Krefeld Krefelder Liebesgrüße nach Moskau

Krefeld · Vor 40 Jahren feierte der sowjetische Geheimdienst KGB einen seiner spektakulärsten Erfolge: Die Spione bekamen eine gestohlene Nato-Sidewinder-Rakete per Frachtpost geschickt. Absender: ein Krefelder Architekt.

Er liebte große Galas, schöne Frauen, schnelle Autos, edle Pferde. Sein Name: Ramminger, Manfred Ramminger, Architekt aus Fischeln. Und Agent im Dienste des KGB. Von ihm hätte Bond noch was lernen können. Zum Beispiel, wie man eine gefechtsklare Kampfrakete klaut, ohne gleich eine filmreife Ballerei hinlegen zu müssen.

Rückblende: Die Nacht zum 22. Oktober 1967 am Nato-Luftwaffenstützpunkt Zell bei Neuburg an der Donau war sternklar. "Hinten bellten die Hunde, ab und zu fuhr ein Jeep, das waren die Wachen", erinnert sich Wolf-Diethard Knoppe. Der Luftwaffe-Starfighter-Pilot war von Ramminger für den Diebstahl angeworben worden. Für 20.000 Mark — das entspricht heute etwa 110.000 Euro — sollte er zeigen, wo die Sidewinder-Rakete auf dem Fliegerhorst abgestellt ist. Holen sollte die Rakete dann Josef Linowksi, Fahrer von Ramminger.

"Plötzlich hat Linowski gesagt, er macht das nicht allein", erinnert sich Knoppe. "Da habe ich zu Ramminger gesagt: ,Dann müsst Ihr beide da rübergehen.'" Doch Ramminger weigerte sich. "Dann hat er's tatsächlich fertiggebracht, dass ich mit Linowski darüber geschlichen bin", erinnert sich Knoppe.

Über den Zaun dringen Knoppe und Linowski aufs Nato-Gelände vor. "Gemeinsam haben wir das Ding vorne und hinten angepackt, auf die Schubkarre gepackt und quer über die Startbahn zum Tor gefahren, wo Ramminger wartete." Dort gibt's erneut ein Problem: Obwohl der Kalte Krieg kurz vor dem Höhepunkt steht, ist Rammingers Mercedes nicht für die Bestückung mit einer Luft-Luft-Rakete vorgesehen. Die 2,90 Meter lange Sidewinder ist zu breit für die Rückbank. "Da hat Linowski hinten das Fenster eingetreten und dann haben sie die Rakete da durchgeschoben", erzählt Knoppe. Ramminger legte ein paar Teppiche ums Raketenheck — und trat die Heimreise an, zur Marienstraße.

Unauffällige Einzelteile

Manfred Stroms wohnte damals im Nachbarhaus. "Ramminger hatte neben uns ein Grundstück, wo er Baustoffe seiner Firma lagerte; da waren auch zwei Wohncontainer, in denen Linowski lebte." Und wahrscheinlich auch arbeitete: Auf dem Gelände soll er die Rakete auseinandergebaut haben, sauber zerlegt in unauffällige Einzelteile.

Am Flughafen erfährt Ramminger, wie er die Edelmetallsammlung problemlos per Luftfracht nach Moskau bekommt. Übersteigt der Wert keine 1000 Mark, genügt eine "Kleinausfuhr-Erklärung". Eine Zollkontrolle des Paketinhalts findet nicht statt.

Auch eine Kontrolle des Adressaufklebers findet nicht statt. Als Ramminger — mit dem Raketenzünder im Handgepäck — in Moskau ankommt, ist die Rakete selbst via Paris nach Kopenhagen und von dort zurück nach Düsseldorf gereist. Doch was einmal gut geht, klappt auch ein zweites Mal. Mit zehntägiger Verspätung erreicht die Original-Nato-Sidewinder die KGB-Zentrale in Moskau. Rammingers Verbindungsoffizier jubelt: "Brüderchen, du bist ein Supermann!"

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort