Krefeld Michael Heß ist unbequem für Politik und Verwaltung

Krefeld · Er ist das Sprachrohr von 4800 Eigentümern: Michael Heß, Geschäftsführer von "Haus und Grund", nimmt oft Positionen ein, die für Politik und Verwaltung quälend sind. So mancher dort fragt sich: Was will der Typ?

 Krefelds außerparlamentarische Opposition: Michael Heß, Geschäftsführer von Haus und Grund in Krefeld.

Krefelds außerparlamentarische Opposition: Michael Heß, Geschäftsführer von Haus und Grund in Krefeld.

Foto: Thomas Lammertz

Zum Beispiel die Abwassergebühren: Es ist ein Modellfall, an dem man studieren kann, wie Rechtsanwalt Michael Heß, Geschäftsführer von Haus und Grund in Krefeld, tickt. Dass die Krefelder Abwasserbescheide auf rechtswidriger Basis geschrieben würden, bemängelt er ebenso wie andere Experten seit Jahren. Heß aber macht auf eine Weise, die für Verwaltung und Politik unbequem, man muss gar sagen, quälend ist: Er schreibt lange Pressemitteilungen mit juristischer Expertise und scharfer Rhetorik. Politikern wirft er Blauäugigkeit vor, der Verwaltung schon mal Untätigkeit.

Vor wenigen Tagen dann sein Sieg: Das Verwaltungsgericht bestätigte, dass die Krefelder Gebührenpraxis gegen geltendes Recht verstößt. Heß schrieb also wieder einen Brief — auf drei DIN-A-4-Seiten arbeitete er sich dort am Urteil ab und kanzelte Stadt und Verwaltung ab. Bisweilen kann man den Eindruck gewinnen, als sei der Krefelder Chef von Haus und Grund die außerparlamentarische Opposition dieser Stadt: als stetiger Mahner auch bei anderen Themen wie Drogenszene, Dichtheitsprüfung oder Wohnungsmarktentwicklung.

Ortsbesuch, die Krefelder Zentrale von Haus und Grund: Wer Michael Heß in seinem in Schwarz gehaltenen Büro besucht, der versteht, warum der Typ manchmal reagiert, wie er reagiert. Der Eigentümerverein "Haus & Grund" hat seinen Sitz am Ostwall, einen Steinwurf vom Theaterplatz entfernt — das ist ein Grund, warum der studierte Jurist, Typ smarter Anwalt, seit Jahren mehr Handeln der Stadt beim Thema Drogenszene auf dem Theaterplatz forderte — und auch dies oft mit verbaler Vehemenz. "Es ist nicht mein Job, beliebt zu sein bei Politik und Verwaltung", sagt er.

Heß wurde in Siegen geboren, hatte schon früh eine Beziehung zum Rheinland: Zivildienst in Köln, Jura-Studium in Bonn, Referendariat in Essen, dann erste anwaltliche Tätigkeit als Syndikus bei einem Unternehmen in Düsseldorf. 2009 wechselt er zu Haus und Grund nach Krefeld. Mit seiner Frau lebt er in Meerbusch — in einer Eigentumswohnung, wie sich das für seine Branche gehört.

Die Arbeit bei Haus & Grund sei mit anwaltlicher Tätigkeit nicht deckungsgleich, sagt Heß — und genau dies macht für ihn auch den Reiz im 126 Jahre alten Verein aus. "50 Prozent meiner Arbeit sind juristisch, 50 Prozent sind Lobbyarbeit für den Verband." Dabei sucht er oft das Gespräch mit Vertretern der Stadt. "Meine Hauptsorge ist die zunehmende Reglementierung für Eigentümer. Es gibt immer mehr Vorschriften zu beachten — Dichtheitsprüfung, Trinkwassernovelle."

Seine Kunden seien nicht ausschließlich wohlhabende Krefelder, betont Michael Heß. "Es sind Durchschnittsbürger. Das ist oft der Handwerker, der zwei Häuser gebaut hat und eines davon vermietet." Für ihn gebe es immer mehr Bürokratie bei gleichzeitiger Gefahr, die Immobilie schlechter vermieten zu können. "Vermieter sein wird immer schwieriger." Politik und Verwaltung, so seine These, achteten zu selten auf die Belange dieser Eigentümer. "Die wissen genau, die Eigentümer sind im wahren Wortsinne immobil, die können ihr in Krefeld gebautes Vermögen nicht anderswo hinschaffen." Für die, so Heß, gebe er den stetigen Mahner, und sei sich der Tatsache bewusst, dass er dabei manchmal wie der Buhmann wirkt. "Das kann ich aushalten, von unseren Vereinsmitgliedern bekomme ich viel positives Feedback. Man muss eben manchmal auch dazwischenhauen."

Wenn er mit einem einzelnen Politiker spreche, ernte er immer Verständnis, sagt Heß. Auch die Gespräche mit der Stadt seien stets konstruktiv. "Und dennoch passiert nichts zum Guten", sagt er. "Man verliert irgendwann den Blick dafür, warum nichts passiert — liegt es an der passiven Verwaltung oder der passiven Politik?" Selbst ist Heß nicht Mitglied einer Partei, seine Vereinsmitglieder kommen oft aus dem bürgerlich-konservativen Lager. "Da würde ich mich zu sehr binden", sagt Heß. Oft würde er mittlerweile auch bei den Grünen Positionen finden, die er aus Sicht seiner Mitglieder eins zu eins unterschreiben kann. Mit der SPD aber, für ihn eine klassische Partei der kleinen Häuschenbesitzer, finde er am wenigsten Deckungsgleichheit im Rat.

Bei aller Kritik an der Entwicklung Krefelds — Michael Heß sieht auch das Positive: "Da muss man nicht um den heißen Brei herum reden. In Krefeld tut sich eine Menge." Krefelds große Stärke seien die Stadtteile: "Viele reden von der City, die kränkelt. Dabei hat Krefeld ausnahmslos Stadtteile, die allesamt gut funktionieren, in der die Bürger gerne leben." Seinen Eigentümern sagt er deshalb auch noch immer: "Das ist Euer Eigentum, das ist immer noch was wert." Perspektivisch wolle er "Haus & Grund" in Krefeld weiterentwickeln — "mehr Mitglieder, mehr Dienstleistungen." Man darf vermuten, dass bei aller Weiterentwicklung von Heß' Unternehmen auch seine wache Auseinandersetzung mit Krefeld nicht leiden wird — dafür liebt dieser Mann das scharfe Wort zu sehr.

(RP)
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