Neujahrsempfang in Krefeld AfD-Politiker ruft zu Boykott türkischer Geschäfte auf

Krefeld · Begleitet von einer Schar von rund 20 Gegen-Demonstranten, hat die AfD Krefeld gestern bei einem Neujahrsempfang eine Broschüre mit "kommunalpolitischen Leitlinien" vorgestellt und ihr Ziel unterstrichen, in den Kommunalparlamenten stark zu werden. Doch Kommunalpolitik spielte an dem Abend keine Rolle.

Der Hauptredner war bundespolitische Prominenz: Jörg Meuthen, "Bundessprecher" der AfD und Europaparlamentarier. Deutlich wurde auch, dass es in der Partei Spannungen zwischen provokanten Rechtsnationalisten und Gemäßigteren gibt: Als der Viersener AfD-Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk zum Boykott türkischer Geschäfte aufrief, widersprach sein Fraktionskollege Stefan Keuter: Man wolle integrierte Türken nicht ausgrenzen, "der Kay" rede sich in Rage.

Wörtlich hatte Kay Gottschalk gesagt: "Ich rufe alle Bürger guten Willens auf: Boykottiert die Läden der Türken in Deutschland, denn die fahren zu 70 Prozent auf Erdgoan ab." Zuvor hatte er den Angriff türkischer Truppen auf Kurden in Syrien kritisiert; die Kurden hätten gegen den IS gekämpft und damit Deutschland sicherer gemacht. Ein solcher Boykott-Aufruf ist historisch belastet: Mit dem Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte begann in Nazi-Deutschland der Holocaust.

Deutlich wurde: Die AfD hofft darauf, Volkspartei zu werden, die nach dem (von ihr vorausgesagten) Scheitern der nächsten Großen Koalition an die Regierung kommt - "dann", so rief der AfD-Politiker Guido Krebber unter Jubel, "wird endlich aufgeräumt in diesem Land".

Jörg Meuthen hielt eine im Ton gemäßigtere Rede. Er wehrte sich gegen den Vorwurf des "politischen medial-edukativen Komplexes", die AfD sei rechtsextrem. Er kritisierte die "Alt-Parteien" als "Deutschland-Abschaffer", habe doch SPD-Vorsitzender Martin Schulz die Vereinigten Staaten von Europa gefordert. Der EU warf er totalitäre Tendenzen vor und forderte die "Rückkehr zu einem Europa der Vaterländer" - der Ursprungsidee der EU.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hatte es geheißen, AfD-Politiker Guido Reil sei bei der Veranstaltung in Krefeld gewesen. Da lag eine Verwechslung vor. Tatsächlich war Guido Krebber dort. Wir haben den Text korrigiert.

(vo)
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