Menschen im Advent Mutter auf Zeit - Trauer inbegriffen

Krefeld · Wenn Kinder aus zerrütteten Familien herausgenommen werden, werden die Kleinen von Kurzzeitpflegemüttern aufgenommen. Die Aufgabe ist schön und schwer, auch deshalb, weil der Abschied immer schwerfällt.

 "Sobald man ein Kind auf den Arm nimmt, wächst es einem ans Herz": Petra G. (der richtige Name darf aus rechtlichen Gründen nicht genannt werden) ist 46 Jahre alt, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und nimmt seit einiger Zeit Kinder aus dem Kinderheim Kastanienhof für eine Übergangszeit auf.

"Sobald man ein Kind auf den Arm nimmt, wächst es einem ans Herz": Petra G. (der richtige Name darf aus rechtlichen Gründen nicht genannt werden) ist 46 Jahre alt, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und nimmt seit einiger Zeit Kinder aus dem Kinderheim Kastanienhof für eine Übergangszeit auf.

Foto: Thomas lammertz

Es sind anrührende Minuten, als es um die Frage geht, wie es ist, ein Kind wieder abzugeben. "Man braucht eine Weile, um zu trauern", sagt Petra G. (Name aus rechtlichen Gründen geändert), "man kann ein Kind nicht monatelang betreuen und dann sagen: Tschüss, das war's". Petra G. ist eine sogenannte Bereitschaftspflegemutter.

Sie nimmt vorübergehend Kinder bis drei Jahre auf, die aus einer Familie herausgenommen werden, weil die leiblichen Eltern nicht in der Lage sind, das Kind zu versorgen. Dahinter stehen immer kleine und große Tragödien. Und Trauer für die Mütter auf Zeit.

Petra G. ist 46 Jahre alt und Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Ihre Familie trägt ihr Engagement mit - das geht ja auch gar nicht anders. Sie ist durch eine Bekannte auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht worden, im Auftrag des Kinderheims Kastanienhof Kinder vorübergehend aufzunehmen. Da sie den Umgang mit Kindern mag, ist sie auf das Kinderheim zugegangen.

Die Auswahl der Pflegeeltern auf Zeit erfolgt über drei Hausbesuche, erläutert Kinderheim-Leiter Jens Lüdert. Ein wichtiges Kriterium: Die Mütter sollen es nicht aus Gründen des Geldverdienens machen. "Wichtig ist, dass Bereitschaftseltern das Geld nicht benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten", sagt Lüdert. Üppig ist die Geldzuwendung ohnehin nicht: Die Mutter auf Zeit bekommt rund 1000 Euro Aufwandsentschädigung im Monat, von der auch Nahrung und Kleidung gekauft werden müssen.

Petra G. betont, dass es ohne Empathie nicht geht. "Sobald man ein Kind auf den Arm nimmt, wächst es einem ans Herz." An einer Trauerphase komme man nicht vorbei, bekräftigt sie. Der Abschied falle aber leichter, wenn sie das Gefühl habe, ein Kind in gute Hände abzugeben. Deswegen ist es gang und gäbe, dass die Bereitschaftsmutter die spätere Dauerpflegefamilie für das Kind kennenlernt. Im Schnitt soll ein Kind bis zu sechs Monate bei einer Bereitschaftsmutter sein; es können aber auch acht, neun oder mehr Monate werden, bis - wie es heißt - die "Perspektive" für das Kind geklärt ist: ob es zurück zu den leiblichen Eltern geht oder in eine Dauerpflegefamilie.

Nur in zehn bis 15 Prozent der Fälle können die Kinder zu den Eltern zurückkehren, sagt Lüdert. Die Probleme dort sind oft zu groß: Drogenabhängigkeit, psychische Krankheiten, soziale Verwahrlosung. Am Ende entscheidet ein Gericht auf der Grundlage von Gutachten, was mit einem Kind geschieht. Wichtig ist auch, dass eine Bereitschaftsmutter die leiblichen Eltern nicht verachtet, sondern ihnen respektvoll gegenübersteht; "das geht", sagt Petra G., "wenn man ein Menschenfreund ist".

Den leiblichen Eltern wird auch die Möglichkeit gegeben, ihr Kind zu treffen - auch um die Möglichkeit der Rückkehr des Kindes offenzuhalten. Was aber im Alltag vor allem zählt, ist der Umgang mit dem Kind: "Die Kinder machen viel Freude", sagt Petra G., zumal die Kleinen in der neuen Familie oft aufblühen, schon körperlich, denn viele Kinder sind, wenn sie in die Obhut des Jugendamtes kommen, innerlich angegriffen und äußerlich verwahrlost.

Das Kinderheim ist dankbar für Interessenten, die die Aufgabe übernehmen wollen, solche Kinder aufzufangen. "Wir nehmen auch die 60-Jährige, die fit ist und sich das zutraut", sagt Bettina von Bihl, Mitarbeiterin im Kastanienhof. Obergrenze beim Alter sind 65 Jahre. Zurzeit arbeiten rund 30 Bereitschaftspflegefamilien für das Kinderheim. Es werden laufend neue gebraucht.

Kontakt für Interessenten: Internet www.kastanienhof-krefeld.de Mail: info@ kinderheim-kastanienhof.de Tel. 02151/ 507 310.

(RP)
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