Krefeld Präses Rekowski: Was bei Luther Bestand hat

Krefeld · Ein Thema: Familien haben fast nur noch sonntags Zeit füreinander - zu Lasten des Gottesdienstes.

 Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und höchster Repräsentant von 2,6 Millionen Protestanten, sprach und debattierte in der Lutherkirche.

Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und höchster Repräsentant von 2,6 Millionen Protestanten, sprach und debattierte in der Lutherkirche.

Foto: T.L.

Regen Zulauf fand der zweite Montagsvortrag der Reihe "Quo Vaditis?" zum Reformationsjubiläum in der Lutherkirche. Es sprach Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) und damit höchster Repräsentant von 2,6 Millionen Protestanten einer Landeskirche, die sich zwischen Emmerich und Saarbrücken erstreckt. Rekowskis Thema: "Reformatorisch Kirche sein".

Der Theologe nahm den Begriff "Reformation" beim Wort und stellte die "Veränderung des Menschen" durch das ihn angehende Wort Gottes in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. Schon Paulus habe die "neuen Möglichkeiten" gepriesen, die sich aus der Gemeinschaft mit Christus ergäben, und gerade heute seien die christlichen Gemeinden "nicht sortenrein nach Nationen" konstituiert und auch nicht als homogene Freundeskreise. In Zeiten, da mancherorts wieder Mauern gebaut würden, könne der Glaube zum Einreißen von Mauern und zum Überwinden von Gräben und Grenzen motivieren. Manches an Luthers Thesen und Lehren könne man kritisieren oder verwerfen, doch eine Aussage hätte Bestand: Christenmenschen seien prinzipiell frei, jedoch gebunden in ihrer Verantwortung und Verpflichtung ihren Mitmenschen gegenüber. Dies gelte für den Nächsten ebenso wie für den "fernen Nächsten", und darunter verstand Rekowski zum Beispiel die Gläubigen der "Nachbar-Religionen".

Nicht auf die Verkündigung festgelegter Dogmen komme es im Protestantismus an, sondern auf die Schärfung des Gewissens im Angesicht von mehr als nur einer ethischen Perspektive, auf das "Sprechen über Maßstäbe, nicht über Maßnahmen". Er erinnerte an die "Barmer Erklärung" von 1934 und zitierte Hanns Dieter Hüsch mit dem herrlichen Satz: "Ich bin vergnügt, erlöst, befreit, ...weil mich mein Gott das Lachen lehrt wohl über alle Welt." Seine Zuversicht wurde indes nicht von allen Zuhörern geteilt. In der Diskussion, der sich auch Superintendent Burkhard Kamphausen stellte, kam auch zur Sprache, dass die immer lückenlosere Beanspruchung durch Arbeit den Sonntagmorgen oft als einzige Zeitinsel für die Familie übrig lasse - zu Lasten des Gottesdienstes - und dass die Verantwortung für die Mitmenschen zwar in vielen Gemeinden an der Basis praktiziert werde, dass die Kirche als solche aber viel zu selten und viel zu leise Stellung beziehe zu den großen gesellschaftlichen und internationalen Konfliktthemen.

Unbestritten dagegen blieb Karlheinz Schüfflers Statement, dass die Musik ein integraler Bestandteil und keineswegs nur Beiwerk des Gottesdienstes sei. Sein Vortrag der Meditation "A la cher maman" von Jacques Roux (1899 - 1979) auf der wunderbaren Walcker-Orgel bereitete uneingeschränkt Freude.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort