Interview Christoph Michels Krefeld — Stadt der 22 Riesenbäume

Krefeld · Christoph Michels hat ein aufwendiges Hobby. Seit drei Jahren ist der 49-Jährige in ganz NRW unterwegs, um nach den jeweils stärksten Exemplaren einer Baumart oder -Gattung zu suchen. In Krefeld wurde Michels, der gebürtig aus Goch stammt und jetzt in Sonsbeck lebt, besonders oft fündig.

 Die Blut-Pflaume steht auf dem Bockumer Friedhof und misst acht Meter.

Die Blut-Pflaume steht auf dem Bockumer Friedhof und misst acht Meter.

Foto: Christoph Michels

Seit wann interessieren Sie sich für Bäume?

Michels Eigentlich war ich schon immer gerne in der Natur, besonders aber im Wald. Mir gefällt die Atmosphäre dort, die Ruhe, die gute Luft. Das genieße ich auch bei meiner Arbeit. Zurzeit bin ich in einem Garten- und Landschaftsbaubetrieb tätig und leite daneben auch noch ein Forstrevier. Da habe ich natürlich auch mit Bäumen zu tun, betrachte aber auch ihren forstlichen Nutzen. Vor vier Jahren hatte ich dann den ersten Kontakt zur Deutschen Dendrologischen Gesellschaft und habe dabei meine Leidenschaft für seltene und starke Bäume entdeckt. Ein Jahr später habe ich mit meinem Hobby angefangen.

Wie aufwendig ist es, Baumriesen zu finden?

Michels Das hängt ganz von der Baumart ab. Es gibt Arten wie den Mammutbaum, um die kümmern sich gleich mehrere Vereine. Da ist der Bestand auch entsprechend gut erfasst. Anders sieht es bei einer Art wie zum Beispiel der Platane aus. Die ist wenig erforscht und entsprechend ist auf diesem Gebiet noch viel Bewegung. Ich habe das am Anfang auch unterschätzt und gedacht, ich wäre in ein paar Jahren mit der Katalogisierung fertig. Nach drei Jahren weiß ich nun, dass mich mein Hobby noch lange beschäftigen wird.

Wie finden Sie die stärksten Bäume?

Michels Ich habe mir natürlich vieles erwandert und mir die Bäume vor Ort angeschaut. Intensive Internetrecherchen und Durchkämmen von Naturdenkmallisten haben einige Male auch zum Erfolg geführt. Manchmal waren es einfach Zufallstreffer. In anderen Fällen habe ich mit der Stadt oder Gemeinde Kontakt aufgenommen, um etwas über den Baumbestand vor Ort zu erfahren. So war es auch in Krefeld. Und aus der kurzen Anfrage ist dann ein intensiver Kontakt geworden.

Was hat Ihnen an Krefeld besonders gefallen?

Michels Ich war sehr überrascht, wie breit das Spektrum an außergewöhnlichen Bäumen in Krefeld ist. Wenn man wie ich im ländlichen Gebiet lebt, unterschätzt man leicht die Natur, die es mitten in einer Großstadt wie Krefeld gibt. Besonders die Parks der Stadt sind für Dendrologen eine Fundgrube. Sie wurden einst von vermögenden Fabrikanten angelegt und ähneln in ihrem Aufbau eher einem Schlosspark als einem Garten. Man darf nicht vergessen, dass es vor über 100 Jahren schwierig und entsprechend teuer war, seltene Baumarten zu bekommen. Es gab einen regelrechten Wettstreit unter den Adeligen und Wohlhabenden, wer den wertvollsten Bestand hat. Ich bin mir deshalb sicher, dass es in Krefeld noch seltene Exemplare gibt, die auch den Experten bei der Stadt nicht bekannt sind. Das spornt meinen Entdeckergeist natürlich an. So hat sich erst kürzlich ein Krefelder bei mir gemeldet, der einen starken Baum im Garten stehen hat. Den werde ich mir in absehbarer Zeit mal anschauen.

Ist es kompliziert, an Bäume in Privatgärten heranzukommen?

Michels Ja. Es ist sehr schwierig bis ganz unmöglich. Wenn ich auf meinen Wanderungen einen Baum sehe, der in einem Garten steht und interessant sein könnte, kommt es auch schon mal vor, dass ich einfach am Haus klingele und frage, ob ich mir den Baum ansehen darf. Bisher bin ich überall mit offenen Armen empfangen worden. Aber auch das Internet vereinfacht vieles. Da kann man schnell mal was recherchieren und Informationen über Mails unkompliziert austauschen.

Wie viele starke Bäume haben Sie gefunden?

Michels Bisher sind es 22. Es können aber täglich mehr werden. Oder auch weniger, wenn wie vor kurzem die Blutbuche in Linn, die über 300 Jahre alt war, krank wird und gefällt werden muss. Große Bäume müssen häufiger weichen als kleine, da sie durch ihre Größe zu einer Gefahr werden können, zum Beispiel für den Verkehr.

Welche Orte in Krefeld sollten Baumfreunde besuchen, um möglichst viele außergewöhnliche Exemplare zu sehen?

Michels Auf dem Hauptfriedhof stehen drei Baumriesen, darunter ein Fächerahorn aus dem Jahr 1969. Im Botanischen Garten und seinen umliegenden Parks finden sich ebenfalls einige bemerkenswerte Exemplare. So auch die Samthaarige Stinkesche, die ihren Namen eigentlich nicht verdient. Die Blätter neigen bei Berührung zwar zu einem etwas unangenehmen Geruch, diese Eigenschaft haben jedoch viele Gehölze, die nicht als "stinkend" bezeichnet werden. Die wunderbaren Blüten und Früchte sind über viele Monate herrlich anzuschauen. Ein toller Baum, der öfter gepflanzt werden sollte. Dieses Exemplar ist das stärkste bekannte in Deutschland. Im Botanischen Garten steht am östlichen Eingang die 19 Meter hohe Japanische Flügelnuss, die einen Stammumfang von knapp zwei Metern hat. Einen sehr interessanten Strauch findet man ein Stück weiter im Crönpark. Dort steht der Gewöhnliche Perückenstrauch, der in seiner dortigen Form alles andere als gewöhnlich ist: Er wächst nämlich fast waagerecht.

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