Bilder in Krefelder Besitz Trügerische Sicherheit im Fall Mondrian

Krefeld · Erben aus den USA erheben Anspruch auf kostbare Bilder von Piet Mondrain, die sich im Besitz des Kaiser-Wilhelm-Museums befinden. Der Streitwert beträgt rund 200 Millionen Euro. Die Stadt hat einen renommierten Anwalt beauftragt, den Sachverhalt zu prüfen. Das Ergebnis: Der Anspruch der Erben sei verjährt. Seitdem herrscht im Rathaus trügerische Sicherheit .

 Das Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld hat drei von vier Bildern von Piet Mondrian ausgestellt. Das vierte Bild muss restauriert werden.

Das Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld hat drei von vier Bildern von Piet Mondrian ausgestellt. Das vierte Bild muss restauriert werden.

Foto: Thomas lammertz

Erben aus den USA erheben Anspruch auf kostbare Bilder von Piet Mondrain, die sich im Besitz des Kaiser-Wilhelm-Museums befinden. Der Streitwert beträgt rund 200 Millionen Euro. Die Stadt hat einen renommierten Anwalt beauftragt, den Sachverhalt zu prüfen.

Der Fall Mondrain schlug Wellen: Weltweit interessierten sich die Medien für die US-Erben, die Bilder des niederländischen Künstlers aus dem Besitz des Kaiser-Wilhelm-Museums zurückhaben möchten. Nach anfänglicher Hektik kehrte im Krefelder Rathaus Ruhe ein. Der Berliner Star-Anwalt Peter Raue hält den Herausgabeanspruch für verjährt (wir berichteten). Liegt der Fall so einfach? Auf Anfrage unserer Redaktion beleuchtete der Krefelder Jura-Professor Michael Schulte die verschiedenen Aspekte. Schulte ist vom Sächsischen Justizministerium als Prüfer für Zivilrecht und Zivilprozessrecht berufen.

Der Fall biete viele Facetten, sagte er und bleibe für die Stadt Krefeld problematisch. Auch wenn der Anspruch der Erben auf Herausgabe der Bilder verjährt sei, bleibe der ungeklärte Eigentumsanspruch. Denn das Eigentumsrecht verjähre nicht. Das bedeute, dass das Kaiser-Wilhelm-Museum die Bilder weiter zeigen und auch verleihen dürfe. Die Stadt müsse vielmehr dafür Sorge tragen, dass kein Schaden an den Bildern entstehe. Bei einem Verkauf der Mondrian-Bilder oder einem versicherten Brandereignis müsste die Stadt Krefeld trotz Verjährung den Erlös beziehungsweise die Versicherungsleistung an die Erben als Eigentümer herausgeben.

Wer tatsächlich Eigentümer sei, lasse sich durch eine Feststellungsklage herausfinden. Offenkundige Zielsetzung sei es ,den Bildern einen Makel anzuhaften und den Wert der Bilder herabzusetzen. Ob die Erben, die auf eine Abfindung aus seien, tatsächlich klagten, sei bei Prozesskosten in Höhe von zwei Millionen Euro für zwei Instanzen sehr fraglich.

Gerichtsort für die Klärung der Frage, wer Eigentümer sei, wäre Krefeld. "Wir bewegen uns hier auf dem Gebiet des Sachenrechts", sagte Schulte. Dort, wo die Sache sei, sei auch der Gerichtsstand. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gehe in seinem Paragrafen 1006 davon aus, dass "zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet wird, dass er Eigentümer der Sache sei". Das spreche zunächst einmal für die Stadt Krefeld. Es sei auch kaum nachzuvollziehen, dass der Künstler Piet Mondrian nicht gewusst haben soll, wo seine Bilder sind. "Er lebte schließlich vom Verkauf seiner Malerei." Insofern sei es von der Stadt Krefeld untunlich gewesen, eine umfangreiche Stellungnahme an den Berliner Anwalt der US-Erben und an die Medien zu verschicken. Damit hätten sie der Gegenseite nur Munition geliefert und Angriffsfläche geboten.

"Ein einziger Satz mit Hinweis auf den Paragrafen 1006 im BGB hätte genügt", meinte Schulte. Gleichwohl gehe die Stadt ein nicht unerhebliches Risiko ein, wenn sie die Angelegenheit in der Schwebe halte. "Ich würde die Frage des Eigentums an den Mondrian-Bildern nicht auf sich beruhen lassen", sagte der Jura-Professor. Es sei nämlich daran gedacht, die Verjährung des Herausgabeanspruchs zu reformieren. Ziel sei es, den Eigentümer mit dem Wert der Sache oder der Sache selbst zu entschädigen. Und was es für Krefeld besonders brisant macht, das soll rückwirkend für bereits verjährte Fälle gelten.

Schultes Quintessenz: Es gehe rechtlich also nicht um Verjährung, sondern um das Eigentum. Und wirtschaftlich darum, dass sich die Kommune nicht erpressen lasse, sondern diesem Spuk ein rasches Ende bereite. Übrigens: Der Fall Mondrian soll Lehrfall und Klausurthema für Kandidaten des Zweiten Staatsexamens in Sachsen werden.

(sti)
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