Krefeld Über den Dächern von Krefeld

Krefeld · Heimat von oben: Die Segelflieger haben die wohl ungewöhnlichste Sicht auf die Seidenstadt - aus 600 Metern Höhe.

 Ansgar Heitkamp ist Vorsitzender des Vereins für Segelflug Krefeld.

Ansgar Heitkamp ist Vorsitzender des Vereins für Segelflug Krefeld.

Foto: TL

"Ein Flugzeug zu erfinden, ist nichts. Es zu bauen, ein Anfang. Fliegen, das ist alles", hat der deutsche Flugpionier Otto Lilienthal im 19. Jahrhundert einmal gesagt. Gemeint hat er damit vermutlich auch die einmalige Aussicht, die sich aus der Luft bietet. Ansgar Heitkamp ist einer derjenigen, der diese Vogelperspektive regelmäßig erlebt. Er ist Vorsitzender des Vereins für Segelflug Krefeld, der passenderweise am Lilienthalweg am Krefelder Egelsberg seine Heimat hat.

"Krefeld von oben zu sehen, das ist schon eine beeindruckende Erfahrung", sagt der Pilot, der, inzwischen 51 Jahre alt, seit 37 Jahren im Besitz einer Flugerlaubnis ist. Moment mal: Mit 14 darf man fliegen? "Ja, fliegen darf man früher als Auto fahren", sagt Heitkamp, dessen Verein wohl auch deshalb eine recht große Jugendgruppe angehört. Bereits mit 14 Jahren dürfen Jugendliche ihren Flugschein für Segelflieger machen, ein Jahr später, also mit 15, auch den für Propellermaschinen. Und die Ausbildung für einen Sportsegelflieger ist auch recht überschaubar. Ein Fliegerarzt muss eine fliegertaugliche Bescheinigung ausstellen, und in der Ausbildung geht es von Beginn an ins Praktische, also ins Flugzeug.

 Ein Blick von oben auf den Theaterplatz, Seidenweberhaus. Mediothek, Theater, Sparkasse und Umgebung - für einen Segelflieger nichts Ungewöhnliches.

Ein Blick von oben auf den Theaterplatz, Seidenweberhaus. Mediothek, Theater, Sparkasse und Umgebung - für einen Segelflieger nichts Ungewöhnliches.

Foto: AH

"Die Ausbildungsmaschinen sind Zweisitzer. Hinten sitzt der Fluglehrer, vorne der Schüler. Schritt für Schritt zeigt er dann, wie so ein Flugzeug zu fliegen hat." Wobei: Die Maschine in die Luft zu bringen, ist das kleinere Problem. Denn entgegen dem weit verbreiteten Satz "Runter kommen sie immer" ist die Landung das Schwierigste. "Man braucht im Schnitt etwa 50 Flüge, bis man den Flugschein bestanden hat", sagt Heitkamp, dessen Verein insgesamt sechs Segelflieger in seinem Bestand hat, die jeweils etwa soviel kosten wie eine E-Klasse - der Erwerb des Pilotenschein selbst hingegen nur knapp 500 Euro.

Mit dieser Erlaubnis ausgestattet, geht es alleine hinauf in die Lüfte, entweder hochgezogen mit der Winde oder dem Schlepper. Hinauf vom Egelsberg über weite Teile von Krefeld. Über welches Gebiet genau, das regelt die Luftraumstruktur, die an die Bedürfnisse des Flughafens in Düsseldorf angepasst sind. So ist die Flughöhe der Segelflieger auf maximal 2000 Fuß (das sind 600 Meter) begrenzt, und auch der Luftraum selbst. Über die Innenstadt zu fliegen ist erlaubt, auch über den nordwestlichen Teil. Tabu sind die Gebiete über Fischeln, Teile von Bockum oder Uerdingen - wobei: Bei guter Sicht lässt sich das Gebiet natürlich auch erkennen bei den Ausflügen in die Höhe. Für Ansgar Heitkamp sind die Höhepunkte von oben neben dem idyllischen Gebiet der Niepkuhlen die Anlagen der Krefelder Galopprennbahn. "Die Anlage mit den historischen Gebäuden liegt mitten im Wald. Das ist eine tolle Kulisse, vor allem bei wechselndem Lichteinfall", schwärmt der Pilot. Spannend seien aber auch die Industriegebiete, der Krefelder Hafen - und natürlich auch die Innenstadt. "Von oben kann man vor allem die vier Wälle besonders gut erkennen", sagt Heitkamp, dem es aber auch die Uerdinger Straße angetan hat. "Das sieht von oben aus wie ein riesiger Teppich, der jetzt im Herbst ganz tolle Farben aufweist."

Zwischen zwei Minuten und mehreren Stunden dauert ein solcher Flug - je nach Thermik. Und: "Wer einmal geflogen ist, den lässt das Fliegen nicht mehr los", sagt Heitkamp. Fliegen ist eben alles - das gilt auch noch im 21. Jahrhundert.

(RP)
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