Krefeld Ostwall-Dach: Spanische Baufirma entfacht einen Gutachterstreit

Krefeld · Die Firma Bellapart hat schon im April die Arbeiten abgebrochen und jeden weiteren Austausch von Glasmodulen zu ihren Lasten abgelehnt. Stadt und Spanier haben daraufhin Gutachter beauftragt.

 Wann das Glasdach an der Ostwall-Haltestelle komplett fertig sein wird, ist unklar: Stadt und Baufirma versuchen mit Gutachtern die Ursachen herauszufinden, warum die Glasmodule Risse bekommen.

Wann das Glasdach an der Ostwall-Haltestelle komplett fertig sein wird, ist unklar: Stadt und Baufirma versuchen mit Gutachtern die Ursachen herauszufinden, warum die Glasmodule Risse bekommen.

Foto: Thomas Lammertz

Im Glasdach der Ostwall-Haltestelle fehlen neun Monate nach der Inbetriebnahme immer noch fünf Scheiben. Die spanische Baufirma Bellapart hat es abgelehnt, den Schaden auf eigene Kosten zu beheben. Mehrere Versuche waren gescheitert. Die eigens für Krefeld hergestellten Glasmodule ließen sich nicht unbeschädigt montieren. Nun haben Gutachter das Wort. Sowohl die Stadt als auch Bellapart haben Untersuchungen von Fachleuten in Auftrag gegeben, um die Ursache herauszufinden, warum die Scheiben nach der Montage Risse bekommen.

Dahinter steckt die Absicht, zu erfahren, wer für die Misere haftet. Das rund 3,5 Millionen Euro teure Dach ist ein speziell für Krefeld gebautes Unikat. Die Glasmodule aus zwei miteinander verklebten und gebogenen Scheiben haben ein eigenes Zulassungsverfahren für eine Nutzung im öffentlichen Raum durchlaufen.

Es gibt nicht wenige, die schon jetzt davon ausgehen, dass die beiden Parteien letztlich die Gerichte bemühen werden, um feststellen zu lassen, wer die Kosten für die Herstellung eines intakten und kompletten Haltestellendachs am Ostwall übernehmen muss. Ein Fertigstellungsdatum steht aus eben diesen Gründen derzeit noch in den Sternen.

Die Mitglieder des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Mobilität werden in ihrer Sitzung am Dienstag, 13. September, im Rathaus am Von-der-Leyen-Platz auf Antrag der Grünen von der Stadtverwaltung über den Sachstand informiert. Die Grünen haben insbesondere Auskunft unter dem Aspekt der Sicherheit für die Kunden der Stadtwerke und der Rheinbahn erbeten.

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Foto: Lothar Strücken

In einem schriftlichen Bericht versichert die Verwaltung, dass keine akute Gefahr bestehe. Die Schäden an den Glasmodulen seien ausschließlich Querrisse in den oberen Scheiben im Bereich des unteren, gebogenen Drittels. Die Folie und die untere Scheibe seien noch unbeschädigt. Ohne weitere Belastung bestehe derzeit kein Gefahrenpotenzial. Bei jeglicher gewichtigen Belastung (Krafteinwirkung von außen wie zum Beispiel Betreten oder auch Vandalismus - nicht Regen oder Wind -, aber gegebenenfalls dicke Schneedecke) gilt ein gerissenes Glasmodul als geschwächter Querschnitt, für den die Werte gemäß Zulassung nicht mehr greifen. Deshalb seien die Bereiche unterhalb der gerissenen Module präventiv abgesperrt. Die Dachfläche sei statisch stabil, auch wenn einzelne Glasmodule fehlen.

Zum Haltestellendach informiert die Krefelder Verwaltung, dass die Überdachung der Haltestelle Ostwall aus einer tragenden Stahlkonstruktion (Längsträger auf neun Stützenpaaren) bestehe, an welcher die Dachfläche (Glasmodule) freihängend angebracht wurde. Die Dachfläche, die aus den Glasmodulen bestehe, erhalte ihre Tragfähigkeit aus einem Zusammenspiel der Glasscheiben mit den sie umgebenden Stahlrahmen. Die Stahlrahmen seien in einer technisch neuartigen Weise mit den Glasscheiben verklebt (Silikat-Verklebung). Die Glasmodule bestünden aus einem teilgebogenen Verbundsicherheitsglas aus zwei Floatglasscheiben (Flachglas) mit einer dazwischen liegenden Folie und an drei Seiten an die Scheiben geklebten Stahlrahmen. Für dieses einmalig existierende Bauelement wurde eine "Zulassung im Einzelfall" (ZiE) durch das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr NRW erwirkt.

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Foto: Stadt Krefeld

Die Rahmen übernähmen die Funktion der Aufhängung und der Verbindung der Glasmodule untereinander sowie der Aufnahme von Kabeltrassen und des Randprofils für die Beleuchtung sowie der Abhängung der Fahrleitungsanlage. Die Glasscheiben dienten der Aussteifung in Dachebene und der nötigen Begehbarkeit für Reinigungs- und Wartungszwecke.

Während des Aufbaus der Haltestellenüberdachung sind drei Glasmodule beschädigt worden, die von der spanischen Baufirma noch vor Betriebsbeginn ausgetauscht wurden. Bis zum Betriebsbeginn rissen weitere zwei Glasmodule, die noch vor Betriebsbeginn am 23. Dezember 2015 ausgebaut, aber nicht durch neue Glasmodule ersetzt wurden, da nicht mehr genügend Zeit für die Nachproduktion verblieb. Einen Tag nach Betriebsbeginn war eine weitere Scheibe defekt. Im Februar dieses Jahres wiesen zwei weitere Glasmodule Schäden auf. Es fehlten somit fünf intakte Glasmodule.

Dazu gab es einen ersten Nachbearbeitungseinsatz von Ende März bis Anfang April. Dabei sollten zunächst die zwei fehlenden Glasmodule ergänzt werden. Das erste wurde montiert, war aber wenige Stunden später wieder beschädigt. Das zweite Modul konnte nicht montiert werden, weil es bei der Montage komplett zerstört wurde. "Daraufhin hat die Baufirma die Arbeiten abgebrochen und jeden weiteren Glasmodulaustausch zu ihren Lasten abgelehnt", berichtet die Stadtverwaltung.

(sti)
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