Krefeld Rheinufer verwandelt sich in Open-Air-Galerie

Krefeld · Wo früher an der Uerdinger Rheinfront gleich hinter dem markanten weiß gestrichenen Kran die Spedition Balthasar Erlenwein Güter einlagerte, ist für die "Rhine Side Gallery" eine Schaufläche der künstlerischen Subkultur entstanden. 15 Street-Art-Künstler aus Deutschland, Italien, Israel, Marokko, Mexiko, den Niederlanden, Polen, Russland, der Ukraine und den USA nutzten sieben Tage lang den bröckelnden Charme des Geländes am Zollhof 6, um auf Böden, Hauswänden, Containern und Mauern der unteren Werft in der heute für die Street Art typischen 3D-Malweise möglichst viele Menschen anzusprechen.

Krefeld: Rheinufer verwandelt sich in Open-Air-Galerie
Foto: samla.de

Viele von ihnen waren bereits vor zwei Jahren bei der Wood Art Gallery im Hülser Umweltzentrum dabei. Zwei von ihnen haben gerade auf dem "Dubai Canvas" den ersten und den zweiten Preis abgeräumt. Der erste Preis war immerhin mit 300.000 Dollar dotiert, ein Zeichen, dass das Establishment das bisherige Schmuddelkind Street Art entdeckt hat und für kommerzielle und politische Zwecke zu nutzen beginnt. So werden heute Wandgemälde von Banky, Shepard Fairey oder dem Franzosen Mr. Brainwash von Fachleuten vorsichtig abgetragen und ausgestellt.

Marion Ruthardt aus Rheinhausen hat eine rissige Asphaltfläche auf der unteren Werft gleich hinter einem italienischen Kollegen für eine großflächige 3D-Bildkomposition belegt. Von steilen Klippen gesäumt bahnt sich ein schäumender Fluss seinen Weg. Aus den Fluten springt eine wilde Reiterin dem Betrachter entgegen. Die Malerin benutzt Acryl- und wasserbeständige Wandfarben. Immer wieder blickt Ruthardt durch ein großes Prismenglas und überprüft die räumliche Wirkung. Eine meterlange längs durch das Gemälde gespannte Schnur hilft ihr, die richtige Perspektive beizubehalten.

 15 Street-Art-Künstler aus Deutschland, Italien, Israel, Marokko, Mexiko, den Niederlanden, Polen, Russland, der Ukraine und den USA nutzten sieben Tage lang den Charme des Geländes am Zollhof, um auf Böden, Häusern, Containern und Mauern der unteren Werft in typischer Street-Art-3D-Malweise möglichst viele Menschen anzusprechen.

15 Street-Art-Künstler aus Deutschland, Italien, Israel, Marokko, Mexiko, den Niederlanden, Polen, Russland, der Ukraine und den USA nutzten sieben Tage lang den Charme des Geländes am Zollhof, um auf Böden, Häusern, Containern und Mauern der unteren Werft in typischer Street-Art-3D-Malweise möglichst viele Menschen anzusprechen.

Foto: samla.de

Die 3D-Technik erhält ihre verblüffende Wirkung durch die Anamorphose genannte Verzerrungstechnik, auf die Ruthardt ihre volle Konzentration richtet. Sie ist für die Australierin Jenny McCracken eingesprungen, die einen Auftrag nicht rechtzeitig abschließen konnte. "Es gibt in Deutschland nur ein gutes Dutzend Street-Art-Maler, die von ihrer Kunst auch leben können. Jeder kennt jeden, wir sind wie eine große Familie. Da wir uns immer wieder auf den einschlägigen Festivals treffen, auf denen wir mangels eines Wettbewerbscharakters nicht gegeneinander gehetzt werden, gehen wir pfleglich miteinander um", sagt die Malerin, die nach dem Abitur in Kevelaer eine Lehre als Zierpflanzengärtnerin gemacht hat. Als sie sich an dem Street Art Festival in Geldern beteiligte, merkte sie, dass ihre Art zu malen ankam. Schließlich machte sie die Straßenmalerei zu ihrem Beruf. "Wir alle hier führen ein geregeltes Künstlerleben, auch wenn wir von Festival zu Festival fahren, um weitergehende Aufträge zu erhalten", sagt Ruthardt. "Das ist keine Bohéme." Sie ist froh über die Winterpause, die etwa mit dem großen Street-Art-Festival auf dem alten Flugfeld von Venice/Florida endet. Erst im März geht es dann wieder los. In dieser Zeit können sich Rücken und Knie wieder erholen, denn die Street-Art-Malerei auf Straßen und Flächen jeder Art ist strapaziös.

Tausendmal sei sie durch Uerdingen durchgefahren. Bei dem Event an der Rheinfront erkenne sie den Reiz der am Rhein gelegenen Altstadt. Dieser persönliche Perspektivwechsel habe sie zu einem Bild inspiriert, das einen Fluss darstelle.

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Gregor Wosik arbeitet mit einem ukrainischen Kollegen an der Fassade der alten Lagerhalle an einem Monumentalbild in 3D-Malerei, das ein säulenverkleidetes Tor zeigt, das den Blick auf eine liebliche Meerlandschaft öffnet. Über ihnen, von einem Hubwagen in luftige Höhen getragen, arbeitet der Ukrainer Alex Maksiov Tiermotive an die Wand auf. Wosik kommt es vor allem auf die Integration der rechteckigen Fenster des Obergeschosses an. Der in Mönchengladbach lebende Oberschlesier liebt Monumentales. 2012 hat er in Venice das mit 670 Quadratmetern bis dahin größte Gemälde der Welt geschaffen.

Der Mexikaner Roberto Trevino Rodriguez hat auf einen großen Betonwinkelstein zwei Gesichter von auf der Straße lebenden Nichtsesshaften aufgetragen. Die sehr lebendig wirkenden Schwarz-Weiß-Abbildungen hat er nach Fotos gemalt und dann mit Ritztechniken überarbeitet.

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Organisiert hat diesen Street Art - Event Frederike Wouters. Die junge Straßenmalerin betreibt eine Event-Agentur für Straßenmalerei. Dieses Medium, das seinen Anfang vor vielen Jahren in Italien mit der Madonnari-Pflastermalerei seinen Anfang genommen und inzwischen vielfältige Darstellungsmöglichkeiten zwischen realer und surrealer Welt entwickelt hat, bietet nach Wouters Ansicht am besten Betrachtern jeden Bildungsstandes einen Zugang zur Interpretation des Gesehenen. Damit die Künstler leben können, sind noch viel mehr Festivals nötig.

Kontakt: Frederike. Wouters@t-online.de www.freddart.de und ruthardmaya@aol.com Beide sind auch auf facebook zu finden.

(oes)
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