Krefeld Münchener soll Ackermann nachfolgen

Krefeld · Die Stadtspitze favorisiert einen Mann, der in München in die Schlagzeilen geraten ist, aber für Kompetenz und Herz geschätzt wird.

Ein Münchener mit einer interessanten Geschichte hat offenbar gute Chancen, Nachfolger von Gerhard Ackermann, Fachbereichsleiter Jugendhilfe und Beschäftigungsförderung, zu werden. Der Kandidat bringt eine lange Geschichte mit: Er wird einerseits als kompetent und leidenschaftlich in der Jugendhilfe engagiert beschrieben, ist allerdings in München wegen umstrittener Verträge in die Schlagzeilen geraten. Dem Vernehmen nach hat sich der ehemalige kommissarische Leiter des Münchener Jugendamtes, Markus Schön, in Krefeld beworben. Die Krefelder Stadtverwaltung hält ihn für überaus geeignet und hat ihn der Politik zur Wahl empfohlen.

Schön sieht sich in München mit Vorwürfen konfrontiert. Laut "Süddeutscher Zeitung" wirft man ihm vor, eigenmächtig Verträge mit Sozialorganisationen ausgehandelt zu haben, die sich um jugendliche Flüchtlinge kümmern. Diese Verträge sind nach Einschätzung des städtischen Revisionsamts München unwirksam, weil sie der Zustimmung des Rates bedurft hätten. In München wird zudem berichtet, dass die Vereinbarungen, die Schön auf den Weg gebracht haben soll, die Stadt teuer zu stehen kommen. In den Verträgen ist demnach ein Personalschlüssel festgelegt worden, wonach auf einen Betreuer im Schnitt 2,5 Jugendliche kamen - zuvor habe das Verhältnis bei eins zu fünf gelegen. Die Folge: Die freien Träger haben aufgrund dieser Klausel Hunderte Sozialarbeiter eingestellt, für die letztlich die Stadt bezahlt hat. Schön muss seit Bekanntwerden der Vorwürfe im vergangenen Jahr sein Amt als kommissarischer Leiter des Jugendamtes ruhen lassen.

Das Bild, dass die Krefelder Befürworter von Schön gewonnen haben, entlastet ihn allerdings. So hat Schön zwar die Verträge unterzeichnet, verantwortlich war aber seine Vorgesetzte, die damals zuständige Dezernentin Brigitte Meier. Sie schied schließlich aus dem Amt aus, weil sie nicht mehr für eine weitere Amtszeit kandidierte - nicht freiwillig, sondern auf politischen Druck hin. Sie soll versäumt haben, Beträge im Bereich von mehr als 200 Millionen Euro für die Betreuung von jugendlichen Flüchtlingen vom Staat zurückzufordern. Übrig blieb Schön; "er hat dann die Prügel allein abgekriegt", lautet die Einschätzung in Krefeld. Kurz: In Krefeld sieht man kein Versagen von Schön, sondern so etwas wie eine unglückliche Fügung bei der Zuschreibung von Verantwortung am Werk.

Keinen Zweifel hat man in Krefeld daran, dass Schön Kompetenz und viel Herz für die Aufgabe der Jugendhilfe mitbringt. Ein Beleg: Schön wird in diesem Jahr mit dem renommierten Bennopreis des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend in der Region München (BDKJ) geehrt. In der Begründung heißt es unter anderem, Schöns "vorausschauende Planungen und Konzepte einer zukunftsorientierten Jugendarbeit" wirkten sich nachhaltig für die positive Entwicklung des BDKJ in der Region München aus. Schön habe sich stets "mit Herz und Verstand" und "in vorbildlicher Weise für die Interessen der Jugendlichen" eingesetzt.

Dass Schön mit den umstrittenen Verträgen einen Vorteil für sich gesucht habe, wird auch in München ausgeschlossen. Journalisten dort beschrieben ihn als sympathisch und kompetent - es bleibt demnach rätselhaft, wie er als Hausjurist die umstrittenen Verträge mit auf den Weg bringen konnte.

Schön selbst, der Mitte 30 und SPD-Mitglied ist, wollte keine Stellungnahme abgeben. SEITE C 4

(RP)
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