Krefeld Museumsleiterin hilft bei Mordermittlung

Krefeld · Es dürfte eine der ungewöhnlichsten Anfragen an eine Museumsleitung sein. Annette Schieck, Leiterin des Krefelder Textilmuseums, wurde von Norwegern gebeten, bei der Identifikation eines Toten zu helfen. Seine Leiche wurde 1987 bei Oslo gefunden; Schieck soll die Kleidung des Toten analysieren. Die Etiketten wurden fast komplett herausgetrennt - wie gesagt: Fast.

Es war die wohl ungewöhnlichste Geschichte, die je beim traditionellen Grabungsabend in der Museumsscheune Linn zu hören war. Normalerweise geht es um Archäologie - nun hat Annette Schiek, Leiterin des Textilmuseums, mit einer etwas anderen Art von Archäologie zu tun. Ein norwegischer Journalist hat sie gebeten, die Kleidung eines rätselhaften Toten zu analysieren. Seine Überreste wurden 1987 in einem Waldstück bei Oslo gefunden; die Akte wurde von der norwegischen Polizei 1990 als ungelöster Fall geschlossen.

Nun haben sich Journalisten des Falles angenommen. Sie recherchieren für eine Fernsehserie, die "Cold Cases", also "kalte", zu den Akten gelegte, sprich ungelöste Fälle aufgreift. Die Bezeichnung "Cold Case" wurde in Deutschland durch die Serie "Cold Case - kein Opfer ist je vergessen" auf "Kabel eins" bekannt. Manches an dem Toten weist auf Mord hin: Wie Schieck berichtet, wurden bei der Kleidung des Mannes alle Etiketten sorgfältig herausgetrennt - außer bei der Unterwäsche. Hier führt die Spur nach Deutschland, und hier liegt der Grund, warum sich die norwegischen Journalisten an Schieck gewendet hatten.

Eine Unterhose entstammte laut Etikett einer Eigenmarke von Hertie. Und so suchten die Norweger einen deutschen Textilexperten und wurden unter dem Stichwort Textilmuseum fündig. "Sie haben mir Fotos der Kleidung mit der Bitte um eine Einschätzung zugesandt", berichtet Schieck. Nähere Informationen zum Fall hat man ihr nicht gegeben - sie vermutet: bewusst, um ihr Urteil nicht zu beeinflussen. So ist nicht bekannt, ob und wie der Mann mit Gewalt zu Tode kam. Freilich weist manches auf ein Verbrechen hin. Neben den fehlenden Etiketten ist es der Fundort und eben die Kleidung. Der Tote ist auf einem Gleisbett "in der Pampa" (Schieck) gefunden worden; sprich in einem abgelegenen Wald.

Der Unbekannte war mit einer Jeans, Hemd, Jacke und Schuhen der Marke Mephisto bekleidet. "Wenn er allein an diesem Ort unterwegs gewesen wäre, hätte er mehr dabei gehabt", sagt Schieck. Die Zusammensetzung der Kleidung spreche tatsächlich dafür, dass sie in Deutschland zusammengestellt worden sei. Schieck vermutet, es war ein nicht mehr ganz junger Mann, der aber "flott und dynamisch" war, wenig Wert auf Mode legte, sich aber Qualität leisten konnte. Dafür sprechen die Qualität der Unterwäsche und die nicht ganz billigen Mephistoschuhe. Die Fotos von der Kleidung mochte Schieck nicht aus der Hand geben, "es sind Polizeifotos". Zudem wollte sie nicht der Veröffentlichung durch die norwegische TV-Serie vorgreifen. Was noch kommt, sind Faseranalysen. Kein Zweifel, der kalte Fall ist wieder heiß.

(RP)
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