haliz, die dank der Vermittlung der Klinkhammers inzwischen bei der "Evangelischen Kirche Deutscher Sprache zu Athen" untergebracht ist, ist schwer traumatisiert. "Frau Hülsenbeck, die dort arbeitet, hat uns sehr geholfen und steht in engem Kontakt mit uns. Sie hat erzählt, dass das Mädchen die erste Zeit nur geweint hat und das Zimmer nicht verlassen wollte", sagt Klaus Klinkhammer.

Der 76-jährige Rentner ist traurig. Zu gern hätte er erlebt, dass die irakische Familie Weihnachten wieder vereint ist. Mit dem deutschen Behörden-Dschungel hatte er jedoch nicht gerechnet. "Ich kannte mich mit den ganzen Vorschriften nicht aus und dachte, dass es doch selbstverständlich sein sollte, dass ein minderjähriges Kind zu seiner Mutter einreisen darf. So kenne ich das auch aus England." Stattdessen wartete ein Ämter-Marathon auf die Klinkhammers, der noch immer nicht beendet zu sein scheint. Die 39-jährige Mutter wäre ohne die Hilfe der Rentner aufgeschmissen. "Sie ist Analphabetin, genau wie ihr Mann", erklärt Ute Klinkhammer. Der Vater der Großfamilie musste die Flucht abbrechen und versteckt sich vor dem IS. Als jesidischer Kurde muss er um sein Leben bangen. Trotzdem schaffte er es, den von den Behörden verlangten Pass seiner Tochter von einem Flugbegleiter nach Deutschland bringen zu lassen.

Doch das Dokument allein reichte nicht für eine Einreise der inzwischen 14-Jährigen. Zuerst musste die Mutter vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als Flüchtling anerkannt werden. Erst danach konnte sie im Rahmen der Familienzusammenführung die dafür notwendige "fristwahrende Anzeige" stellen. "Wir haben alle erforderlichen Dokumente ausgefüllt. Haben die Familie zum Ausländeramt begleitet, waren bei dem Gespräch mit dem Bundesamt dabei, hatten Kontakt zur Deutschen Botschaft. Doch immer, wenn wir dachten, jetzt hätten wir alle notwendigen Dokumente zusammen, gab es eine neue Hürde, die Haliz' Einreise verhinderte", sagt Klinkhammer kopfschüttelnd.

Weihnachten ist längst vorbei, und noch immer prüfen die Behörden. Alle erforderlichen Papiere liegen derzeit bei der Deutschen Botschaft in Athen. Die Mitarbeiter dort sind hilfsbereit und haben die verlorene Tochter als "Härtefall" eingestuft, der bevorzugt behandelt wird. Allerdings: Noch müssen alle irakischen Dokumente auf ihre Echtheit hin überprüft werden. Wie lange eine solche Prüfung dauert, kann keiner sagen. "Wir rechnen mit allem", sagt das Krefelder Ehepaar. Trotz aller Schwierigkeiten würden die Klinkhammers jederzeit wieder helfen. "Es ist wichtig, Menschen in Not zu unterstützen", sagen die beiden. Regelmäßig besuchen sie deshalb das Café Sarah im Bischof-Sträter-Haus, in dem sich immer mittwochs ab 19 Uhr Ehrenamtliche und Flüchtlinge unter Begleitung der Bürgerinitiative Rund um St. Josef zum lockeren Gespräch treffen. Dort hatte das Ehepaar auch von Leyla und ihrer Tochter erfahren. Aus einem losen Kontakt ist eine enge Verbundenheit geworden. Ute und Klaus Klinkhammer werden weiter helfen - für Haliz.

(RP)
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