Krefeld Raabe weiß, was Frauen wünschen

Krefeld · "Heute nacht oder nie" – so begann Max Raabe am Dienstag im fast ausverkauften Seidenweberhaus, und das Publikum fraß ihm von Anbeginn aus der Hand.

Die Lieder, so erzählte er zur Einstimmung, kreisten sämtlich um die Fragen: "Wie lernt man sich kennen, wie kommt man sich näher und wie wird man sich wieder los?", und schon seine humorigen Ansagen sprach er mit der blasierten Coolness eines britischen Butlers, aber stets mit dem markant gerollten "R", das zu einem seiner Markenzeichen geworden ist.

Es folgten "Singin' In The Rain", "Bei mir bist du scheijn" und "Veronika, der Lenz ist da", stets mit Nennung des Entstehungsjahrs und der Namen ihrer Autoren. "Ich küsse ihre Hand, Madame" säuselte er, und viel mehr trauen ihm vielleicht manche Männer auch nicht zu.

Raabe hat, auf den ersten Blick, die Ausstrahlung eines Reißbrettgeschöpfs. Abgezirkelt jede seiner Bewegungen, wenn er in den kurzen Gesangspausen aus dem Lichtkegel zum Flügel schreitet, sich dort in stets gleicher Pose anlehnt, den Blick im stets gleichen Halbkreis vom Pianisten über das Publikum hinweg zu seinem Palastorchester schweifen lässt und sich wieder ans Mikrophon begibt. Da steht er kerzengerade, die Hände emotionslos seitlich herabhängend. Sein Bariton schwingt sich mühelos bis in die Höhen des Kastratensoprans, den er auch häufig nutzt, und auch sonst scheint kein Hauch von Testosteron seine Stimmführung zu stören.

Aber in diesem scheinbaren Nichts die Spannung zu halten, die sich aus dem Gegensatz zwischen frechen, mitunter frivolen Texten und vorgetäuschter Leidenschaftslosigkeit ergibt, das ist die hohe Kunst des Max Raabe und macht den Reiz des sprichwörtlich stillen Wassers aus.

Raabe weiß, was Frauen wünschen, aber auch die Männer lagen ganz in seinem Bann. Die Suggestivkraft, die der Sänger entfaltete, hatte schon fast etwas Unheimliches.

Unter die immergrünen Schlager der 1920er und 30er Jahre hatte Raabe auch weniger bekannte gemischt wie "Mir ist so nach Dir" oder "Du bist nicht die Erste". Auch rhythmisch schuf er viel Abwechslung von Swing über Tango und Paso Doble bis zur romantischen Ballade, und stützte sich dabei auf ein Orchester, das ihm an Perfektion und Disziplin in nichts nachstand. Die Geigerin Cecilia Crisafulli und Ian Wekwerth am Piano seien besonders hervorgehoben.

Das Publikum war nach zwei prallen Sets völlig aus dem Häuschen, und Raabe setzte noch mal nach: "War'n Sie schon mal in mich verliebt?" und – natürlich – "Mein kleiner grüner Kaktus".

(RP)
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