Krefeld Konservativer Kreis: CDU braucht eine Katharsis in der Opposition

Krefeld · Ein Foto vom Berliner Reichstag neben dem Podium war Programm: Initiator Gerald Wagener hat Bundespolitisches im Sinn. Er will, dass die CDU im Ganzen ihre konservativen Werte betont.

 Der Unternehmer Gerald Wagener hat das informelle Netzwerk "K3 - Konservativer Kreis Krefeld" ins Leben gerufen. Er glaubt: Die CDU muss in die Opposition, um sich wieder zu ihrem konservativen Kern vorzuarbeiten.

Der Unternehmer Gerald Wagener hat das informelle Netzwerk "K3 - Konservativer Kreis Krefeld" ins Leben gerufen. Er glaubt: Die CDU muss in die Opposition, um sich wieder zu ihrem konservativen Kern vorzuarbeiten.

Foto: Mark Mocnik

Das Interesse an der sogenannten "Kick off"-Veranstaltung des informellen Konservativen Kreises Krefeld" (K3) war groß - und gekommen waren sicher nicht nur direkte Unterstützer, sondern auch Neugierige von der Jungen Union bis zu CDU-Ratsmitgliedern, die sich das ganze mal anschauen wollten. Gleichwohl war der Abend nicht schlicht öffentlich: Die Gäste waren nur nach Anmeldung zugelassen und teils handverlesen; die WZ, Krefelds zweite Zeitung, hatte keinen Zugang.

 Vera Lengsfeld, bekannt geworden als DDR-Bürgerrechtlerin der Wendezeit, sagt: "Die CDU hat früher dafür gesorgt, dass linke Blütenträume nicht umgesetzt wurden, aber diese Funktion hat sie verloren."

Vera Lengsfeld, bekannt geworden als DDR-Bürgerrechtlerin der Wendezeit, sagt: "Die CDU hat früher dafür gesorgt, dass linke Blütenträume nicht umgesetzt wurden, aber diese Funktion hat sie verloren."

Foto: Mark Mocnik

Die Gäste bekamen einiges geboten: Massive Kritik an Merkel; ein Deutschland-Bild, das von einem Klima der Denunziation und Repression gegen "Andersdenkende" abseits des Mainstream geprägt sei, und massive Medienschelte: "Die Medien" wurden als gleichgeschaltete Einheit dargestellt, die missliebige Fakten verschweigen und allesamt einem regierungstreuen, "totalitären Kampangenjournalismus" verfallen sind.

Das Ziel des K3 ist kein begrenzt kommunalpolitisches, sondern nichts weniger als eine bundespolitische Revolution innerhalb der CDU: Initiator Gerald Wagener räumte ein, nur an Bundespolitik interessiert zu sein; er will die Partei insgesamt nach rechts rücken und wieder ihre konservativen Werte betonen. Wagener ist überzeugt, dass dies erst mit dem Gang in die Opposition gelingen wird: "Die Partei", sagte er, "braucht eine Katharsis", eine Phase der Machtlosigkeit, um sich neu zu positionieren. Wagener kündigte an, dass seine Initiative CDU-Kandidaten unterstützen wird, die die Ziele von K3 teilen; er habe dazu bereits eine sechsstellige Summe gesammelt.

 Moderatorin Birgit Kelle ist als Publizistin mit Kritik an "Genderwahn" und Feminismus hervorgetreten; sie plädiert für einen neuen "femininen Feminismus", den ihre Gegner als reaktionär und rückwärtsgewandt kritisieren.

Moderatorin Birgit Kelle ist als Publizistin mit Kritik an "Genderwahn" und Feminismus hervorgetreten; sie plädiert für einen neuen "femininen Feminismus", den ihre Gegner als reaktionär und rückwärtsgewandt kritisieren.

Foto: Mark Mocnik

Hauptrednerin des Abends war die DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld. Als Moderatorin führte die Journalistin Birgit Kelle durch den Abend. Kelle ist umstritten; sie hat sich mit scharfer Polemik gegen "Genderwahn" und einen ihrer Meinung nach veralteten Feminismus viel Feind geschaffen - Kritiker sehen in ihrem Modell eines "femininen Feminismus" reaktionäres Gedankengut. Sie selbst sagte über sich dann auch, sie habe nichts mehr zu verlieren, denn sie gelte bereits als reaktionär.

Lengsfeld wurde als DDR-Bürgerrechtlerin der Wendezeit bekannt, war erst bei den Grünen, dann bei der CDU, saß von 1990 bis 2005 im Bundestag und gehört heute zu den schärfsten Kritikern von Angela Merkel. "Ist Deutschland noch ein Rechtsstaat?", lautete der Titel ihres Vortrags. Sie sieht das politische System in Deutschland auf dem Weg der Annäherung an DDR-Verhältnisse. Der Bundestag, behauptete sie, werde der DDR-Volkskammer immer ähnlicher, weil die Parlamentarier ihrem Auftrag, die Regierung zu kontrollieren, nicht mehr nachkämen. Politische Entscheidungen würden "überfallartig" getroffen; sie nannte etwa den Atomausstieg, die Euro-Rettungs- oder die Flüchtlingspolitik von Merkel.

Vor allem die Kanzlerin nahm sie ins Visier; Merkel habe mit ihrer einsamen Entscheidung, Flüchtlinge aufzunehmen, mit einem Rechtsbruch eine unkontrollierte Masseneinwanderung ausgelöst, die Terrorgefahr erhöht und Deutschland zu einem Land der Messerstechereien und der sexuellen Übergriffe gemacht. Dabei versuchte sie, fremdenfeindliche Töne zu vermeiden: "Nicht die Migranten sind das Problem, sondern die systematische Nicht-Beachtung unserer Gesetze." Sie, die heute als Publizistin und Vortragsreisende mit ihren Thesen ihr Geld verdient, behauptete, es herrsche in Deutschland ein "Klima der Denunziation" und der Stigmatisierung Andersdenkender. Wer eine Meinung abseits des Mainstream vertrete, müsse mit Repressalien rechnen; man dürfe, beklagte sie, "Dinge nicht beim Namen nennen". Linksextreme Antifa-Gruppen verhinderten Demonstrationen von "Andersdenkenden", behauptete sie - sie tat es trotz der zahlreichen, eben nicht verhinderten Pegida-Demonstrationen.

Den Versuch, Hasstiraden im Internet ("Hate speech") unter Strafe zu stellen, wertete sie als verkappte Einschränkung der Meinungsfreiheit. Der Begriff "Hate speech" sei viel zu vage gefasst und in Wahrheit Instrument gegen Kritik am Bestehenden.

Am Schluss hielt sie ein Plädoyer dafür, die eigene Angst zu überwinden und die Freiheit zu verteidigen. Deutschland sieht sie als Fall für Widerstand in einem Klima zunehmender Rechtlosigkeit. Sie forderte die Rückkehr zu rechtsstaatlichen Gepflogenheiten und schloss mit dem bekannten Satz: "Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht."

(RP)
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