Polizeipräsident Rainer Furth "Pfefferspray gibt nur Scheinsicherheit"

Krefeld · Urlaubssperre, Bewaffnung, Null-Toleranz-Taktik: Wir sprachen mit Polizeipräsident Rainer Furth über das Sicherheitskonzept der Polizei zu Karneval. Und wir wollten wissen: Wie denkt er als Bürger über mehr Videoüberwachung?

 Der Jurist Rainer Furth ist seit 2008 Polizeipräsident in Krefeld.

Der Jurist Rainer Furth ist seit 2008 Polizeipräsident in Krefeld.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Sie verdoppeln die Einsatzkräfte am Rosenmontag. Vorsichtsmaßnahme, oder ist die Gefahrenlage eine andere als früher?

Furth Nach den Ereignissen an Silvester stellt sich ein neues Kriminalitätsphänomen dar, welches nach den Vorfällen am Kölner Bahnhof in dieser Form erst bewusstgeworden ist. Dieses findet bei der Einsatzplanung der Polizei Berücksichtigung. Die Polizei ist besonders sensibilisiert und vorbereitet. Dennoch gehen wir von einem bunten und friedlichen Karnevalstreiben aus.

In dem Konzept heißt es: "Polizeibeamte werden keine Gewalt oder Übergriffe tolerieren, sondern frühzeitig intervenieren und konsequent ahnden." Ist das sonst nicht so? Gibt es keine ausgesprochene Zero-tolerance-Politik?

Furth Gewalt, sexuelle Übergriffe und Störungen wurden und werden nicht toleriert, Straftaten wurden und werden selbstverständlich konsequent verfolgt. Niedrige Eingreifschwelle heißt, dass wir noch aufmerksamer sind und frühzeitig intervenieren werden, auch wenn es zum Beispiel um Alkoholisierung im Vorfeld drohender Auseinandersetzungen noch nicht zu Straftaten gekommen ist.

Was bedeutet ein solches Konzept personell - haben Sie genug Leute?

Furth Das erforderliche Personal für die Einsatzbewältigung wird vorhanden sein. Für die Karnevalstage wurde eine Urlaubssperre verhängt. Beamte, die in den vergangenen Jahren in Rufbereitschaft waren, sind dieses Jahr vor Ort.

Gibt es in Krefeld die seit Köln berüchtigte Tätergruppe der jungen Nordafrikaner?

Furth In Krefeld leben auch Nordafrikaner. Diese sind aber bisher nicht auffällig geworden in Bezug auf das Kriminalitätsphänomen am Kölner Bahnhof.

Sind der Polizei Straftaten wie die in Köln hier in Krefeld bekannt?

Furth Nach derzeitigem Stand sind Straftaten mit dem modus operandi von Köln in Krefeld nicht bekannt.

Was halten Sie davon, dass die Leute sich mit Pfeffersprays bewaffnen?

Furth Die Polizei warnt vor Scheinsicherheit durch Pfeffersprays. Anstatt sich durch Bewaffnung eine vermeintliche Sicherheit zu schaffen, sollte man in Gefahrensituationen sofort lautstark sein Umfeld auf sich aufmerksam machen. Wenn möglich sollte man sofort selber die Polizei über den Notruf 110 alarmieren oder Passanten / Zeugen veranlassen, dies zu tun.

Stichwort Videoüberwachung. Die Rechtslage ist bekannt; können Sie verstehen, dass man kein Verständnis dafür hat, dass Videoüberwachung an K-Bahn-Haltestellen normal ist, an der Ostwallhaltestelle aber nicht? Beides ist gefühlt öffentlicher Raum.

Furth Es muss zwischen privater Videoüberwachung und Videoüberwachung der Polizei unterschieden werden. Auch an den K-Bahn-Haltestellen liegen die Voraussetzungen für eine polizeiliche Überwachung nicht vor.

Was würden Sie sich als Bürger wünschen: Dass das Recht mehr Videoüberwachung möglich macht, etwa am Theaterplatz und / oder an der Ostwallhaltestelle? Recht ist ja nicht vom Himmel gefallen, man kann es ändern.

Furth Die Polizei macht keine Gesetze. Sie hat sich nach diesen zu richten.

JENS VOSS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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