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Krefeld Kontrabass mit Klamauk und Kühlschrank

Krefeld · Ein Kühlschrank und ein Kontrabass stehen unübersehbar auf der Bühne, von seinem Spieler ist noch nichts zu sehen. Als er schließlich kommt, ist er erst einmal mit dem Heranschleppen von Bierkästen beschäftigt. Die erste Flasche wird sofort geöffnet, die anderen landen vorerst im Kühlschrank.

 Michael Ophelders ist die Rolle wie auf den Leib geschrieben. Er baut die Spannung über fast zwei Stunden großartig auf.

Michael Ophelders ist die Rolle wie auf den Leib geschrieben. Er baut die Spannung über fast zwei Stunden großartig auf.

Foto: Matthias Stutte

Der Kontrabass, Patrick Süskinds unverwüstlicher Einakter aus dem Jahre 1981, feierte in der ausverkauften Fabrik Heeder eine gelungene Premiere. Das Stück lebt davon, darin Georg Kreislers Betrachtungen über Triangelspieler oder Musikkritiker ähnlich, dass kein Klischee ausgelassen wird. Das allerdings geschieht so witzig, dass für Heiterkeit non stop gesorgt ist. Und nicht nur das. Das Stück ist in mehreren Schichten zu Hause. Der Unterhaltungswert ist hoch. Aber hinter all dem Lustigen, ja auch Klamauk, wird viel von der grundsätzlichen Problematik eines Orchestermusikers reflektiert. Er lebt in abgesicherten Verhältnissen, mit regelmäßigem Einkommen und gesicherter Altersvorsorge. Das weiß er durchaus zu schätzen. Aber er spürt auch, dass das Leben in einer straffen Hierarchie einer künstlerischen Selbstverwirklichung nicht unbedingt förderlich ist.

Ein-Personen-Stücke bedeuten immer eine große Herausforderung für Schauspieler. Michael Ophelders ist die Rolle wie auf den Leib geschrieben. Er baut die Spannung über fast zwei Stunden großartig auf, sorgt für Abwechslung, bringt Situationskomik und Nachdenklichkeit in die richtige Balance. Mal schreit er sich den Frust aus dem Leib, mal schildert er sachlich, wie er durch Schallschutz in seiner Wohnung auf seine Nachbarn Rücksicht nimmt. Sensibilität fürs Spielen eines Instruments bringt der Schauspieler ohnehin mit; er spielt Saxophon und Gitarre. Grundlagen des Kontrabass-Spiels führt er geschickt vor. Er streicht die tiefsten und die höchsten (Flageolett-) Töne und bewegt seine Finger geschickt über die Saiten.

Sein Publikum weiß er anzusprechen - und es fühlt sich angesprochen. Es antwortet spontan auf Fragen, impulsive Zwischenrufe würzen die Lebendigkeit der Veranstaltung. 55 Jahre sei er inzwischen alt - "da sieht er aber auch nach aus", kommt es aus dem Zuschauerraum zurück. Wie er denn für sein Alter noch aussieht, will er wissen - "nun ja", so die abwägende Antwort einer Zuschauerin. Noten mit Kontrabass-Literatur werden verteilt. Das Publikum darf sich davon überzeugen, dass Konzerte für den Kontrabass hinter denen für Klavier und Violine in der kompositorischen Qualität zurückbleiben. Weil die Zuschauer sich von ihm anschreien lassen mussten, bietet er einem, der davon besonders viel mitbekam, als Entschuldigung eine Flasche Bier an. Schnell hat er die Lacher auf seiner Seite.

Zusammen mit dem Regisseur Jürgen Lorenzen zeichnet Ophelders auch für die passende Ausstattung verantwortlich. Noch beim begeisterten Applaus verlässt den Schauspieler nicht der Sinn für Komik. Wie der Dirigent eines Sinfonieorchesters an die Mitspieler gibt er den Dank des Publikums an die Requisiten auf der Bühne weiter, vor allem natürlich an die große Hassliebe, den Kontrabass.

(RP)
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