Krefeld Nach tödlichem Unfall: Fahrer unter Schock

Krefeld · Wieder ist ein Radfahrer von einem Lkw, der rechts abbiegen wollte, überrollt worden. Der junge Mann auf dem Rad hat nicht überlebt. Die Polizei ist ratlos: Die Kreuzung war gut gesichert. Der Lkw-Fahrer und Zeugen stehen unter Schock.

Tödlicher Unfall eines 22-jährigen Radfahrers
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Ein Fahrrad, umrahmt von Kreidestrichen — es ist ein beklemmendes Bild, das es schwermacht, distanziert zu berichten, denn jeder weiß sofort: Hier ist etwas Schlimmes passiert. Unwillkürlich denkt man daran, dass mit dem Schulbeginn nächste Woche wieder viele Kinder und Jugendliche die Straßen füllen. Man denkt an all die ähnlichen, jedesmal schrecklichen Unfälle mit Lkw und Radfahrern. Und man denkt daran, dass hier vor kurzem ein Mensch gestorben ist.

Gestern gegen 12 Uhr ist ein 22-jähriger Radfahrer an der Kreuzung Neue Ritterstraße/ Dießemer Bruch von einem abbiegenden Lkw überrollt und getötet worden. Der Lkw wollte nach rechts in den Dießemer Bruch abbiegen und erfasste den geradeaus fahrenden Radfahrer. Ein Sprecher der Polizei zeigte sich gestern an der Kreuzung ratlos: "Was sollen wir noch tun?", fragte er. Die Kreuzung ist gut markiert, es gibt einen Radweg; ein Spiegel an der Ampel soll auch den letzten Winkel einsehbar machen — und doch kam es wieder zu einem dieser auf furchtbare Weise typischen Unfälle zwischen Lkw und Radfahrer. Wie die Polizei mitteilte, stand der Lkw — es ist ein Betonmischer — zunächst bei Rot auf der Neue Ritterstraße und fuhr stadtauswärts an. So wie er gestern nach dem Unfall auf der Kreuzung stand, wollte der Fahrer auf die linke Spur des Dießemer Bruchs einbiegen, hat also einen etwas weiteren Bogen genommen — vielleicht liegt hier der Grund, warum der Radfahrer zunächst den Eindruck hatte, dass der Lkw geradeaus fahren wollte.

Unklar ist, ob der Radfahrer mit dem Lkw zusammen angefahren ist oder ob der junge Mann von hinten an der Auto-Kolonne vorbeigefahren ist. Unklar ist auch, ob der Lkw geblinkt hat; klar ist nur, dass der Lkw das Fahrrad im Kreuzungsbereich erfasst hat. Der junge Mann wurde überrollt und starb wenig später auf dem Weg ins Krankenhaus.

Der Lkw-Fahrer erlitt einen schweren Schock und kam stationär ins Krankenhaus; auch Zeugen kamen unter Schock in die Obhut von Fachleuten. Neue Ritterstraße und Dießemer Bruch wurden für Stunden gesperrt.

Im Gespräch mit den Polizisten, die den Unfall aufnahmen, war Fassungslosigkeit zu spüren, dass es wieder passiert ist. Die Warnung vor dem berüchtigten toten Winkel ist ein fester Punkt in der Verkehrserziehung; es gibt spektakuläre Demonstrationen mit Lkw auf Schulhöfen; in der Theorie kennt jedes Kind dieses simple physikalische Phänomen — und der Sprecher der Polizei sagte noch einmal fast beschwörend, dass jeder Radfahrer sich klarmachen müsse: "Es gibt diesen Moment, in dem ein Lkw-Fahrer keine Chance hat, jemanden neben sich zu sehen."

Keine Chance — wieder denkt man all die Radfahrer, die man persönlich kennt: Kleine, Große, Junge, Alte; vor allem die Kleinen wie jenes zehnjährige Mädchen, das im Februar auf dem Frankenring von einem Lkw nach demselben Muster überrollt wurde, schwerstverletzt überlebte und seitdem ein Martyrium zu durchleiden hat. Wir bringen unseren Kindern Verkehrsregeln bei — solche Unfälle zeigen: Es ist zu wenig, weil das Vertrauen in Regeln den Blick für das Unerwartete, das Gefährliche trübt. Wir müssen ihnen auch beibringen, sich im Verkehr schlicht von dem viel Mächtigeren fernzuhalten — egal welche Regel gerade gilt.

So zeitigt jenes Polizisten-Wort ein Stoßgebet, ein stilles Flehen: Passt auf, bleibt zurück, seid vorsichtig, haltet Abstand, geht in Deckung, seht euch vor vor diesen schweren Rädern eines Lastkraftwagen. Alle Verkehrserziehung hilft nichts, wenn in diesem einen entscheidenden Moment, in dem sich ein Lkw nähert, die Wachsamkeit etwas nachlässt und die Angst vor dem so viel Größeren.

(RP/ac)
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