Krefeld Kita-Großeltern für ein paar Stunden

Krefeld · Seit Oktober begleiten Seniorenpaten die Kinder des Familienzentrums St. Elisabeth. Ehepaar Pohlen ist mit dabei.

 Horst und Karin Pohlen sind Seniorenpaten im Familienzentrum St. Elisabeth am Inrath. Gern schauen sie sich die Fotos an, die sie bei ihren Aktivitäten mit den Kindern zeigen.

Horst und Karin Pohlen sind Seniorenpaten im Familienzentrum St. Elisabeth am Inrath. Gern schauen sie sich die Fotos an, die sie bei ihren Aktivitäten mit den Kindern zeigen.

Foto: Thomas Lammertz

"Der Trainer kommt", "der Trainer kommt" - die Kinder sind ganz aus dem Häuschen, vor allem die Jungs. Sie haben sich extra für diesen besonderen Tag ihre Fußball-Trikots angezogen. Ein Vorschüler zeigt stolz seine Stollenschuhe, "damit ich auf dem nassen Rasen nicht ausrutsche". Horst Pohlen schmunzelt. Er liebt diesen Moment, wenn er die Kindertagesstätte St. Elisabeth betritt und die Kleinen ihn und seine Frau stürmisch begrüßen. "Die strahlenden Kinderaugen zu sehen, ist einfach nur schön", schwärmt Karin Pohlen. Das Ehepaar gehört zu den bislang fünf Seniorenpaten, die sich seit Oktober in unregelmäßigen Abständen um die Kinder des Familienzentrums kümmern.

Hanni Becker leitet das Familienzentrum am Inrath und erklärt: "Wir arbeiten sehr stadtteilorientiert. Bei der Sichtung der statistischen Daten ist mir aufgefallen, wie viele Menschen in unserem Stadtteil bereits 60 Jahre und älter sind. Der Anteil der Gruppe 60 plus liegt über Krefelds Gesamtdurchschnitt. So kam uns die Idee, diese Gruppe gezielt anzusprechen und ihnen Seniorenpatenschaften anzubieten." Über die Eltern der Kinder verbreitete sich die Nachricht schnell. Und erreichte auch Karin Pohlen. "Eine Mutter, die bei uns in der Nachbarschaft wohnt, hat mir davon erzählt und meinte, das wäre doch genau das Richtige für euch."

Während die 71-Jährige gleich Spaß an der Idee hatte und sich Gedanken machte, wie sie sich mit den Kindern beschäftigen könnte, war ihr Mann skeptisch. "Ich hätte gern handwerklich mit den Kindern gearbeitet, hatte aber Angst, dass sich die Vier- bis Sechsjährigen ernsthaft verletzen." Karin Pohlen zog den Joker. "Ich wusste, mit Fußball krieg ich meinen Mann immer. Er hat lange Jahre die Jugend von SC Viktoria trainiert und auch bei uns im Garten immer mit den Kindern gekickt. Da war bei uns der Teufel los, und so manche meiner Rosen musste dran glauben." Ihr Plan ging auf, und aus Horst Pohlen wurde "der Trainer". "Zu Beginn unseres Trainings sind die Kleinen immer ganz aufgedreht. Dann lass ich sie erstmal toben und über die Wiese laufen. Wenn die ersten nach Luft schnappen, beginnen die eigentlichen Übungen", erzählt der 72-Jährige und betont, dass es auch bei ihm Regeln gebe. "Ohne geht es einfach nicht." Seine Frau nickt zustimmend. "Körperlich ist man ja doch schon ein bisschen eingeschränkt in unserem Alter, das wissen die Kinder und nehmen Rücksicht. Wenn mir also was runterfällt, ist sofort ein Junge oder ein Mädchen da und hebt es auf."

Karin Pohlen bastelt mit den Kindern und macht Handarbeiten. Mit viel Geduld führt sie die kleinen Hände, die noch nie zuvor eine Häkelnadel gehalten haben. "Das habe ich früher mit meiner Enkelin genauso gemacht", erinnert sich die Oma. Und Enkelin Hanna lächelt wissend. "Ich war viel bei Oma und Opa. Da war es immer toll. Sie haben mit mir gespielt, es gab Süßigkeiten und ich durfte bei Oma im Bett schlafen." Heute ist Hanna 15. Mit ihrer Oma ist sie immer noch regelmäßig zusammen. Allerdings wird nun kein Puppenkleid mehr gehäkelt. "Nein, heute gehen wir shoppen. Am liebsten in einer Großstadt", sagt Karin Pohlen.

Für die Kinder des Familienzentrums ist sie ebenfalls eine Oma - eine Ersatz-Oma sozusagen. "Viele Großmütter sind noch jünger als wir und müssen arbeiten gehen. Sie haben keine Zeit, viel mit ihren Enkeln zu machen. Umso mehr freuen sich die Kinder, wenn wir kommen." Wichtig ist Ehepaar Pohlen, dass die Besuchstermine flexibel sind. Auf feste Zeiten wollen sie sich in ihrem Alter nicht mehr festlegen lassen. "Da gibt es ja doch schon mal den einen oder anderen Arzttermin", sagt der 72-Jährige mit einem Augenzwinkern. Man mag es kaum glauben, so fit, wie die beiden wirken. Hanni Becker kennt dieses Argument: "Deswegen sind wir da auch ganz flexibel. Jeder kann sich so einbringen, wie er das gerne möchte. Ein kurzer Anruf und eine Terminabsprache reichen."

Vor Weihnachten besuchen "ihre Kinder" Oma und Opa Pohlen sogar zu Hause. Liebevoll hat Karin Pohlen für die Kleinen Tütchen gepackt mit Leckereien wie selbst gebackenen Plätzchen. "Und für die Eltern und Erzieherinnen, die die Kinder begleiten, gibt's Eierlikör", sagt die 71-Jährige. Trotz Nieselregen sind die Kinder gut gelaunt. Dann überreichen sie den Paten ein Teelicht. Die Ersatz-Großeltern sind gerührt.

Karin Pohlen: "Dass mich unsere Nachbarin angesprochen und uns als Seniorenpaten vorgeschlagen hat, war Glück. Wir sind dankbar, dass wir die Kinder ein Stück auf ihrem Weg begleiten dürfen." Und die Inrather Kinder freuen sich, wenn es auch im neuen Jahr wieder heißt: "Der Trainer kommt".

(RP)
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