Krefeld Müll-Monopol auf der Kippe

Krefeld · Während die Bauarbeiter am fünften Kessel der Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage (MKVA) die technischen Anlagen einbauen, beobachten zahlreiche Krefelder Lokalpolitiker den 100-Millionen-Euro-Neubau an der Parkstraße mit Skepsis.

Grund sind nicht nur die aktuellen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen schwarzer Kassen bei der städtischen Entsorgungsgesellschaft Krefeld (EGK), sondern der Entwurf eines neuen Abfallwirtschaftsplans für Nordrhein-Westfalen: Die schwarz-gelbe Landesregierung will das 141-seitige Papier noch vor der Landtagswahl im Mai verabschieden.

Es bedeutet nichts weniger als das Ende des für die Stadt bequemen Müllmonopols. Städte und Gemeinden in NRW sollen sich bald frei entscheiden können, in welcher der 16 Müllverbrennungsanlage sie ihre Abfälle abladen.

Die Müllverbrennungsanlage in Krefeld ist mit einer Kapazität von derzeit 350 000 Tonnen pro Jahr (zuzüglich 25 000 Tonnen Klärschlamm) deutlich größer dimensioniert, als es für die Beseitigung des Krefelder Mülls nötig wäre. Knapp 105 000 Tonnen Siedlungsabfälle wurden dort im Jahr 2008 verbrannt, für das Jahr 2019 rechnet das NRW-Umweltministerium nur noch mit 98 000 Tonnen behandlungsbedürftigem Müll aus Krefeld. Um die Anlage rentabel zu betreiben, braucht Krefeld mehr Abfall.

Bislang war die Lage für die EGK bequem: Die Kunden wurden von der Bezirksregierung Düsseldorf zugewiesen. Der Rhein-Kreis Neuss, der Kreis Viersen, die Stadt Mönchengladbach — sie sind verpflichtet, ihren Müll, oder zumindest einen Teil davon, in Krefeld verbrennen zu lassen. Diese Verpflichtung beruht auf einer bereits 2005 ausgelaufenen Ausnahmefrist. "Wir haben frühzeitig vor den Überkapazitäten in Krefeld gewarnt", sagt Joachim C. Heitmann, Vorsitzender der FDP-Fraktion.

Er stehe zu dem Abfallwirtschaftsplan, auch wenn die Folgen für Krefeld schwierig würden. Mit ihm will die Landesregierung den Wettbewerb stärken und erhofft sich dadurch sinkende Müllgebühren für die Bürger Nordrhein-Westfalens. "Eine Zuweisung zu (einzelnen) Hausmüllverbrennungsanlagen ... in Nordrhein-Westfalen erfolgt nicht", heißt es in dem Entwurf.

Heißt: Die EGK muss sich um Kunden bemühen. "Unsere Verträge mit Mönchengladbach, dem Rhein-Kreis Neuss und dem Kreis Viersen laufen noch bis zum Jahr 2014", erklärt Sprecherin Dorothee Winkmann. Danach aber beginnt der Kampf um die Kunden, die aus einem Überangebot wählen können. 5,5 Millionen Tonnen Abfall stehen in NRW Müllverbrennungsanlagen mit mehr als 6,3 Millionen Tonnen Kapazität gegenüber.

"Die Preise für die thermische Behandlung von Abfällen sind in Bewegung geraten", heißt es in dem Entwurf. Daher sei davon auszugehen, dass Kreise und kreisfreie Städte, deren Entsorgungsverträge demnächst auslaufen, bei Ausschreibungen mit für sie günstigen Konditionen rechnen können.

Die Befürchtung: Krefeld kann auf seinen Betreiberkosten sitzen bleiben. Die Zeche zahlt der Krefelder Bürger. Christoph Bönders (Grüne) rief die Krefelder dazu auf, gegen den Abfallwirtschaftsplan zu stimmen. "Der fördert den Mülltourismus und ist teuer für die Bürger."

(RP)
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