Krefeld Seidenweberhaus vor 40 Jahren eröffnet

Krefeld · Es sind muntere und vergnügliche Erinnerungen: Die damaligen Geschäftsführer, Günter Baier und Günter Ihlenfeld, blicken auf die Eröffnung und die Anfänge zurück. Sie halten das Seidenweberhaus übrigens nicht für denkmalwürdig.

Animationen: Pläne für das Seidenweberhaus
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Animationen: Pläne für das Seidenweberhaus

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Foto: Animation Architekt Reymann

Mit einer dreitägigen Feier wurde vor genau 40 Jahren - von Freitag bis Sonntag, 10. bis 12. Januar 1976 - das Seidenweberhaus eröffnet. Dafür hatten sich die Verantwortlichen um Geschäftsführer Günter Baier und seinen Stellvertreter Günter Ihlenfeld allerlei einfallen lassen. Der Clou: Alle Krefelder wurden aufgerufen, die Festtage selbst zu gestalten. "Vor allem wollten wir der damals schon verbreiteten Kritik an dem ,Betonklotz' eine glanzvolle Eröffnungsparty entgegensetzen", blicken die heute 76- und 65-jährigen Krefelder in einem Gespräch mit unserer Redaktion zurück.

"Schon Ende 1975 hatten wir in der ganzen Stadt Plakate aufgehängt, mit denen wir wirklich alle Krefelder einladen wollten - sowohl die Ja-, als auch die Nein- und die Jein-Sager", erzählt Baier. "Theo Windges hatte für diese Plakate Strichmännchen mit den entsprechenden Lippenstellungen gezeichnet: lächelnd, ührig und neutral."

 Oberbürgermeister Hansheinz Hauser spricht anlässlich des Richtfests 1975 vor dem Seidenweberhaus. Im Hintergrund: die damalige Bücherei.

Oberbürgermeister Hansheinz Hauser spricht anlässlich des Richtfests 1975 vor dem Seidenweberhaus. Im Hintergrund: die damalige Bücherei.

Foto: Stadt Krefeld

Die Aktion war ein voller Erfolg, denn die Krefelder, die aufgefordert waren, an dem Freitagabend je eine Blume mitzubringen, strömten in Scharen zum Theaterplatz. "Wir wollten so den größten Blumenstrauß der Welt zusammenstellen", berichtet Günter Ihlenfeld. Und das gelang auch. "Wir kamen damit tatsächlich ins Guinness-Buch der Rekorde." Oberbürgermeister Hansheinz Hauser hielt eine Eröffnungsrede, die Niederrheinischen Sinfoniker spielten, und Creinvelt-Baas Hanns Kockers brillierte als Weber in der Verkleidung des Meister-Ponzelar-Denkmals vom Südwall.

"Samstag und Sonntag war dann Rambazamba in allen Räumen: In einem Saal sangen nur Chöre, im anderen gab es Jazzmusik von Krefelder Bands. Karnevalisten präsentierten ihre Tanzgarden, und für Stimmungsmusik sorgten Fanfarenzüge und der zu dieser Zeit sehr beliebte Mr. Hammond, der unablässig in die Tasten haute und nur sehr schwer zum Aufhören zu bewegen war", erzählt der damalige Geschäftsführer - heute sichtlich amüsiert. Der Sonntag war im Besonderen den Krefelder Senioren gewidmet und wurde von Rudi Neuhausen moderiert. Neben anderen sorgten die "Krähen" für das Bühnenprogramm.

 Den größten Blumenstrauß der Welt stellten Florist Karl Lenzen und Mitarbeiterin Katharina Schlütter im Foyer zusammen.

Den größten Blumenstrauß der Welt stellten Florist Karl Lenzen und Mitarbeiterin Katharina Schlütter im Foyer zusammen.

