Krefeld Mit "Aschenputtel" endet die Bayer-Märchen-Ära für Oelrich

Krefeld · Am Samstag hat das Weihnachtsstück der Laienspielspielgruppe Bayer Uerdingen Premiere. Es ist die letzte Produktion im BayTreff - und die letzte mit Regisseur Matthias Oelrich.

 Mit diesem Plakat kündigt sich "Aschenputtel" an.

Mit diesem Plakat kündigt sich "Aschenputtel" an.

Foto: Petra Diederichs

Wenn bei den Bremer Stadtmusikanten plötzlich Zwerge auftauchen, wundert sich niemand. Selbst Täubchen, die den Teufel mit den drei goldenen Haaren umschwirren, wären nicht ungewöhnlich. Zumindest nicht für die regelmäßigen Besucher der Weihnachtsmärchen mit der Laienspielgruppe Bayer Uerdingen. Denn Matthias Oelrich schreibt dieses ungewöhnliche Personal so geschickt in die bekannten Märchen hinein, dass sie niemals als Fremdlinge oder gar Störenfriede auftauchen. Im Gegenteil. "Es ist mir schon ein Anliegen, den Mitwirkenden Rollen auf den Leib zu schreiben", sagt er.

Acht Märchen hat Oelrich, der lange Jahre zum Schauspielensemble des Gemeinschaftstheaters Krefeld/Mönchengladbach gehörte, mit den Laienspielern auf die Bühne gebracht. Am Samstag, 2. Dezember, hat "Aschenputtel" Premiere. In die Vorfreude misch sich ein Tropfen Wehmut. Denn es wird die letzte Produktion sein. Die Bayer-Nachfolgefirma Covestro wird den BayTreff zum Jahresende - wie berichtet - schließen. Dann verlieren die dort ansässigen sieben Vereine ihren Auftrittsort. Die Theatergruppe hat dann keine Spielstätte mehr: "Nach mehr als 60 Jahren wird der Verein sich wohl auflösen", sagt Oelrich. Für ihn ist "Aschenputtel" definitiv das Finale.

Es war eine inspirierte Zeit, die aber auch viel Kraft gekostet hat. Denn eine bühnenfertige Vorlage einfach nur einzustudieren, hat ihm nie gereicht. Er hat die Märchen bearbeitet, neue Texte geschrieben, Rollen hinzuerfunden, modernisiert, an die Gegenwart angepasst und auf seine Akteure zugeschnitten. Niemand, der sich fürs Theaterspiel begeisterte, sollte leer ausgehen. 20 Mitwirkende - die braucht nun mal nicht jedes Märchen, da müssen dann Elfen und Zwergenvolk dazugedichtet werden. "Es war mir auch wichtig, dass Märchen nicht nur Kinder unterhalten, sondern auch Erwachsene ihre Freude daran haben", erzählt Oelrich. Deshalb setzt er kabarettistische Spitzen, jongliert mit Anspielungen. Er ließ die Bremer Stadtmusikanten schwermetallisch abrocken. "Sie haben dann gefragt: Wo sind wir hier, und aus dem Publikum kam prompt die Antwort: Wacken", erzählt Oelrich. Das hat ihm gefallen. "Manche werfen mir vor, dass die Bearbeitungen nicht kindgerecht sei. Das ist ein Irrtum. Ich sitze mindestens in jeder zweiten Vorstellung und sehe mir die Reaktionen der Erwachsenen, der Jugendlichen und der Kinder an: Es funktioniert."

Dass der Mensch - ob jung oder alt - Märchen braucht, davon ist Oelrich überzeugt. "Es ist wichtig, die Fantasie zu nähren. Kinder verstehen Märchen sehr gut und können klar zwischen Gut und Böse unterscheiden und lassen sich auf Spiele ein." Er erinnert sich, wie er als Kind die Augsburger Puppenkiste geliebt hat. "Dort gab es ein Meer. Das Wasser war nur eine Zellophnafolie, die sich bewegt und Wellen simuliert. Das war wunderbar. Kinder stellen so etwas nicht in Frage. Sie gehen auch mit der Realität anders um, können in mehreren Wirklichkeiten leben: Mal sind sie ein Pirat, mal eine Prinzessin. Sie wissen es wird gespielt und nehmen das ganz ernst. So funktioniert es auch mit dem Theater." Deshalb nimmt er auch die kleinsten Mimen ernst. "Der Verein ist für viele ein Stück Heimat. Manche haben als Zwerg begonnen und spielen als Erwachsene weiter mit. Oft sind ganze Familien an den Stücken beteiligt. Es ist bedauerlich, wenn das nun zu Ende geht."

(RP)
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