Interview Plastik-Fasten Krefelder Händler mit ins Boot holen

Krefeld · Anika Martin wird nach Ostern weiter Plastik-Verpackungen meiden. Sie hofft auf Unterstützung durch den Einzelhandel.

 Anika Martin hat in ihrer Küche viele Dinge in Gläsern abgefüllt, die in anderen Haushalten in der Plastikverpackung aufbewahrt werden. Selbst Nudeln hat sie unverpackt einkaufen können.

Anika Martin hat in ihrer Küche viele Dinge in Gläsern abgefüllt, die in anderen Haushalten in der Plastikverpackung aufbewahrt werden. Selbst Nudeln hat sie unverpackt einkaufen können.

Foto: Bk

Die letzte Fastenwoche hat nun begonnen. Wie viele sind noch dabei?

Martin Es machen aktuell 37 Teilnehmer bei der Plastik-Fasten-Challenge mit. Am Anfang waren ein paar Leute abgesprungen, dafür sind aber nur wenig später neue hinzugekommen. Insgesamt war die Resonanz sehr positiv und ich bin überrascht, wie viele bis zum Ende dabei geblieben sind.

Haben alle weitestgehend auf Plastik-Verpackungen verzichtet?

Martin Nein, nicht alle. Es gibt Situationen im Leben, da passt so eine Aktion einfach nicht. Ich denke dabei zum Beispiel an eine Freundin, die gerade Mutter geworden ist und der schlicht die Zeit fehlt, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Aber auch die Teilnehmer, die aus persönlichen Gründen nicht aktiv werden konnten, haben eifrig die WhatsApp-Gespräche verfolgt und für sich Anregungen gefunden, die sie umsetzen wollen, wenn sie wieder mehr Luft haben. Und genau darum ist es bei der Challenge gegangen. Ich wollte unseren Umgang mit Kunststoff-Verpackungen zu einem Thema machen, zum Nachdenken anregen und Alternativen aufzeigen. Es ging mir nie darum, alle Verpackungen zu verteufeln, und ich habe auch nicht angenommen, dass alle Teilnehmer alles konsequent umsetzen können.

Trotzdem hat Krefelds erste Plastik-Fasten-Challenge hohe Wellen geschlagen und über die verschiedenen Medien sehr viele Menschen erreicht.

Martin Das kann man so sagen. Mit so einer Resonanz hatte ich überhaupt nicht gerechnet und freue mich sehr, dass dieses wichtige Thema nun auch in Krefeld diskutiert wird. Bundesweit gibt es ja zahlreiche solcher Aktionen und Initiativen. Nur bei uns war es bisher ziemlich still, weshalb ich auf die Idee zu dieser Aktion gekommen bin.

Auch die Krefelder Politik wird sich mit Plastik-Verpackungen beschäftigen. Am 9. Mai sind Sie in den Umweltausschuss eingeladen.

Martin Das wird spannend. Mal gucken, wohin es führt. Schön wäre es natürlich, wenn die Krefelder Händler für das Thema gewonnen werden könnten. Sie sind ja ein wichtiger Partner, wenn es darum geht, Kunststoff-Verpackungen zu vermeiden. So könnten sie bei der Auswahl ihrer Produkte verstärkt auf dieses Kriterium achten. Und sie könnten natürlich Kunden wie uns unterstützen, in dem sie Wege finden, mitgebrachte Behälter zu befüllen, ohne gegen die Hygienevorschriften zu verstoßen. Ich weiß aus anderen Bundesländern, dass so etwas möglich ist. Man muss es nur wollen.

Einzelhändler bedienen die Nachfrage. Muss sich nicht zuerst das Einkaufsverhalten der Kunden ändern?

Martin Ich glaube, nicht nur die Konsumenten, sondern auch Handel, Industrie und Politik müssen aktiv werden. Alle müssen an einem Strang ziehen. Aber natürlich müssen auch Kunden bewusster einkaufen und ihr Verhalten hinterfragen. So ist es heute üblich, fast alle Obst und Gemüsesorten zu jeder Jahreszeit kaufen zu können. Muss das wirklich sein? Ich finde nicht. Es ging früher ja auch anders. Und wenn verstärkt regionale Produkte angeboten würden, könnte auch auf aufwendige Plastik-Verpackungen, die die empfindliche Ware auf ihrer langen Reise schützt, verzichtet werden. Das ist nur ein Beispiel, wie der bewusste Umgang mit Konsumgütern Verpackungen reduzieren kann. In anderen Bereich, bei Kleidung oder Möbeln, kann es sinnvoll sein, gebrauchte Sachen zu kaufen. Sie sind meist preiswerter und kommen ohne Verpackung aus, sofern sie nicht verschickt werden müssen.

Apropos verschicken. Der stark zunehmende Online-Handel produziert natürlich auch jede Menge Verpackungs-Müll. Also besser nichts bestellen?

Martin Das kann man so nicht sagen. Auch im Online-Handel gibt es Unternehmen, die umweltbewusst denken und ihre Waren beispielsweise in recyclebarem Verpackungsmaterial verschicken. Generell bin ich aber schon dafür, dass Kunden in die Läden vor Ort gehen und nicht alles online kaufen. Dann muss die Ware nicht weit transportiert werden und eine Beratung gibt's kostenlos dazu.

Bei welchen Produkten hatte Ihre Familie Schwierigkeiten, sie verpackungsfrei zu bekommen?

Martin Für uns sind vor allem Milchprodukte schwer ohne Kunststoff-Verpackung zu bekommen. Ich denke dabei an Frischkäse, Schmand und so was in der Art. Joghurt machen wir inzwischen selber und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es schmeckt uns sogar besser als das gekaufte, weil es nicht so säuerlich ist. Probleme habe ich außerdem bei Kosmetik-Produkten. Besonders Schmink-Utensilien sind meist aufwendig verpackt. Putzmittel hatten wir noch so viele zu Hause, dass wir sie bisher gar nicht ersetzen mussten. Wir wollen sie demnächst aber selber machen. Sehr hilfreich ist natürlich der neue Unverpackt-Laden in Düsseldorf. Dort haben wir wirklich fast alle Lebensmittel bekommen und konnten sie in mitgebrachte Gläser abfüllen. Der Preis war am Ende des Einkaufs auch okay. Da alles Bio-Qualität hat und von regionalen Erzeugern kommt, sind die Waren aber schon etwas teurer als beim Discounter. Das ist mir die Sache dann aber auch wert. Dadurch, dass wir bewusster und damit weniger einkaufen, gleichen sich die Kosten aus.

Wie geht es nach der Challenge weiter? Werden die Verpackungen im Haushalt wieder zunehmen?

Martin Bestimmt nicht. Wir wollen auf jeden Fall weitermachen. Man entwickelt mit der Zeit da einen richtigen Ehrgeiz. Und es macht einfach Spaß, einzukaufen und der Umwelt dabei Gutes zu tun. Trotzdem verzichten wir natürlich nicht auf alles. So wird es nächstes Wochenende auch bei uns bunt verpackte Schoko-Osterhasen geben.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE B. KLEINELSEN

(RP)
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