Krefeld Paulus-Oratorium begeistert das Publikum

Krefeld · Emmaus-Kantorei gelingt in der Friedenskirche eine schöne Zeitreise in die Klangwelt des frühen 19. Jahrhunderts.

Wird man eigentlich gesteinigt, wenn man in aller Vorsicht darauf hinweist, dass Mendelssohns Paulus - insbesondere in dem zweiten Teil - gewisse Längen hat? Wer sich noch nie dazu hat verführen lassen, bei dem spätbiedermeierlichen Oratorium etwas mehr Drama zu wünschen, werfe den ersten Stein - um im Bilde zu bleiben, dass uns so vortrefflich in die Welt von Mendelssohns op. 36 eintauchen lässt.

Indes sei betont, das - übrigens unweit von hier in Düsseldorf im Jahre 1836 uraufgeführte - Werk ist zweifelsohne innige und große Kunst, birgt zahllose musikalische Schätze in sich. Sowohl Chor, als auch Orchester und Solisten werden mit einer durch und durch phantasievollen Melodik umgarnt, zarte Pietät bahnt sich seinen Raum durch sanften Klang. Wenngleich der romantisch fortgesponnene Bachsche Oratorienstil Mendelssohn Bartholdys, bedachtes Zutun seitens der Interpreten verlangt, um das Werk würdig aufblühen zu lassen, seine Schönheiten packend und inspiriert herauszuarbeiten.

Dies gelang der Emmaus-Kantorei Willich zusammen mit dem Willicher Musikprojekt unter der Leitung von Klaus-Peter Pfeifer in der Friedenskirche überzeugend. Mit der Camerata Louis Spohr - ein für romantische Literatur bestens geeignetes, stattliches, Kammerorchester - setzte man neben vokaler Qualität, auch auf die bei diesem Werk nötige orchestrale Dimension. Hätte man der Partitur vielleicht ein bisschen mehr Würze entlocken können, bewiesen Chor wie Orchester tiefgehendes Einfühlungsvermögen. Harmonische Tempi, und ein ausgewogener Gesamtklang machten eine schon dichte Stimmung, doch große Überraschungen musikalischer Art ließen auf sich warten. Wobei der Chor durchweg Gefühl für die jeweils nötigen Register unter Beweis stellend, immer wieder berühren konnte. So etwa in dem so seelenvoll gelungenen Choral "Dir, Herr, Dir will ich mich ergeben".

Die Aufführung des Oratoriums rund um die wundersame Geschichte, vom Saulus, der durch göttliche Eingebung zum Kirchenlehrer Paulus wurde, begeisterte das Publikum aber auch mit solistischen Leistungen. Gregor Finkes, sanfter Bass ließ beispielsweise das berühmte "Gott, sei mir gnädig" zu trefflicher Entfaltung kommen. Tenor Mark Heines, mit fast schon knabenhaft jugendlichem Timbre und einer gewissen Neigung zur Naturstimme, formte den Mendelssohnschen Vokalpart gleichfalls souverän, wie Esther Borghorsts Alt. Für Sopranistin Katharina Leyhe - die leider aus familiären Gründen absagen musste - sprang freundlicher Weise ganz kurzfristig Susanne Duwe ein. Sie kennt ihren Paulus ganz offensichtlich bestens.

Eine schöne Zeitreise in die Klangwelt des frühen 19. Jahrhunderts. Natürlich gab es jubelnden Beifall.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort