Krefeld Krefelds Revolutionär

Krefeld · Für Theaterskandale war Hans Neuenfels immer gut. Mit 25 Jahren kehrte der Krefelder als Oberspielleiter in seine Heimatstadt zurück. Und sorgte für Tumulte mit Handkes "Publikumsbeschimpfung". Freitag kommt er als Autor.

 Hans Neuenfels startete seine Karriere mit der erregenden Inszenierung von Handkes "Publikumsbeschimpfung" am Krefelder Theater.

Hans Neuenfels startete seine Karriere mit der erregenden Inszenierung von Handkes "Publikumsbeschimpfung" am Krefelder Theater.

Foto: Monika Rittersbach

Jung waren sie alle, die damals die Revolution auf der Krefelder Theaterbühne probten. In der Spielzeit 1966/67 kam der gebürtige Krefelder Hans Neuenfels zurück in seine Heimatstadt. Neuenfels, "einer der schlechtesten Schüler des Arndt-Gymnasiums", war 25 – und schon mit 23Jahren jüngster Oberspielleiter am Theater in Trier geworden. Dort hatte man ihn aber entlassen, als er mit Flugblättern gefordert hatte "Helfen Sie mit, den Trierer Dom abzureißen". Sofort hat ihn Joachim Fontheim engagiert, der auch erst gerade in Krefeld angetreten und mit 44 Jahren der jüngste Generalintendant Deutschlands war. "Ehrliches, zeit- und lebensnahes Theater" hatte er versprochen zu machen.

Krefeld "außer sich"

Der erste Abend der "jungen Garde" endete fast im Tumult. Aber nur fast, denn ein Kritiker schrieb: "Man war außer sich und man war glücklich." Hans Neuenfels hatte die "Publikumsbeschimpfung" von Peter Handke, der auch erst 24 war, inszeniert. Und Krefeld war erst der zweite Aufführungsort, nach der Frankfurter Uraufführung durch Claus Peymann. Ulrich Hass, Gottfried John, Karl-Friedrich Gerster und Rudolf Brand standen als vier namenlose Personen auf der Bühne, sprachen zuerst das Publikum an und schimpften nachher: "Ihr Untermenschen, ihr Kriegstreiber."

Mit Rudolf Brand und Gottfried John als Wladimir und Estragon kam in der gleichen Spielzeit in Mönchengladbach "Warten auf Godot" von Samuel Beckett heraus. Ebenfalls inszeniert von Hans Neuenfels. In Neuenfels-Inszenierungen spielte damals auch Inge Brand. "Eine heiße Zeit", erinnert sich die spätere Kresch-Chefin.

Inge und Rudolf Brand kannten sich schon von der Schauspielschule und hatten in Krefeld ihr erstes gemeinsames Engagement. "Der hat schon was riskiert damals, der Fontheim" sagt Rudolf Brand rückblickend, "aber wir waren die "Speerspitze". Damit meint er Hans Neuenfels und dessen Inszenierungen, und daran denkt er noch gerne zurück. Mit der "Publikumsbeschimpfung" gastierte man auch auf Einladung des Goetheinstituts in Paris. Das Ensemble veränderte sich bald, und auch Neuenfels blieb nur zwei Jahre in Krefeld.

Längst ist er auch als Literat und Filmemacher berühmt und für seine Operninszenierungen bekannt. Die verursachen auch noch "Skandale", wie Mozarts "Idomeneo" 2003 in Berlin. In diesem Jahr wird er bei den Bayreuther Festspielen den "Lohengrin" von Richard Wagner inszenieren. "Wie viel Musik braucht der Mensch" heißt sein im vorigen Jahr erschienenes Buch, aus dem er am Freitag, 20 Uhr, in der Mediothek liest – in Kooperation mit dem Anderen Buchladen.

(RP)
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