Krefeld Schauspieler-Ehepaar bewegt mit Hebbels "Judith"

Krefeld · Geschichten aus der Antike - oder auch ganz explizit aus der Heiligen Schrift - eignen sich ganz vortrefflich, sie mit weitergehenden Bedeutungsebenen aufzuladen und in metaphorische Höhen zu transformieren. Viele Künstler, im Besonderen auch Dichter, haben im Laufe der Geschichte den Reiz erkannt, das Altertümliche und hinter dem Schleier des Vor-vor-vergangenen Liegende als Vorlage für ihre Werke zu nutzen und tiefergehende, oft auch philosophische Gedanken zu transportieren.

 Katalyn Zsigmondy und August Zirner schlüpften lesend in ungezählte Rollen, um "Judith" lebendig werden zu lassen.

Katalyn Zsigmondy und August Zirner schlüpften lesend in ungezählte Rollen, um "Judith" lebendig werden zu lassen.

Foto: T. Lammertz

Geschichten aus der Antike - oder auch ganz explizit aus der Heiligen Schrift - eignen sich ganz vortrefflich, sie mit weitergehenden Bedeutungsebenen aufzuladen und in metaphorische Höhen zu transformieren.

Viele Künstler, im Besonderen auch Dichter, haben im Laufe der Geschichte den Reiz erkannt, das Altertümliche und hinter dem Schleier des Vor-vor-vergangenen Liegende als Vorlage für ihre Werke zu nutzen und tiefergehende, oft auch philosophische Gedanken zu transportieren.

Friedrich Hebbel variiert in seinem 1840 aufgeführten Drama die sagenumwobene Geschichte der Judith. Die aus dem biblischen entlehnte Geschichte, in der die schöne Judith den Kriegsherrn Holofernes in seinem Heerlager enthauptet und so die Stadt Bethulien vor den Truppen Nebukadnezars rettet, war nun in einer überaus inspirierten Lesung in der Reihe Habima in der Jüdischen Gemeinde zu erleben.

Katalyn Zsigmondy und August Zirner sind dem Publikum bestens bekannt und ließen Hebbels "Judith" in einer kondensierten Form vor dem inneren Auge der Zuschauer zu markanten Bildern werden. Es ist ein Wagnis, die ungezählten Rollen und Szenarien der Tragödie allein durch Wort und Ausdruck zu beleben. Dem Schauspielerehepaar gelang es - in unterschiedliche Rollen schlüpfend -, Hebbels Geschichte auch mit Rücksicht auf die inneren und äußeren Spannungsfelder der Figuren plastisch zu formen.

Judith in Hebbels Tragödie ist gefangen durch eine tief in ihrer Lebensgeschichte begründeten Zerrissenheit. Sie ist vielleicht Opfer und Täter zugleich, weniger nur eine von Gott und Gottesfurcht gelenkte übermütige Retterin des israelischen Volkes, sondern vielmehr eine Frau, die letztendlich um Achtung und Beachtung kämpft. Sie ist nach der Tat paralysiert; ist nicht die siegreiche jubelnde Retterin. Eine Vergewaltigte, eine zu einem Objekt Erniedrigte, die sich sorgt, von ihrem Peiniger schwanger geworden zu sein. Die sterben möchte, falls sie ein Kind des Holofernes in sich trägt. Ob Holofernes, ob Mirza oder die Magd Judiths - die Figuren könnten nicht doppelbödiger sein. Rückt das Triebhafte in all seinen Ausprägungen unignorierbar in den Fokus, an deren Kräften die Figuren scheitern? Diese Frage drängt sich auf.

Doch überzeichnen Zirner und Zsigmondy nicht. Beide lassen oft mehr erahnen als mit zu großer sprachlichen Geste zu überzeichnen.

Ein Abend, der einem lange im Gedächtnis bleibt und nachreift; wenngleich die Geschichte hohe Aufmerksamkeit von den Zuhörern fordert und beileibe keine leichte Kost ist.

(RP)
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