Krefeld Krago will in Niederlanden Büro eröffnen
Krefeld · Von Krefeld bis zum Nordpol und darüber hinaus reicht die Menge an ausgerollten Trauerbändern der Firma Krahnen und Gobbers, die sie jährlich an der Girmesgath im Mies-van-der-Rohe-Business-Park produziert. Das war nicht immer so. Der Nischenbetrieb startete 1996 in der Krise unter erschwerten Bedingungen und ist heute Marktführer in Nordeuropa.
Wolf Reinhard Leendertz ist der Spross einer bekannten Industriellenfamilie und in Krefeld als Visionär bekannt. Wenn von ihm die Rede ist, dann im Zusammenhang mit Architektur, Ludwig Mies van der Rohe, Bauhaus, Zeche Niederberg am Wartberg in Tönisberg und Denkmalschutz.
Leendertz ist darüber hinaus Geschäftsmann, der mit der Geschichte seiner Familie und den Wurzeln der Textilbranche Geld verdient. Er betreibt fast nebenbei in fünfter Generation ein Überbleibsel eines ruhmreichen Herstellers. Krahnen und Gobbers existieren mittlerweile seit 164 Jahren. Bei der vorletzten Jahrhundertwende arbeiteten mehr als 1000 Mitarbeiter an drei Standorten für das Familienunternehmen. Es war damals die größte Seidenweberei in Krefeld.
1920 verloren sie die Marktführerschaft, weil sich viele kleinere Betriebe zur Vereinigten Seidenwebereien AG (Verseidag) zusammenschlossen. Dass Krahnen und Gobbers (Krago) heute ausgerechnet auf dem früheren Verseidag-Areal produzieren, und er der Eigentümer der architekturhistorisch bedeutsamen Gebäude aus der Urheberschaft des Bauhaus-Stars Ludwig Mies van der Rohe ist, sei Ironie des Schicksals, sagte Leendertz.
Nachdem 1996 die letzte große Abteilung der Textilveredelung liquidiert worden war, blieb nur noch die Kranzband-Herstellung übrig. Der Neustart war gewagt. "Wir produzierten schlechte Qualität, hatten Lieferprobleme, ein unzureichendes Marketing und kaum Infrastruktur", erzählt Leendertz. Der Umsatz betrug damals gerade noch 700.000 Euro pro Jahr. Mit fünf Mitarbeitern krempelten Vater Gerd und er die Ärmel hoch, um "Europas Beste zu werden". 2009 verlagerte Girmes in Lobberich seine Produktion nach Italien und Tschechien. Zurück blieb der Betrieb für die Herstellung von Klettbändern. "Den haben wir geerbt", sagte Leendertz. Das Unternehmen wurde in Krago Art für die Herstellung und den Verkauf von Trauer-Floristik-Bändern und Krago Tec für Produktion und Vertrieb von Klettbändern unterteilt. Klettverschlüsse werden im Heimtextilbereich für Gardinen, an Zelten, Kissen, Lkw-Planen, im Bootsbau und bei den Zulieferern der Automobilindustrie benötigt. "Diesen Bereich wollen wir in Kürze stärker ausbauen", erklärte Leendertz. Geplant seien Eröffnungen im europäischen Ausland. Als erstes seien Vertriebsniederlassungen in den Niederlanden vorgesehen.
Seit 2015 ist der Firmensitz von Krago in lichtdurchfluteten Büros und Hallen an der Girmesgath auf rund 5000 Quadratmetern. Dort machen etwa 40 Mitarbeiter einen Jahresumsatz von fünf Millionen Euro. "Wir stellen vier bis fünf Millionen Meter Trauerband her", sagte Leendertz. Das eigentliche Weben sei ausgelagert. In Wuppertal arbeiteten zwei Hausbandweber im Auftrag von Krago. Sie lieferten die Stoffbänder an und nähmen Garne wieder mit, um sie zu verarbeiten. Die Veredelung der in vielen Farben vorrätigen Trauerbänder finde dann in Krefeld statt. Nach dem Konkurs der Firma Sentgen habe Krago im vergangenen Jahr deren Maschinen, Lagerbestände und auch Handelsvertreter übernommen.
Leendertz erinnert sich an den schwierigen Neustart vor gut 20 Jahren. "Als unser einziger Handelsreisender bei unserem Kunden auftauchte, um unsere Waren zum Kauf anzupreisen, bekam er zur Antwort, er solle doch erst einmal die erste Bestellung ausliefern, ehe er sich um weitere Order kümmere", berichtete Leendertz.