Krefeld Sammlung von Alttextilien: Pleite der Stadt vor Gericht

Krefeld · Die Stadt hat mit dem Orangen Sack ein eigenes System an den Start gebracht. Das OVG Münster hat gestern der gewerblichen Konkurrenz vorläufig erlaubt, trotz Verbots unter anderem in Krefeld tätig zu werden.

 Wilfried Gossen, Geschäftsführer der Gesellschaft für Städtereinigung und Abfallwirtschaft Krefeld GmbH (GSAK), und Beigeordneter Thomas Visser von der Stadt Krefeld stellen das Sammelsystem Oranger Sack vor.

Wilfried Gossen, Geschäftsführer der Gesellschaft für Städtereinigung und Abfallwirtschaft Krefeld GmbH (GSAK), und Beigeordneter Thomas Visser von der Stadt Krefeld stellen das Sammelsystem Oranger Sack vor.

Foto: Thomas lammertz

Zuerst zog die Stadt Krefeld wegen ihrer Sammlung und Verwertung von Alttextilien und des wahrscheinlichen Exports in die Dritte Welt aus moralisch-ethischen Gründen die Kritik vor allem kirchlicher Gruppen auf sich. Jetzt gerät die Handhabung des Geschäftsmodells "Oranger Sack" auch juristisch ins Wanken.

Der 20. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster hat gestern einem gewerblichen Alttextiliensammler in Verfahren gegen die Städte Krefeld, Leverkusen, Herne und den Kreis Steinfurt vorläufigen Rechtsschutz gewährt und deren Verbote, im Kommunalgebiet Sammelcontainer aufzustellen, für unwirksam erklärt.

Seit dem 1. Juli sammelt die GSAK (Gesellschaft für Städtereinigung und Abfallwirtschaft Krefeld GmbH) im Auftrag der Stadt Alttextilien in Orangen Säcken ein. Mit dieser Aktion zielt die Kommune vor allen Dingen auf die Textilmengen, die bislang in der grauen Tonne entsorgt wurden und in die Müllverbrennung gelangt sind. Nach einer Studie sind das 8,5 Kilogramm Kleidung und Stoffe pro Einwohner im Jahr. In der Summe also ein Potenzial von etwa 2000 Tonnen. Bei Verwertungserlösen von etwa 300 Euro pro Tonne lasse sich das Sammeln wirtschaftlich darstellen, erklärten die Verantwortlichen bei der Vorstellung des Vorhabens im Mai.

Die Stadt hat die Genehmigungen für gewerbliche Sammler bis zum 30. Juni dieses Jahres befristet. Danach sei ihnen das Geschäft in Krefeld untersagt, lediglich gemeinnützige Organisationen seien vom Verbot ausgenommen. Dass die Kommune mit ihrer Rechtsauffassung womöglich falsch liegt, darauf deutet die Entscheidung des OVG von gestern.

Der 20. Senat erklärte, "seit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 sind gewerbliche ebenso wie gemeinnützige Sammlungen von Abfällen aus privaten Haushaltungen anzeigepflichtig. Dementsprechend hatte das Unternehmen seine gewerblichen Alttextiliensammlungen jeweils angezeigt.

Die Behörden untersagten die Sammlungen jeweils mit sofortiger Wirkung und führten zur Begründung unterschiedliche Gesichtspunkte an: Das Unternehmen sei unzuverlässig, weil es ohne Sondernutzungserlaubnis Sammelcontainer im öffentlichen Straßenraum aufgestellt habe; die Sammlungsanzeige sei nicht vollständig gewesen, insbesondere fehlten Angaben zu den genauen Containerstandorten; die Sammlung konkurriere mit einer bereits bestehenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.

Nunmehr hat das OVG die Sammlung eines Privatunternehmens vorläufig erlaubt. Zur Begründung hat das OVG ausgeführt: Bei summarischer Prüfung lasse sich eine offensichtliche Rechtmäßigkeit der behördlichen Untersagungsverfügungen nicht feststellen. Die Sammlungsuntersagungen beeinträchtigten das Unternehmen im Bereich grundrechtlich geschützter Betätigung, was schwer wiege.

Eine vergleichbar starke Beeinträchtigung öffentlicher Interessen für den Fall, dass die gewerblichen Sammlungen vorübergehend zugelassen würden, sich die von den Behörden verfügten Untersagungen in den Hauptsacheverfahren jedoch als rechtmäßig herausstellten, lasse sich nicht feststellen.

Die Stadt war gestern Nachmittag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die GSAK sei lediglich ausführendes Organ, die juristische Bewertung von der Kommune vorzunehmen, erklärte Dorothee Winkmann, Sprecherin des Mutterkonzerns SWK. GSAK-Geschäftsführer Wilfried Gossen sieht die Angelegenheit entspannt und seine Margen nicht gefährdet. "Wir zielen auf die Mengen, die bislang dem Markt nicht zur Verfügung standen, weil sie in der Vergangenheit in die Müllverbrennung gelangten."

Welche Firma die Krefelder Alttextilien in Zukunft verwertet, steht noch nicht fest. Derzeit lagern die GSAK die Mengen in der Halle für Streusalz zwischen. Die nach einer Ausschreibung eingegangenen Angebote werden Ende Juli gesichtet und der günstigste Anbieter ausgewählt.

(RP)
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