Rätsel um Luftballons Krefelderin marschiert gegen Kindesmissbrauch nach Berlin
Krefeld · In Krefeld sorgten sie schon für Verwirrung und Rätselraten, was dahintersteckt: Luftballons, die am Straßenrand befestigt waren. Dahinter steht eine Aktion, die in Krefeld begann und nach 580 Kilometer in Berlin enden soll.
Mit einem Fußmarsch demonstriert Sabrina Tophofen für Kinderrechte und gegen Kindesmissbrauch. "The voice of children" (Die Stimme der Kinder) ist das Motto ihrer Aktion. Sie ist selbst Opfer, wurde als Kind von ihrem Vater missbraucht, zeigte ihn mit zehn Jahren an.
"Als ich 13 war, wollte ich mich mit Drogen umbringen, das zweite Mal habe ich versucht, mich zu erhängen. Ich wollte mich wohl auch an meiner Familie rächen und zeigen, was passiert, wenn man ein Kind so behandelt. Ich habe mir vorgestellt, wie sie um mich weinen", sagte sie 2011 dem "Spiegel".
Heute hat sie eine eigene Familie, ist selbst Mutter von fünf Kindern. Sie hat sich aus kaum vorstellbarem Elend herausgekämpft. Als sie ihren Vater anzeigte, kam sie als Zehnjährige in ein Kinderheim. Dort sei sie gequält worden, berichtet sie, bis sie floh und sich sechs Jahre als Obdachlose durchschlug - auf der Domplatte in Köln.
"Der Einzige", berichtete sie dem "Spiegel" über diese Zeit, "der sich für mein Schicksal interessierte, war ein Polizist. Er war sehr nett zu mir, konnte aber nicht viel tun: Da ich unter 14 war, konnten sie mich nicht ins Gefängnis stecken, obwohl ich oft straffällig wurde."
Sie fing sich und begann über ihr Schicksal zu schreiben. In "So lange bin ich vogelfrei: Mein Leben als Straßenkind" (2010) beschrieb sie ihre Zeit als Obdachlose. Dieses Buch machte sie bekannt; bei Youtube sind einige TV-Interviewausschnitte dokumentiert, unter anderem ein Auftritt bei Reinhold Beckmann. In ihrem zweiten Buch - "Lebenslänglich: "Psst ... wenn nachts der Papa kommt" (2014) - beschreibt sie den Missbrauch.
Nun hat sie sich von Krefeld aus auf den Weg nach Berlin gemacht, um erneut auf das Elend missbrauchter Kinder aufmerksam zu machen. Ihr Ziel ist es, auf den 580 Kilometern Fußweg in die Hauptstadt 580.000 Luftballons an Straßen und Wegen zu hinterlassen. 10.000 Luftballons sind für die Aktion bereits gespendet worden.
Sie will auch auf ihrer Überzeugung nach unzulängliche Gesetze hinweisen. Sie wolle, so sagte sie dem "Westen" 2014 anlässlich der Veröffentlichung ihres Buches, "den Stummen eine Stimme geben. Ich will den Jugendlichen zeigen: Ihr seid nicht allein, habt den Mut, jemanden anzuzeigen." Die Strafen für die Täter sind ihrer Meinung nach zu gering: "Ich krieg die Krise, wenn das Urteil im Namen des Volkes gesprochen wird. Ich glaube nicht, dass das Volk mit solchen Strafen einverstanden wäre."
Tophofen arbeitet unter anderem mit der Selbsthilfeorganisationen "WegWeiser" aus Bottrop zusammen. Wer sie unterstützen will, kann sich über die Facebook-Seite an "WegWeiser" wenden.