TV-Sendung Wie Mario Barth sich Krefeld vorknöpft

Krefeld · In der Sendung "Mario Barth deckt auf" berichtet Deutschlands erfolgreichster Comedian auf einem Parforceritt durch Krefeld über die Ostwall-Haltestelle und eine vermeintlich skandalöse Mietampel.

 In einer Minute und 48 Sekunden klärt Mario Barth seine Zuschauer über Krefeld auf.

In einer Minute und 48 Sekunden klärt Mario Barth seine Zuschauer über Krefeld auf.

Foto: Sebastian Drüen/Hauptstadt-Helden

Mario Barths Ausflug nach Krefeld dauert eine Minute 48 Sekunden - so lang ist der Beitrag, den er im Rahmen seiner Show "Mario Barth deckt auf" über die Stadt bringt. In dieser Zeit erfährt der Zuschauer, dass die Ostwall-Haltestelle 20 Millionen Euro und eine Mietampel bislang 235.000 Euro Miete gekostet haben. Und natürlich, dass das alles skandalös ist. Stimmt's? Die nackten Fakten stimmen, Montage und Deutung aber sind tendenziös und lückenhaft.

Das Witzigste ist das Zitat einer Frau, die das neue Dach der Ostwallhaltestelle für überflüssig hält: "Die hätten die Haltestelle lassen können. Die werden trotzdem nass von der Seite. Wat will dat Dach da oben?" Dramaturgisch sinnvoll hebt der Beitrag erst einmal auf Krefelds Verschuldung ab. "Trotz jahrelangen Nothaushalts steht jeder Einwohner durchschnittlich mit 3900 Euro in der Kreide" - man hätte auch sagen können: wegen. Von da aus sind es zwei Sekunden bis zum Ostwall: "Dafür gehört jedem Bürger wenigstens etwas von Krefeld - von dieser neuen Haltestelle zum Beispiel. Baupreis: satte 20 Millionen Euro." Dann sagt auch schon jene Frau jenen Satz über das Dach.

Das Ganze rauscht sekundenschnell vorbei und suggeriert, dass die 20 Millionen vor allem für das Dach draufgegangen sind. Was Unsinn ist. Die Zahlen: Die gesamte Großbaumaßnahme im Bereich Ostwall/Rheinstraße war mit 20,47 Millionen Euro kalkuliert. Darin enthalten sind 9,2 Millionen Euro Fördermittel und die Kosten für die neue Gleistechnik. Auf das Glasdach mit Stahlkonstruktion und Beleuchtungselementen entfallen 3,28 Millionen Euro.

Doch Zeit für solche Details gibt es bei Barths Parforceritt durch Krefeld nicht. Er rast flugs weiter nach Linn zu einer Mietampel an der Kreuzung Düsseldorfer Straße, Ecke Hafenstraße (unsere Redaktion hatte im April vor einem Jahr berichtet). Wieder sind die Fakten korrekt: Mietampel seit 2009; damals Haushaltssperre, deshalb keine neue Anlage für rund eine Million Euro, sondern Mietampel für 2800 Euro im Monat, macht in sieben Jahren 235.000 Euro Miete. Da eine neue Ampelanlage vermutlich 2018 fertig wird, fallen noch einmal 67.000 Miete an, die - so feixt Barth - dem Kaufpreis "entgegenwächst". Und er hält dagegen: "Eine gleich gekaufte Ampel hätte sich schon 2030 bezahlt gemacht" - meint wohl: ab diesem Zeitpunkt hätte die Stadt als Eigentümerin angefangen, Miete einzusparen. Wie er darauf kommt, wird nicht erklärt.

Die alte Ampel hatte nach 31 Jahren ihren Geist aufgegeben - hätte man sie gemietet, hätte man eine gute Million Euro hinlegen müssen, also so viel, wie eine neue kostet, allerdings ohne Wartungskosten und ohne Zinsen, denn all das müssen Eigentümer aufbringen. Warum also Kaufen billiger ist als Mieten, ist bei einer Lebenserwartung von 30 Jahren pro Ampel nicht automatisch plausibel. Zudem unterlag Krefeld 2009 der Haushaltssperre, musste also an allen Ecken und Enden sparen, um den Haushalt genehmigt zu bekommen. Und schließlich: Der Verzicht auf eine Ampel war nicht erlaubt; die Anlage war durch die Straßenverkehrsbehörde aus Sicherheitsgründen angeordnet worden. Die Wirklichkeit ist also komplexer, als es die Alternative "mieten schlecht/ kaufen gut" nahelegt.

Freilich: Für solche Erwägungen war bei Barth keine Zeit; nach dem Reizwort "macht nochmal 67.000 Euro Miete" gab ein empörungsbereiter Bürger zu Protokoll: "Ja, das macht mich so wütend, wie hier das Geld verprasst wird." Und Barth stimmte zu: "Ja, Recht hat er." Quod erat demonstrandum: Ende gut, alles schlecht; überall wird verprasst, verschwendet, vergeudet.

So gibt es nur eine Konsequenz: Mario Barth wird Kanzler von Deutschland und Kämmerer von Krefeld, damit doch alles gut wird.

(RP)
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