Krefeld Schlaganfall: 90 Minuten entscheiden

Krefeld · Noch immer kommen Schlaganfallpatienten zu spät in die Fachklinik. Das Maria Hilf startet eine Aufklärungswoche.

 Die leitenden Ärzte aus Neurologie und Kardiologie des Maria Hilf begleiten die Aufklärungswoche zu Schlaganfall und Herzinfarkt: (v.l.) Dr. Jens-Holger Moll, Ingo Trommer und Professor Dr. Hans-Jürgen von Giesen.

Die leitenden Ärzte aus Neurologie und Kardiologie des Maria Hilf begleiten die Aufklärungswoche zu Schlaganfall und Herzinfarkt: (v.l.) Dr. Jens-Holger Moll, Ingo Trommer und Professor Dr. Hans-Jürgen von Giesen.

Foto: Frank Jezierski

"Zeit ist Hirn" - auf diese kurze Formel ("time is brain") bringt Professor Dr. Hans-Jürgen von Giesen den Notfall Schlaganfall. Der Chefarzt der Klinik für Neurologie und Ärztlicher Direktor der Alexianer Krefeld GmbH erlebt aber noch viel zu oft, dass Patienten Frühzeichen eines Schlaganfalls nicht ernst nehmen und zu spät bei den Fachärzten ankommen. Vom 8. bis 12. September will die Klinik mit zahlreichen Angeboten in einer Gesundheitswoche aufklären. Mit dem roten Infobus der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft startet die Kampagne "Herzenssache Schlaganfall" am Dienstag um 10 Uhr auf dem Neumarkt. Die Krefelder erweitern das bundesweite Motto um den Zusatz "Herz & Hirn", denn Schlaganfall und Herzinfarkt sind eng verbunden.

Mindestens 250 000 Menschen erleiden jährlich in Deutschland einen Schlaganfall. "Ein Viertel stirbt an den Folgen sofort oder innerhalb eines Jahres. Ein Viertel hat ausgeprägte neurologische Defizite und ist pflegebedürftig, ein Viertel behält leichte Behinderungen zurück und ein Viertel gar keine Folgeschäden", sagt Dr. Jens-Holger Moll, Ärztlicher Leiter der Stroke Unit (Schlaganfall-Intensivabteilung). Dort werden jährlich 700 Patienten in den ersten drei Tagen nach dem Schlaganfall intensiv behandelt. "Wichtig ist es, schnell herauszufinden, was passiert ist und wo die Ursache liegt."

In etwa 80 Prozent der Fälle ist es ein Hirninfarkt. Dann ist eine Schlagader, die das Hirn versorgt, durch ein Gerinnsel verstopft, die Blutversorgung ist unterbrochen, und Hirngewebe stirbt ab. "So ein Infarkt verursacht fast nie Schmerzen", erklärt er. Anders ist es bei Gehirnblutungen, der zweiten Ursache für einen Schlaganfall. Starke Kopfschmerzen sind typische Symptome. "Man sollte keine Zeit verschwenden, sondern immer gleich den Notruf wählen", rät von Giesen. Frische Gerinnsel können mit Medikamenten binnen 4,5 Stunden aufgelöst werden. "Je früher wir als Experten eingreifen können, desto besser ist das für den Patienten."

Typische Warnzeichen für einen drohenden Schlaganfall sind eine Lähmung einer Körperhälfte, eines Beines oder Armes, Seh- oder Sprachstörungen. "Auch wenn die Beschwerden nur kurzzeitig aufgetaucht sind, sollte man abklären lassen, ob es eine Ursache gibt, die behandelt werden muss", betont von Giesen. - Diabetes, hoher Blutdruck und hohe Cholesterinwerte sowie Rauchen sind die größten Riskofaktoren. "Die kann man aber in den Griff bekommen. Bei genetischen Faktoren ist das meist nicht möglich. Aber da ist es wichtig, sie zu kennen", rät Moll. Auch ein aus dem Takt geratenes Herz kann einen Schlaganfall verursachen. "Herzrhytmusstörungen und Vorhofflimmern sind oft Auslöser. Dabei wird das Blut nicht mehr richtig transportiert, und in der Vorkammer bildet sich ein Gerinnsel, das zum Schlaganfall führen kann", erklärt Dr. Ingo Trommer, Leitender Oberarzt der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Innere Medizin. Eine herzgesunde Ernährung sei beste Vorbeugung: mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie Leinöl, Oliven, Nüsse und Fisch, der Verzicht auf zu viel Fleisch ("Nicht jeden Tag ein Schnitzel"), viele Ballaststoffe. Auch wenn der Schlag meist Menschen ab 65 Jahre treffe, sollten Jüngere auf Warnsignale achten: "Unser Stroke-Unit-Hotline ist rund um die Uhr besetzt", sagt von Giesen: Telefon 02151 334-7333.

(RP)
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