Krefelder Familie vergiftet Die Gefahr aus dem Pilzkorb

Krefeld · Ein Obst- und Gemüsehändler soll auf dem Krefelder Flohmarkt giftige oder verdorbene Pilze verkauft haben. Die Stadt hat eine Verzehrwarnung herausgegeben. Gegen den Händler, der nicht aus Krefeld stammt, ermitteln die Behörden.

 Verschiedene Speisepilze auf einem Markt. In Krefeld soll ein Händler giftige oder verdorbene Pilze angeboten haben.

Verschiedene Speisepilze auf einem Markt. In Krefeld soll ein Händler giftige oder verdorbene Pilze angeboten haben.

Foto: dpa

Auf dem Flohmarkt gekaufte Wildpilze haben eine fünfköpfige Familie möglicherweise ins Krankenhaus gebracht. Die drei Erwachsenen und zwei Kinder hatten die Pilze am Sonntag in Krefeld auf dem Flohmarkt an der Mevißenstraße gekauft, danach zubereitet und gegessen. Zehn Stunden später traten starke Brechdurchfälle auf.

"Sowohl die vom Krankenhaus eingeschaltete Giftzentrale in Bonn als auch die Ärzte im Florence-Nightingale-Krankenhaus gehen aufgrund der Symptomatik von dem Verdacht einer möglichen Vergiftung mit Knollenblätterpilzen aus", heißt es seitens der Kaiserswerther Diakonie, wo die Familie behandelt wird. Knollenblätterpilze sind hochgiftig und können tödliches Leberversagen verursachen.

War es tatsächlich der Grüne Knollenblätterpilz?

Ob es sich bei der Ursache für die Vergiftung tatsächlich um den Grünen Knollenblätterpilz handelt, ist aber noch unklar. Pilztoxine im Urin der Patienten konnten bislang nicht nachgewiesen werden, sagt eine Sprecherin der Stadt Krefeld. Karl-Heinz Schmitz, der als Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) für den Fall der Familie aus Meerbusch zuständig ist, hat Fotos von den fraglichen Pilzen gesehen. "Diese Bilder zeigen eindeutig den Kahlen Krempling", sagt der Erkrather. Das sei auch ein heimtückischer Giftpilz, der zwar nicht so akut gefährlich wie der Knollenblätterpilz ist, nach vielen Mahlzeiten aber zum Tode führen könne.

Auf einem anderen Bild sahen die Pilze laut Schmitz verdorben aus. "Es könnte sich also auch um eine sogenannte unechte Pilzvergiftung handeln — die häufigste Form der Pilzvergiftung", erklärt der Experte. Denn Pilze bestehen wie Fleisch zu großen Teilen aus Eiweiß — und das kann schlecht werden. Wie Gammelfleisch müsse man sich das vorstellen, sagt Schmitz. Die Folge ist eine höchst unangenehme, aber nicht lebensbedrohliche Lebensmittelvergiftung.

Vorsorglich werden die Patienten in der Kaiserswerther Diakonie allerdings so behandelt, als hätten sie den Grünen Knollenblätterpilz gegessen. "Wichtig ist es, allein bei dem Verdacht auf eine Vergiftung mit Knollenblätterpilzen die medizinische Behandlung sofort einzuleiten", sagt Holger Stiller, Vorstand der Kaiserswerther Diakonie und Direktor des Florence-Nightingale-Krankenhauses. "Die Patienten werden in Abstimmung mit der Giftzentrale in Bonn medikamentös behandelt, um das Gift im Körper zu binden und eine mögliche Leberzerstörung zu stoppen." Aktuell sei der Zustand der Patienten stabil.

Sachverständige begutachten auf Wunsch Pilze

Grundsätzlich empfiehlt Schmitz, selbst auf Märkten oder im Laden immer darauf zu achten, dass die Produkte frisch sind. Auch dort sollten Kunden zudem nur Speisepilze kaufen, die ihnen vertraut sind. Noch konsequenter gilt das fürs Sammeln. "Ausschließlich Pilze, die man kennt, dürfen in den Korb", formuliert Schmitz die wichtigste Grundregel. Bestehen Zweifel, muss ein Pilzsachverständiger hinzugezogen werden. Über die Internetseite der DGfM (www.dgfm-ev.de) lässt sich leicht ein Experte in der Nähe finden, der mitgebrachte Pilze begutachtet.

Vorsicht angebracht sei ebenfalls bei Faustregeln wie: Lamellen signalisieren Giftpilze, Röhren- oder Schwammpilze lassen sich dagegen bedenkenlos verzehren. "Das stimmt zwar teilweise", sagt Schmitz. "Aber der Satanspilz zählt auch zu den Röhrlingen und ist giftig." Deshalb müssten Sammler sich unbedingt auf die ihnen bekannten Arten beschränken.

Stadt Krefeld gibt Verzehrwarnung heraus

Kommt es nach dem Essen doch zu Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit oder Erbrechen, sollten unbedingt Feuerwehr und die Giftnotrufzentrale in Bonn informiert werden. Dort versuchen Ärzte anhand der geschilderten Symptome einzuschätzen, ob Eile geboten ist. Dazu vermitteln sie Pilzsachverständige, die anhand von Fotos — wenn es denn welche gibt — die verzehrten Pilze bestimmen. "Die Zahl der Anrufe zu Pilzvergiftungen liegt in den vergangenen 19 Jahren gemessen an der Gesamtheit der Anrufe bei rund einem Prozent", sagt Carola Seidel, Oberärztin und stellvertretende Leiterin des Giftnotrufs an der Uniklinik Bonn. Insgesamt gehen rund 300 Anrufe pro Jahr zu Folgen von Pilzverzehr ein.

Die Stadt Krefeld hat eine Verzehrwarnung zu Knollenblätterpilzen herausgegeben. Weitere Personen mit ähnlichen Symptomen gebe es bislang nicht. Der Obst- und Gemüsehändler, der die Pilze verkauft haben soll, wurde laut Stadt ermittelt. Er sei bekannt, stamme aber nicht aus Krefeld. "Das örtlich zuständige Amt für Verbraucherschutz wurde informiert und hat bereits die Überprüfung des Betriebs eingeleitet", erklärt eine Stadtsprecherin. Außerdem untersuche die Polizei den Vorfall.

(RP)
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