Foto: www.krefelder-fotoarchiv.de

Die beiden Geschäftsführer hatten zu ihrer Zeit jede Menge Ideen und lustige Einfälle: "Gleich in der ersten Karnevalssession im Seidenweberhaus haben wir bei einem Aufzug des Prinzenpaares, Charly und Lydia Berkemeyer, die Prinzessin in die Künstlergarderobe entführt, um ein Fass Bier zu erpressen. Zunächst hatte keiner was mitbekommen; aber dann entstand große Aufregung, und der Adju der Prinzessin war völlig daneben. Die Karnevalisten hatten eine gänzlich andere Auffassung von Humor und waren stinksauer. Wir haben kein Bier, aber schließlich die Absolution gekriegt", berichtet der damalige Geschäftsführer.

 Tausende Krefelder feierten drei Tage lang die Eröffnung ihrer "Guten Stube"; der große Saal war am ersten Tag bis hinauf in die oberen Ränge gefüllt.

Tausende Krefelder feierten drei Tage lang die Eröffnung ihrer "Guten Stube"; der große Saal war am ersten Tag bis hinauf in die oberen Ränge gefüllt.

Foto: www.krefelder-fotoarchiv.de

Als gelernter Messekaufmann beziehungsweise Architekturstudent hatten Baier und Ihlenfeld erstmals die Aufgabe übernommen, eine Stadthalle zu leiten. "Wir hatten keine Übung und das Aufstellen von Stuhlreihen und das Nummerieren auch der einzelnen Stühle unterschätzt. So musste das Publikum vor der allerersten Veranstaltung im Seidenweberhaus eine halbe Stunde lang vor dem Saal warten, bis das Konzert des berühmten Cellisten Professor Siegfried Palm beginnen konnte", erzählen die beiden. Dass dann während des Konzerts eine in der Klimaanlage vergessene und scheppernde Cola-Dose den Kunstgenuss trübte, gehört zu den schon bekannten Episoden aus der Anfangszeit des Hauses.

 Viel zu lachen gab es beim Gespräch mit Günter Baier (l.) und seinem Stellvertreter Günter Ihlenfeld im Hause Baier. Im Hintergrund ein Gemälde vom Theaterplatz mit Seidenweberhaus von Herbert Zangs.

Viel zu lachen gab es beim Gespräch mit Günter Baier (l.) und seinem Stellvertreter Günter Ihlenfeld im Hause Baier. Im Hintergrund ein Gemälde vom Theaterplatz mit Seidenweberhaus von Herbert Zangs.

Foto: Marc Mocnik

Das Geschäftsjahr umfasste damals zehn Monate mit 400 bis 500 Veranstaltungen, die teils parallel in allen drei Sälen abliefen. Zu den größten selbst organisierten Veranstaltungen des Seidenweberhauses gehörten über viele Jahre die Altweiberpartys mit jeweils mehr als 3000 Besuchern im Verlauf des Abends und das überaus beliebte Oldtime-Jazzfestival mit internationalen Größen.

Was die Denkmalwürdigkeit des Seidenweberhauses anbelangt, haben die beiden früheren Geschäftsführer - Baier leitete das Haus bis 1980, Ihlenfeld war bis 1995 dabei - eine dezidierte Meinung: Sie halten es nicht für denkmalwürdig: "Die sechseckigen, verschachtelten Waben waren damals allgemein in Mode; so sind beispielsweise die vor dem Seidenweberhaus entstandenen Messe-Kongress-Center Süd in Düsseldorf und die Stadthalle in Biberach genauso konstruiert."

Günter Ihlenfeld ist noch heute als Geschäftsführer der Kongress- und Marketing GmbH in Pforzheim tätig. Er vermisst eine klare Analyse, ob das Seidenweberhaus heutigen Marktbedürfnissen entspricht. "Die Größen der drei Säle für von 1200, 300 und 100 Besucher waren von vorn herein unsinnig. Für Tageskongresse braucht man - und zwar von jeher - auch Säle für mittelgroße Veranstaltungen mit 500 und 300 Personen.

(RP)
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