Das Neue Kaiser-Wilhelm-Museum Krefelds größtes Kunststück

Krefeld · Es ist ein historischer Augenblick der Freude: Morgen wird das Kaiser-Wilhelm-Museum eröffnet. Die Sanierung war ein Kunststück für sich - entstanden ist Krefelds größtes Stück für Kunst. Wir würdigen es mit dieser Ausgabe.

 Eine neue Perspektive für die Stadt: Mit dem rundumsanierten Kaiser-Wilhelm-Museum kann die Stadt wieder große Ausstellungen aufnehmen.

Eine neue Perspektive für die Stadt: Mit dem rundumsanierten Kaiser-Wilhelm-Museum kann die Stadt wieder große Ausstellungen aufnehmen.

Foto: Thomas Lammertz

Der letzte öffentliche Bau, der in Krefeld als geglückt empfunden wurde, ist die Mediothek. Die anderen herausragenden städtischen Gebäude sind privaten Ursprungs: Das Stadthaus des Egon Eiermann ist ein Industriebau, den die Stadt vor dem Verfall rettete. Das Rathaus entstand als Palais des Seidenbarons von der Leyen. Kein Zufall: Öffentliches Bauen gehört meist in die Abteilung Ö wie Ödnis. Belanglose Zweckbauten beherrschen das Bild. Fast immer sind Museen glänzende Ausnahmen: Häuser der Kunst sind oft genug fabelhafte, inspirierende Innenwelten. Nun erhält auch Krefeld eine solche Welt: das neue Kaiser-Wilhelm-Museum. Es ist für die Stadtgeschichte ein historischer Augenblick der Freude.

Diese öffentliche Bauanstrengung ist weit mehr als eine Sanierung, unter der man ja gemeinhin Reparaturen, neue Tapeten und frische Anstriche versteht. Nein, die Struktur des Gebäudes ist verändert worden. Auch "pur" - ohne Kunst, wie man es am Wochenende besichtigen kann - ist es inspirierend und zeigt, dass Architektur immer auch Raumkunst ist.

Die Baugeschichte ist nicht unumstritten: Was als 6-Millionen-Reparaturbetrieb begann, endete als 17,5 Millionen schwere, technisch-ästhetische Großtat. Es wäre nicht fair, diese Geschichte in die Reihe der aus dem Ruder gelaufenen Projekte der öffentlichen Hand zu stellen. Das KWM-Vorhaben ist vor allem durch die Logik der Anforderungen gewachsen. Zwingend. Denn im Kern stellte sich rasch in aller Schärfe die Existenzfrage: Wollte man nun das Museum - ja oder nein?

Die erste Schätzung über sechs Millionen ging noch von Sanierungsroutine aus. Dann stellte sich heraus, dass man allein aus Brandschutzgründen strukturelle Eingriffe ins Gebäude vornehmen musste. Von da aus war es nur folgerichtig, auch die Technik zu erneuern, denn ohne sie ist Kunst in ihrer Physis bedroht - das wäre faktisch das Aus für dieses Museum gewesen.

Über die Anhebung des Daches kann man streiten - die Idee, die Verwaltung aus dem Revier der Kunst auszugliedern, war konsequent; der Ausbau des neu gewonnenen Raumes wurde aus Kostengründen gestoppt; dennoch hat das Museum eine Ebene gewonnen, die künftige Generationen nutzen können.

Auch der Streit um den plötzlich fehlenden Archivraum für die Sammlung lag mehr in der Logik der Sache als im Versagen der Planer oder der Politik. Der Skandal begann lange vorher: Die Sammlung war mehr versunken und versandet als fachgerecht untergebracht. Sie wurde im Zuge der Sanierung überhaupt erst gründlich gesichtet; vorher wusste niemand so genau, was eigentlich da war.

Wieder stellte sich im Kern keine Luxus-, sondern die Existenzfrage: Wer die Sammlung will, braucht ein Archiv mit genügend Raum und der fälligen Technik. Kaum vorstellbar, dass die Krefelder Politik sich für eine "Unterbringung light" hätte entscheiden können - Kunst gequetscht, gestapelt, gepresst und verstaubt. Die Schlagzeilen dazu hätten die Stadt in Ewigkeit blamiert.

Nein, das Gros der Kosten ist der Logik der Sache geschuldet, nicht Schluderei oder Luxus. Hätte die Stadt diesen Kraftakt nicht vollbracht, hätte man über eine Auflösung des Museums, vielleicht über eine Überführung in eine Stiftung des Landes oder des Bundes nachdenken müssen.

Es kam anders. Krefeld hat ein Haus der Kunst gewonnen, das schön und inspirierend ist und Ausstrahlung hat: als großes Kunststück der Bürgerschaft, als großes Stück für die Kunst und als bauästhetisches Kunst-Stück. Ein guter Tag für Krefeld.

(RP)
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