Messerangriff auf besten Freund Schüler aus Krefeld muss über vier Jahre in Haft

Ein 18-Jähriger aus Krefeld muss wegen versuchten Mordes an seinem einstmals besten Freund viereinhalb Jahre in Haft. Dieses Urteil fällte das Landgericht Krefeld. Der Schüler hatte ein Geständnis abgelegt.

 Der Angeklagte mit seinem Anwalt vor Gericht.

Der Angeklagte mit seinem Anwalt vor Gericht.

Foto: samla.de

Der 18-jährige Traarer, der im Juni versucht hat, seinen besten Freund heimtückisch mit mehreren Messerstichen zu ermorden, wurde am Donnerstag von der Großen Strafkammer des Landgerichts Krefeld in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Wegen seiner Unreife erfolgte ein Urteil nach Jugendstrafrecht. Er muss für viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Darüber hinaus muss er sich in Sozialtherapie begeben, um seine Konfliktfähigkeit zu verbessern.

Der wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagte 18-jährige Traarer ist nach Ansicht eines Gutachters und der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Krefeld voll schuldfähig. Der Sachverständige und die Fachleute der Jugendgerichtshilfe attestierten dem Beschuldigten lediglich ein Vermeidungsverhalten, das es ihm erschwere, Konflikte anzusprechen oder gar zu lösen. So hat weder seine Mutter noch seine Zwillingsschwester etwas von seiner Gemütslage erfahren, nach der er sich von seinem besten Freund gedemütigt und bevormundet gefühlt hat. Die wenigen von ihm angeführten Beispiele wurden an den beiden Prozesstagen von mehreren Zeugen und dem 17-jährigen Opfer allerdings als nicht geschehen bezeichnet.

Anwalt: Opfer überlebte nur durch Glück

In ihren Plädoyers forderte die Staatsanwaltschaft eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren. Der Anwalt des Geschädigten, der als Nebenkläger auftrat, hielt die beantragte Strafe für zu gering. Es sei nur mehreren glücklichen Umständen geschuldet, dass sein Mandant die Nacht des 19. Juni lebensgefährlich durch vier Messerstiche verletzt überlebt habe. Der Täter sei maskiert aus dem Gebüsch gesprungen, habe den 17-Jährigen mit Pfefferspray und Butterflymesser attackiert, ihn anschließend über eine Strecke von gut 500 Metern verfolgt und mehrfach erneut versucht, ihn zu töten.

Sein Mandant habe in dreifacher Hinsicht Glück gehabt. Als erstes habe ein Ehepaar mit dem Auto gehalten und ihn aus dem Gefahrenbereich mitgenommen. Zum zweiten sei in der angesteuerten Eisdiele kompetent Erste Hilfe geleistet worden, und zum dritten sei die Notfallrettung schnell eingetroffen, um den lebensgefährlich verletzten 17-Jährigen ins Helios-Klinikum zu bringen. Der Angeklagte habe Wochen vor der Tat schriftlich einen Mordplan verfasst, ihn in die Tat umzusetzen versucht, und auch nicht von ihm abgelassen, als er während des Tatverlaufs zu Änderungen kommen musste.

Das sah der Verteidiger des jungen Mannes aus Traar, der noch zur Schule ging und bei den Eltern wohnte, anders. Er räumte zwar ein, dass es auch ihm nicht gelungen sei, das Motiv für den versuchten Mord zu ergründen. Alle Erklärungsansätze lieferten kein schlüssiges Bild. "Ich bin dabei gescheitert, das Motiv herauszufinden", sagte der Verteidiger. Strafmildernd führte er an, dass sich sein Mandant bei der Polizei gestellt und ein umfängliches Geständnis abgelegt habe. Darüber hinaus sei es — "gottseidank" — beim Versuch geblieben, und er sei strafrechtlich bislang auch noch nicht in Erscheinung getreten. Die Tat sei ein einmaliger Vorgang gewesen. Sein Mandant wisse, dass das, was er angestellt habe, eine große Dummheit war.

Im Jugendstrafrecht stehe der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Aus diesen Gründen hielt der Verteidiger ein deutlich geringeres Strafmaß als vom Staatsanwalt gefordert für angemessen. Sein Mandant habe in der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Heinsberg zunächst ein Praktikum und seit dem 1. September eine Ausbildung in der Metall- und Kunststoffbranche begonnen. Eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe bestätigte dies und berichtete davon, dass sich der Angeklagte in dem starren Rahmen mitsamt des vorgegebenen Tagesablaufs in der JVA wohl fühle und froh sei, nicht mehr zur Schule gehen zu müssen.

Im Gerichtssaal sprach der Angeklagte bei dessen "letztem Wort" seinen langjährig besten Freund direkt an und bat um Entschuldigung.

Die Vorsitzende Richterin Ellen Roidl-Hock verkündete am Donnerstag das Urteil der 2. Großen Strafkammer: Der 18-jährige Traarer muss für viereinhalb Jahren ins Gefängnis. Verteidigung und Staatsanwaltschaft kündigten an, auf eine Revision zu verzichten. Der Nebenkläger bat sich Bedenkzeit aus.

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