Krefeld Krefelder Traum vom Freilichtmuseum

Krefeld · Albert Steeger hat jahrelang darum gekämpft, dass in Linn rund um die Burg ein Freilichtmuseum eingerichtet wird. Dazu hatte er bereits alte Niederrhein-Häuser und zeitgenössisches Mobiliar gesammelt. Vor der Entscheidung gegen Linn starb Steeger.

 Im März 1940 skizzierte Albert Steeger der Stadtverwaltung sein Vorhaben, ein Freilichtmuseum zu eröffnen.

Im März 1940 skizzierte Albert Steeger der Stadtverwaltung sein Vorhaben, ein Freilichtmuseum zu eröffnen.

Foto: Stadt

Der ehemalige Linner Museumsleiter Albert Steeger (1885 bis 1958) hatte große Ideen und weitreichende Pläne für ein niederrheinisches Freilichtmuseum in Linn ausgearbeitet. Nach seinen Vorstellungen sollte das kurkölnische Städtchen samt Burg der Kern eines Museumsdorfes werden. Im März 1940 skizzierte Steeger der Stadtverwaltung sein Vorhaben: So sollten unter anderem am Andreasmarkt Werkstätten für Weber, Töpfer, Holzschuhmacher, eine Apotheke und andere Gewerbe entstehen.

Die Einrichtungsgegenstände besaß Steeger bereits. Im städtischen Haushalt 1940 wurden vorsorglich bereits 50. 000 Reichsmark für "Ankäufe für das später zu errichtende Freilichtmuseum" eingestellt. Und in Linn erwartete man Touristenscharen. Sogar ein Hotel, heute ein Wohnhaus, wurde an der Kurkölner Straße gebaut. Wegen des Zweiten Weltkriegs verschwanden die Unterlagen für das Freilichtmuseum jedoch vorerst in der Schublade.

In den 1950er-Jahren griff Steeger sein Vorhaben wieder auf und stellte sie der Öffentlichkeit vor. Anlässlich der Eröffnung des "Landschaftsmuseums des Niederrheins" 1952 in Linn schrieb der Museumsdirektor: "Daneben erstreben wir den musealen Aufbau eines Freilichtmuseums in der Vorburg, im Museumsgarten, auf dem anschließenden Andreasmarkt und in Form einer Bauernzeile am Rande des Burgparks. Der Museumsgarten sollte das Burg- und Parkgelände mit dem Heimathaus und der Heimatschule zusammenfassen. "Er wird größere Denkmäler der niederrheinischen Erd- und Frühgeschichte aufnehmen, unter anderem auch das Haus des 9. Jahrhunderts aus dem Burghügel von Frimmersdorf an der Erft", berichtete Steeger. Dass er die Umsetzung für realistisch hielt, lässt sich unschwer an seiner Ausdauer erkennen. Bereits Ende der 1930er-Jahre begab er sich auf eine Skandinavien-Rundreise, um sich unter anderem in Finnland und anderen skandinavischen Ländern vorbildliche Freilichtmuseen anzuschauen. Nach 1937 erarbeitete er ein Konzept.

 Im Garten an der "Albert-Steeger-Schule" erinnern noch einige Findlinge aus der Eiszeit an das Projekt "Freilichtmuseum".

Im Garten an der "Albert-Steeger-Schule" erinnern noch einige Findlinge aus der Eiszeit an das Projekt "Freilichtmuseum".

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Für das Museumsdorf hatte Steeger einige Häuser abbrechen lassen. "Hier in Linn lagerten auch schon einige abgebrochene Häuser", berichtet Dr. Christoph Reichmann, Leiter des Museums Burg Linn. Doch die diversen Fachwerkhäuser, darunter auch der Baakeshof aus Krefeld, wurden während des Zweiten Weltkriegs zerstört. Als Ersatz hat die Stadt 1951 ein 23 Meter langes Bauernhaus aus Süchteln-Hagenbroich erworben. "Alle Einrichtungsgegenstände sind dafür vorhanden", schrieb Steeger. Es sollte als Teil der Bauernzeile in dem Areal errichtet werden, wo sich heute die Trasse der Autobahn befindet.

Die Mitte der 1950er-Jahre konkreten Planungen seitens des Landschaftsverbandes Rheinland verliefen derweil nicht im Sinne Steegers: Noch bis zum Oktober 1957 war Krefeld der einzige Kandidat für das rheinische Freilichtmuseum. Doch nach der Fahrt eines Sonderausschusses des Landschaftsverbandes in ein belgisches Museumsdorf änderte sich diese Position. Unter dem Verzicht für ein Volkskundemuseum sollte ein Erholungspark mit eingruppierten Bauernhäusern errichtet werden. Es folgte ein Rundbrief an alle Verbandskommunen, ob Städte oder Gemeinden unentgeltlich ein etwa 50 Hektar großes Areal für einen solchen Park zur Verfügung stellen.

Rund 30 Kommunen bewarben sich 1957 im Rahmen einer Ausschreibung für ein Freilichtmuseum im Rheinland, in die engere Wahl fielen Duisburg, Rheydt, Kommern und Krefeld. Die Entscheidung spitzte sich am 28. März 1958 in der Landschaftsversammlung zu: Steeger sollte das aber nicht mehr erleben, er verstarb am 15. März 1958. Ob das letztlich einen Einfluss auf die Entscheidung hatte, sei dahin gestellt. Nach einem ersten Wahlgang im Plenarsaal des Düsseldorfer Landtages kam es zur Stichwahl: 57 Stimmen für Kommern und 42 für Krefeld. Im Eifeldorf läuteten die Kirchenglocken, als die Entscheidung dort angelangte.

Das Thema "Freilichtmuseum" fand in Krefeld sein Ende im Mai 1960. Der Krefelder Finanz- und Beteiligungsausschuss beschloss, dass Bauteile von zwei erworbenen Bauernhäusern an den Landschaftsverband ohne Gegenrechnung übertragen werden. Als vermutlich einziges Gebäude-Relikt dieses Vorhabens verblieb das kleine Backhaus in der Vorburg, das Steeger 1956 dort aufbauen ließ. Es stammt aus dem Jahr 1788 und stand einst in Tönisberg. Backhäuser seien nichts Ungewöhnliches am Niederrhein, eines aus Fachwerk allerdings schon, so Reichmann. Das eigentliche Backhaus der Burg Linn befand sich übrigens im heutigen Jagdschloss. Die originale Einrichtung sehen die Besucher jedoch nicht, diese habe Steeger museal zusammengetragen. Erst seit den 1990er-Jahren lodert im kleinen Backhaus wieder einige Male im Jahr das Feuer, um Brot zu backen.

Ein weiteres Exponat, das wohl Teil des Museumsdorfes werden sollte, steht neben dem "schiefen Turm" der Festungsanlage: das Butterrad für Hunde. Wie in einem Hamsterrad mussten die Vierbeiner in diesem für Bewegung sorgen. Im Rheinland galt ein Hund nicht als Haus- sondern als Nutztier. Hunde bewachten den Hof, sie zogen kleine Karren oder liefen in einem Butterrad.

Über eine Welle und Zahnräder drehte sich in einem Butterfass eine Vorrichtung, welche die Milch langsam, aber beständig in Butter schlug. Reichmann vermutet, dass das Rad aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt oder noch jünger ist. "Bis elektrische Motoren auf die Höfe kamen, wurden solche Räder noch genutzt", erklärt Reichmann. Im geplanten Museumsgarten an der "Albert-Steeger-Schule" erinnern zudem noch einige Findlinge aus der Eiszeit an das Projekt "Freilichtmuseum".

(RP)
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