Krefeld Krefelds erste Kammerphilharmonie

Krefeld · Philip van Buren ist zurück in Krefeld und hat ein Orchester gegründet. Heute spielt es in der Kölner Philharmonie mit Stargeigerin Lidia Baich.

 Die Französische Kammerphilharmonie hat ihren Sitz in Krefeld. Geprobt wird im Gemeindesaal von St. Michael. Auf lange Sicht wird ein größerer Raum mit optimaler Akustik notwendig.

Die Französische Kammerphilharmonie hat ihren Sitz in Krefeld. Geprobt wird im Gemeindesaal von St. Michael. Auf lange Sicht wird ein größerer Raum mit optimaler Akustik notwendig.

Foto: Stefan Gloede

Versailles. Paris. Krefeld. Oder: Liberté, Égalité, Fraternité. Die großen Umbrüche der Französischen Revolution 1789 wirkten auch stark in der Musik. Auf der Schnittstelle, an der französische Komponisten die Musik Europas beeinflussten und ihre europäischen Kollegen nach Frankreich hineinwirkten, hat sich Philip van Buren angesiedelt. Der frühere Kapellmeister des Theaters hat die Französische Kammerphilharmonie mit Sitz in Krefeld gegründet. Ein Höhepunkt in der jungen Geschichte des Ensembles ist der Auftritt heute Abend in der Kölner Philharmonie.

 Philip van Buren war zehn Jahre lang Kapellmeister am Theater.

Philip van Buren war zehn Jahre lang Kapellmeister am Theater.

Foto: ped

Ein Engagement an eine erste Adresse unter den deutschen Konzerthäusern ist ein Erfolg für ein Orchester, das noch an seinen Anfängen steht. Aber Philip van Buren zeigt schon zum Auftakt, was das Publikum zu erwarten hat. Als Solistin hat er für heute die österreichische Stargeigerin Lidia Baich verpflichtet. Van Buren möchte nicht kleckern, sondern sein Orchester etablieren.

Der Traum vom eigenen Orchester hat schon während des Studiums in Köln und an der Folkwanghochschule Essen begonnen. Und es ist für van Buren eine logische Stufe in seiner Dirigentenlaufbahn. Der gebürtige Frankfurter hat am Essener Aalto Theater und an den Bühnen der Stadt Köln gearbeitet, war von 2000 bis 2010 am Theater Krefeld/Mönchengladbach, stieg hier zum 1. Kapellmeister auf und wurde vor allem von den Musikanfängern als Taktgeber der Kinderkonzerte geliebt. Dann wechselte er nach Regensburg, wo er zuletzt als stellvertretender Generalmusikdirektor wirkte. "Als der Vertrag auslief, war der Zeitpunkt: jetzt oder nie", erzählt er. Der alten Heimat Krefeld war die Familie ohnehin noch verbunden. Von hier aus fährt er zu seinen Lehraufträgen nach Köln und Frankfurt. Und hier ist der Sitz seiner Französischen Kammerphilharmonie. "Meine Mutter ist Französin, und ich bin mit deutsch-französischen Jugendorchestern aufgewachsen. Diesen Geist habe ich sehr geschätzt", erklärt er. "Ich möchte keine Komponisten oder Stilrichtungen ausschließen, aber den Programmschwerpunkt sehe ich schon bei französischen Komponisten und Einflüssen: So gehört natürlich Ravel ins Repertoire, aber auch Beethovens Eroica oder die Pariser Sinfonie von Mozart."

2014 begannen die ersten Proben, inzwischen hat das Orchester etwa zehn Auftritte im Jahre. "Zehn bis 20 mehr wären toll", sagt van Buren, für den das Buchungsgeschäft und die Programmgespräche mit Veranstaltern noch ungewohntes Terrain sind. In einer Zeit, in der öffentlich-rechtliche Orchester abgespeckt werden oder fusionieren und viele Ensembles unter gekürzten Kulturetats ächzen, hält er den Schritt zum eigenen Orchester nicht für gewagt. "Im Gegenteil, es ist eine gute Zeit, wenn man es möchte. In Deutschland gehen eine Studie zufolge mehr Menschen ins Konzert als ins Fußballstadion. Ich stehe nicht in Konkurrenz zu den Niederrheinischen Sinfonikern oder anderen städtischen Orchestern. Wir haben einen eigenen Schwerpunkt und werden für einzelne Konzerte und -reihen gebucht quasi als Einmal-Geschichte." Auf die Einmaligkeit richtet er seine Philharmonie auch aus. Es gibt einen festen Kern von Musikern, "einige kenne ich noch aus der Studienzeit", sagt van Buren, und einen Pool, um aufzustocken. "Wir sind meistens 34 Leute; in Köln sind wir zu 41. Aber wenn wir den Bolero spielen, müssen wir 60 sein", erklärt der Dirigent. Diese virtuose Personalarbeit ermöglicht ein Spektrum vom Kammerkonzert für Oktett bis zur konzertanten Oper. Jedes Konzert fühle sich an wie ein Abenteuer. Und Abenteuer soll auch das Publikum erleben, wenn es unbekanntere französische Komponisten entdeckt. Dass Veranstalter stärker auf Langlais und Gounod oder deren noch seltener gehörte Landsmänner setzen, wünscht er sich, aber mit "Une Nuit Française" ist die Kammerphilharmonie auch gewappnet für Neujahrs- und Galakonzerte.

(RP)
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