Krefeld Schleichwege rund ums Samtweberviertel

Krefeld · Im Rahmen des Festivals "Viertelplus", das noch bis Sonntag im West- und Südwestbezirk gefeiert wird, führten Jennifer Aksu, Judith Cleve und Julia Wellmann Interessenten durch weitgehend unbekannte Wege und Gassen.

 Der Hinterhof-Platz verbindet die Dreikönigen- mit der Marktstraße und wird sowohl als Spielplatz wie auch als Schleichweg zur Abkürzung benutzt. Nachts ist er geschlossen. Die Skulptur im Vordergrund gab dem "Kugel-Platz" seinen Namen.

Der Hinterhof-Platz verbindet die Dreikönigen- mit der Marktstraße und wird sowohl als Spielplatz wie auch als Schleichweg zur Abkürzung benutzt. Nachts ist er geschlossen. Die Skulptur im Vordergrund gab dem "Kugel-Platz" seinen Namen.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Schleichwege, die nur die Bewohner der Viertel im Krefelder Westen und Südwesten kennen, hat das Projektteam mit Jennifer Aksu, Judith Cleve und Julia Wellmann ausgesucht, um sie auch anderen Besuchern beim Festival "Viertelplus" näherzubringen, das - wie berichtet - noch bis Sonntag mit verschiedenen Aktionen gefeiert wird.

 Die Gasse zwischen Hubertusstraße und Westwall heißt "Zum alten Grünen Weg". Grün sind immerhin die Rankpflanzen und die Garagentore.

Die Gasse zwischen Hubertusstraße und Westwall heißt "Zum alten Grünen Weg". Grün sind immerhin die Rankpflanzen und die Garagentore.

Foto: T. Lammertz

Der erste Weg, den die Teilnehmer eines Rundgangs kennenlernen konnten, führt einmal quer durch den Block. In der Nähe der Gaststätte "Yol" an der Dreikönigenstraße biegt die Gruppe in einen Durchgang ein und gelangt zum "Kugel-Platz", einem Platz, der von der Stadt als öffentliche Grünfläche ausgewiesen ist. "Meine Freundin wohnte hier," berichtet ein Teilnehmer. "Ich habe häufig auf dem Balkon gestanden und auf den Platz geschaut und mich gewundert, wo der Zugang ist." Zwischen 7.30 Uhr und Einbruch der Dämmerung ist das Tor an der Dreikönigenstraße offen. Der Platz dient als Schleichweg zur Marktstraße. "Hier funktioniert ein Hinterhof als so genanntes Durchhaus, wie es in anderen Städten, beispielsweise in Wien üblich ist", erklärt Jennifer Aksu aus Berlin.

Die 30-Jährige hat gemeinsam mit den Krefelderinnen Judith Cleve und Julia Wellmann die "Schleichwege" entwickelt. Die Theaterwissenschaftlerin ist seit mehreren Jahren selbstständig und gehört unter anderem zum Team von Invisible Playground, das ortsspezifische Spiele entwickelt. "Mich interessiert, wie Systeme funktionieren"; erklärt Aksu. "Eine Stadt ist ein Produkt aus Koproduktionen von allen, die in dieser Stadt leben und arbeiten." Das Trio entwickelte dieses Modellprojekt des Schleichwege-Rundgangs in Krefeld, das sich auf jede andere Stadt übertragen lasse.

"Viele aus unserem Bekanntenkreis haben uns ihre Wege verraten und weiterempfohlen", erklär Julia Wellmann. Sie studiert Soziale Arbeit und macht gerade ihren Master im Studiengang "Urbane Systeme". Jeder habe seine eigenen Schleichwege und nutze sie, aber in der Regel rede keiner darüber, erklärt sie. Dass diese Wege im Alltag eines jeden vorkommen, ob Fußgänger, Fahrrad- oder Autofahrer, falle erst auf, wenn Menschen gemeinsam unterwegs seien.

Ein halbes Jahr lang haben die Frauen Wege in Krefeld gesammelt und in einer Schleichwege-Karte zusammengefasst. Sie ist in unterschiedliche Kategorien unterteilt: Manche Schleichwege werden als Abkürzung genutzt, andere als Umgehung von Trubel, wieder andere sind einfach eine Entdeckung wert und bieten Gelegenheit innezuhalten. "Da die Karte keine alltägliche Karte ist, haben wir dafür auch kein Papier verwendet, sondern thermoplastischen Kunststoff", erklärt Kommunikationsdesignerin Judith Cleve. Gefaltet passt die orangefarbene Karte in jede Hosentasche und geht auch bei Nässe nicht gleich kaputt. Platz zum Notieren eigener Entdeckungen gibt es auch.

Der Klassiker der Schleichwege in Krefeld ist der mit dem Namen "Zum alten grünen Weg", der zwischen Hubertusstraße und Westwall durch Hinterhöfe und alte Garagenanlagen führt. "Go green" nennen ihn die drei Frauen. Einen weiteren Schleichweg beschreiben die drei Frauen als den "wahrscheinlich schönsten Weg vom Samtweberviertel in Richtung Innenstadt": Er trägt den Titel "Urbane Poesie" und führt vom Alexanderplatz zum Anne-Frank-Platz über ein paar Umwege und Abstecher entlang alter Häuser durch versteckte Quartiere und dem "wunderbar-hässlichsten" Graffiti an der kleinen Mittelstraße.

Natürlich führen das Trio sein Projekt, das durch die Urbane Nachbarschaft Samtweberei finanziert wurde, weiter. "Schleichwege sind unerschöpflich", sagt Julia Wellmann, und ihre Begeisterung ist ihr anzusehen.

(RP)
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