Krefeld Pilotprojekt für Flüchtlinge startet

Krefeld · Krefeld gehört zu vier Kommunen in Deutschland, die mit der Bertelsmann Stiftung Konzepte zur Integration von Flüchtlingen erprobt. Das Ziel: Die Einwanderer schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

 Unterzeichneten die Vereinbarung zur Zusammenarbeit: (von links stehend) Beate Zielke (Stadtdirektorin), Brigitta Kubsch-von Harten (Bundesagentur für Arbeit), Jürgen Steinmetz (IHK), Ralf Wimmer (Unternehmerschaft Niederrhein), Tavin Lara Turanli (Jobcenter), Hansgeorg Rehbein (Flüchtlingskoordinator); sitzend (v.l.): Heinz Frenz (Bertelsmann Stiftung), Oberbürgermeister Frank Meyer.

Unterzeichneten die Vereinbarung zur Zusammenarbeit: (von links stehend) Beate Zielke (Stadtdirektorin), Brigitta Kubsch-von Harten (Bundesagentur für Arbeit), Jürgen Steinmetz (IHK), Ralf Wimmer (Unternehmerschaft Niederrhein), Tavin Lara Turanli (Jobcenter), Hansgeorg Rehbein (Flüchtlingskoordinator); sitzend (v.l.): Heinz Frenz (Bertelsmann Stiftung), Oberbürgermeister Frank Meyer.

Foto: vo

Von den rund 4000 Flüchtlingen, die Krefeld seit 2015 aufgenommen hat, werden schätzungsweise 2000 bis 2500 Menschen dauerhaft bleiben. Um sie so schnell wie möglich auf eigene Füße zu stellen und ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen wie überhaupt ihre Integration zu befördern, hat Krefeld unter Begleitung der Bertelsmann Stiftung ein Handlungskonzept entwickelt. Beteiligt sind viele Akteure, gestern unterzeichneten sie im Rathaus eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit - mit der kleinen Zeremonie beginnt die Umsetzungsphase. "Wenn wir das nicht gut machen, wird das in 10, 15 Jahren verheerende Wirkung haben", sagte Oberbürgermeister Frank Meyer.

Nach der Phase der Unterbringung der Flüchtlinge beginne jetzt die "größere Aufgabe: die Integration derer, die dauerhaft hier bleiben", sagte Meyer. Das Ziel sei es, den Neuankömmlingen zu ermöglichen, aus eigener Kraft zu leben.

Das Konzept trägt den etwas sperrigen Namen "Arbeitsmarktintegration von Neuzugewanderten in Krefeld". Meyer betonte, man wolle Flüchtlingen natürlich Lernangebote machen, aber auch klar Erwartungen formulieren. Er zeigte sich froh darüber, dass sich für dieses Konzept Unternehmen, Wohlfahrtsverbände, Zivilgesellschaft und die Stiftung zusammengefunden hätten.

Wie Flüchtlingskoordinator Hansgeorg Rehbein erläuterte, haben die für diese Aufgaben relevanten Akteure seit Juni vergangenen Jahres das Konzept erarbeitet und ihre Vernetzung organisiert - gemeint sind 13 Anlaufstellen von der Agentur der Arbeit über diverse Stellen in der Verwaltung bis hin zu Vertretern der Wirtschaft. Sie alle wollen ihre Aktivitäten im Umgang mit Flüchtlingen bündeln und aufeinander abstimmen.

Eine Idee: Flüchtlinge sollen Laufmappen erhalten, die sie bei ihrem Weg von Institution zu Institution mit sich führen und in denen Informationen und Maßnahmen dokumentiert sind - so weiß jeder, wo im Integrationsprozess ein Einwanderer steht.

Weiteres Ziel: die Entwicklung von "Förderketten", in denen Einzelmaßnahmen wie aufeinander aufbauende Sprachkurse oder berufsvorbereitende Praktika nahtlos aneinanderschließen - bislang, resümiert Rehbein, sei es immer noch ein Problem, dass etwa Sprachkurse nahtlos weitergehen. Ein Ziel auch: ein Lotsen- und Patensystem auszubauen, in dem Flüchtlinge Hilfe auf dem Weg durch das deutsche Verwaltungs-, Bildung- und Ausbildungswesen erhalten. "Wenn ein Flüchtling nicht begleitet wird, wird er es schwer haben", sagt Rehbein. Die IHK hat bereits das Modell von "Willkommenslotsen" entwickelt. Die Lotsen analysieren mit den Flüchtlingen, was sie können und brauchen. "Wir haben bislang 83 Praktikantstellen, vier Einstiegsqualifikationen und elf Ausbildungsverträge vermittelt", resümiert Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein. Die Unternehmer, betont er, seien sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst; es gehe bei all dem auch darum, den Fachkräftebedarf "ein Stück weit" zu decken. Jung genug sind die Einwanderer: 35 Prozent seien unter 18 Jahre alt, 80 Prozent unter 35, berichtet Rehbein.

Die Bertelsmann Stiftung versteht sich in dem Prozess als Moderator und Multiplikator. Für die Pilotphase hat die Stiftung vier Kommunen unterschiedlicher Prägung ausgewählt - von der Großstadt bis zum Landkreis. "Die Ausgangslage ist sehr unterschiedlich, jede Kommune braucht ein eigenes Konzept", sagt Heinz Frenz für die Stiftung. Die Ergebnisse aller Kommunen werden geteilt - die Stiftung hat ein "Lernnetzwerk" etabliert; einmal im Quartal gibt es Treffen, bei denen sich die Kommunen über Erfahrungen und Ideen austauchen können.

Die Arbeit im Rahmen des Konzeptes ist in Teilen angelaufen, berichtet Rehbein: Es gibt Kompetenzfeststellungsverfahren für Flüchtlinge; die IHK hat einen Leitfaden für Arbeitgeber entwickelt, die Flüchtlinge einstellen oder ihnen ein Praktikum geben wollen; es gibt zahlreiche Sprachkurse und "Informations- und Motivationsgespräche" für Flüchtlinge und Kurse über Demokratie und Menschenrechte. Ab sofort soll dieser Weg intensiv weiterbeschritten werden.

(RP)
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