Krefeld New York Jazz wie auf den Straßen von Brooklyn

Krefeld · Das Chris Speed Trio versetzte das Publikum im Theaterfoyer in die Stimmung einer Abenddämmerung in New York.

Ein Saxofon-Trio, dessen Mitglieder über viele Jahre hinweg durch die einerseits harte, andererseits an Inspirationen überreiche Schule der New Yorker Jazz-Szene gegangen sind, gastierte auf Einladung des Jazzklubs Krefeld im Glasfoyer des Stadttheaters. Chris Speed, als Sideman begehrt und doch lange ein Geheimtipp, brachte Chris Tordini am Kontrabass und Dave King am Schlagzeug mit und hatte versprochen, zwar auch diesmal intelligent, aber nicht so intellektuell zu musizieren, wie in den letzten Jahren. Und das gelang ihm auch prächtig. Von einem einzigen Titel abgesehen, verzichtete Speed völlig auf das Überblasen als Ausdrucksmittel, kam ganz im Gegenteil mit erstaunlich wenig Druckvariationen aus und erzielte dennoch cinen absolut verbindlichen Ton und eine klare und schlüssige Phrasierung. Gestützt auf exzellente Finger- und Atemtechnik ließ er seiner Experimentierfreude dabei freien Lauf, ließ vor allem im älteren Teil des Publikums manch schöne Erinnerung an die Musik der Trios von Sonny Rollins und Joe Henderson aufsteigen. Am stärksten präsent von den großen Alten war wohl der Geist von Ornette Coleman.

Raum ließ der Bandleader auch seinen famosen Mitstreitern. Tordini verfolgte dabei häufig das Ziel, das auf dem Saxofon Gesagte auf seinem Instrument zu bestätigen, kommunizierte manchmal auf ähnliche Weise mit dem Schlagzeug, äußerte sich in seinen Soli aber um so selbstständiger und erntete mehr als einmal begeisterten Zwischenapplaus. King seinerseits fächerte ein weites Spektrum an Stilen und Genres auf, aus denen er schöpfte, mit ausgeprägtem Temperament und Profil, doch stets Ensemble-dienlich. So entstand eine stellenweise geradezu magische Bebop-Handschrift, in der etliche Eigenkompositionen und wenige Übernahmen nahtlos verschmolzen.

Von besonders intensiver lyrischer Qualität war der Titel "At The Ende Of The Day". Man konnte den Eindruck gewinnen, als streife das Saxofon ganz allein, quasi ohne Spieler, entspannt aber auch neugierig durch die Straßen von Queens oder Brooklyn, während sich die Abenddämmerung senkt.

Vermutlich muss man lange in New York gelebt und gewirkt haben, um sich jene unverwechselbare Mischung aus innerer Spannung und äußerer Coolness anzueignen, wie man sie bei Musikern unterschiedlicher Genres und anderen Künstlern aus dieser Stadt und nur aus dieser Stadt immer wieder antrifft. Das Publikum im Glasfoyer jedenfalls war hingerissen und forderte Zugabe.

(MoMe)
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