Krefeld Kunst für zwei Euro im Monat

Krefeld · Bilder für drei Monate ins eigene Wohnzimmer hängen - und sie unverbindlich kennenlernen. Das ist das Prinzip der Artothek. Interessenten können unter 1000 Werken regionaler Künstler wählen.

 Brigitta Heidtmann im Showroom der Artothek. Hier können Interessierte auswählen und ihre Lieblingsbilder gleich mit nach Hause nehmen.

Brigitta Heidtmann im Showroom der Artothek. Hier können Interessierte auswählen und ihre Lieblingsbilder gleich mit nach Hause nehmen.

Foto: Thomas Lammertz

Wer die Ausstellungsräume der Artothek an der St.-Anton-Straße betritt, kommt schnell ins Staunen: ob großformatige Acryl- und Ölmalereien, feine Feder- und Graphitzeichnungen, geheimnisvolle Objektkästen oder zeitgenössische Fotografie - die Auswahl an Kunstwerken ist groß, und entsprechend breit sind die Stilrichtungen und Techniken, die die Artothek zu bieten hat. Kunst zum Leihen heißt das Prinzip. 1991 hat die Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK) die Artothek gegründet. Interessierte haben zurzeit die Auswahl unter 100 Werken regionaler Künstler. "Wir wollen die Kunst demokratisieren", sagt Brigitta Heidtmann, die im Januar die Leitung der Krefelder Artothek übernommen hat.

 Die Arbeit von Martina Meyer-Heyl (*1961) hat keinen Titel. Sie ist von 1996, 60 mal 80 cm groß und eine Mischtechnik mit Aquarell und Terpentin.

Die Arbeit von Martina Meyer-Heyl (*1961) hat keinen Titel. Sie ist von 1996, 60 mal 80 cm groß und eine Mischtechnik mit Aquarell und Terpentin.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Nach dem Prinzip "Kunst für alle" kann ein fachgerecht gerahmtes Bild für drei Monate mit nach Hause genommen werden. Die Ausleihgebühr beträgt sechs Euro inklusive Versicherung. Maximal fünf Kunstwerke können pro Person ausgeliehen werden, und die Dauer der Ausleihe kann verlängert werden. Wer mag, kann das Bild um weitere drei Monate in seinen Räumen hängen lassen.

 K. A. Janßen - kurz KA Jott - nennt seinen Objektkasten "Pioniere". Der 30 mal 30 Zentimeter große Kartonschnitt stammt von 2009.

K. A. Janßen - kurz KA Jott - nennt seinen Objektkasten "Pioniere". Der 30 mal 30 Zentimeter große Kartonschnitt stammt von 2009.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Kunstausleihe ermöglicht eine dauerhafte Begegnung mit Kunst jenseits von Ausstellungen oder Galerien. Und diese Art der Begegnung ist oft von Dauer, und Leihnehmer kommen auf den Geschmack: "Wir haben viele Stammleiher in der Artothek" erläutert Heidtmann, "viele nehmen nach den drei bis sechs Monaten direkt den nächsten Schwung an Bildern mit".

 Rolf Leibenguth hat Lack auf lackierte Hartfaser aufgetragen. Das Bild misst 60 mal 80 Zentimeter und trägt ebenfalls keinen Titel.

Rolf Leibenguth hat Lack auf lackierte Hartfaser aufgetragen. Das Bild misst 60 mal 80 Zentimeter und trägt ebenfalls keinen Titel.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Es kommt auch vor, dass ein Kunstwerk die Räume der Artothek für immer verlässt. Denn alle Werke sind bei den jeweiligen Künstlern direkt zu erwerben, auch das, so Heidtmann, passiert häufig. Neben Privatpersonen zählen Arztpraxen, Kanzleien und vermehrt Grafikbüros zum Ausleihpublikum. Heidtmann und die beiden Vorsitzenden, Edith E. Stefelmanns und Christine Prause, wünschen sich für die Zukunft jedoch größeres Interesse und möchten auch jüngeres Publikum erreichen. Einen wichtigen Beitrag soll dabei der Internetauftritt der Artothek leisten. Heidtmann arbeitet derzeit an der digitalen Katalogisierung des Bestands, alle Bilder werden erfasst und sind somit im Netz sichtbar. Diese Modernisierung hat das Kulturbüro ermöglicht. Der Computer und die entsprechende Software sind Spenden des Kulturbüros. Diese Anschaffung, sagt Heidtmann, hätte sich die Artothek nicht leisten können.

Die neue Leiterin musste sich in den ersten Monaten ein genaues Bild machen, wie viele Schätze die Kartothek besitzt, "einige Werke waren nicht erfasst oder nicht gerahmt", und so hatte Heidtmann, die selbst Künstlerin ist, viel zu tun. Zu ihren Aufgaben zählt neben der fachkundigen Beratung der Kunstausleiher auch die wechselnde Hängung der Kunstwerke. Einige Bilder hat sie umgehängt, den Räumen an der St.-Anton-Straße einen frischen Anstrich verliehen. Die Leihgaben der Künstler sind teilweise schon länger im Bestand der Artothek und sollen in der kommenden Zeit ausgetauscht werden: "Die Künstler haben sich weiterentwickelt, auch diese Entwicklung wollen wir zeigen", sagt die Leiterin.

Anders als in Museen oder Galerien sind die Werke der Artothek ohne Angabe des Künstlers, Werktitels und Entstehungsjahres präsentiert. "Die Leute sollen intuitiv entscheiden, was ihnen gefällt", erklärt Heidtmann das ungewöhnliche Prinzip.

Die Artothek wird durch das Kulturbüro der Stadt Krefeld gefördert, ist jedoch nicht, wie andernorts, an die Stadt angegliedert. Das Team sucht immer wieder Sponsoren, die den Erhalt der Artothek unterstützen.

(RP)
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