Krefeld Seidenweberhaus: „Wir können uns vier, fünf Jahre Zeit erkaufen“

Krefeld · Ist es nicht illusorisch, mitten im Nothaushalt über die Erneuerung des Seidenweberhauses zu debattieren? Wir sprachen mit Jürgen Wettingfeld, planungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Rat. Die Stadt ist im Nothaushalt, und wir reden uns die Köpfe heiß, ob wir 20, 35 oder 40 Millionen für das Seidenweberhaus ausgeben. Kann die Stadt sich das überhaupt leisten? Wettingfeld: Die Voraussetzung für jede Lösung für das Seidenweberhaus ist natürlich, dass wir erst einmal die Haushaltsprobleme in den Griff bekommen. Es gibt ja drei Varianten: ersatzloser Abriss, umfassende Sanierung oder Neubau . . . . . . das heißt: Der ersatzlose Abriss ist auch eine Variante? Wettingfeld: Für mich nicht. Zunächst: Auch ein Abriss mit Zurichtung des Theaterplatzes kostet rund vier Millionen Euro. Für mich hat aber die bisherige Debatte eines deutlich gezeigt: Der Bedarf für eine solche Veranstaltungshalle in der Größenordnung des Seidenweberhauses ist da. Was halten Sie vom Vorschlag der Grünen, auf eine Halle wie das Seidenweberhaus vorerst zu verzichten und die Veranstaltungen auf die vorhandenen Hallen in der Stadt zu verteilen? Wettingfeld: Ich glaube, wir brauchen eine solche Halle; das können die vorhandenen Hallen nicht leisten. Wo sollten allein die 30 Symphoniekonzerte im Jahr stattfinden? Das Theater hat eine deutliche geringere Platzkapazität dafür. Es hieß, man könne das Seidenweberhaus für 900 000 Euro bis 2018/2019 so eben am Laufen halten. Das ist zugleich der frühestmögliche Zeitpunkt für den Haushaltsausgleich - wobei es in der Politik viel Skepsis gibt, ob das zu halten ist. Läuft den Freunden des Seidenweberhauses nicht schlicht die Zeit davon? Wettingfeld: Die Zeit ist knapp, ja. Wenn wir die 900 000 Euro zur Aufrechterhaltung des Betriebes des Seidenweberhauses investieren, erkaufen wir uns, vier, fünf Jahre Zeit in denen wir die Entscheidung sorgfältig vorbereiten können. Aber wir brauchen diese Zeit auch, um eine gute Entscheidung vorzubereiten. Und natürlich gilt: Ohne einen genehmigten Haushalt geht gar nichts; wir werden da unsere Hausaufgaben machen müssen. Ich plädiere eindringlich dafür, dass wir schon in diesem Jahr eine Grundsatzentscheidung fällen, wie es mit dem Seidenweberhaus weitergeht. Was, wenn der Haushalt bis dahin nicht saniert ist? Wettingfeld: Das wäre schon eine Art k.o. Ich denke, wir haben die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, den Haushalt in den Griff zu bekommen, auch wenn es schwierig ist. Erst dann können wir darüber reden, was mit dem Seidenweberhaus wird. Wir tun gut daran, diese Modelle so sachlich und rational wie möglich zu diskutieren und bei den Entscheidungen nichts zu überstürzen, auch wenn die Zeitschiene sich über vier, fünf Jahre erstreckt. Bei der Debatte hat die Drogenszene auf dem Theaterplatz fast keine Rolle gespielt. Ist das nicht ein gefährlicher blinder Fleck? Man stelle sich vor, man hat ein schönes, neues Seidenweberhaus, und ein Trupp Junkies macht den Platz wieder zu dem, was er heute ist: ein bisschen unheimlich, stellenweise widerwärtig verschmutzt. Wettingfeld: Die Frage der Sanierung hat zunächst ursächlich nichts mit der Drogenszene zu tun. Natürlich wird man auch darüber diskutieren müssen; die Konzepte sehen aber schon vor, den Platz baulich so zu verändern, dass die Drogenszene dort keine Rolle mehr spielt. Für mich ist es ein sehr überlegenswerter Punkt, auf dem Platz eine Veranstaltungshalle mit einem Hotel zu verbinden. Das wäre eine Win-win-Situation, mit der man zusätzlich Veranstaltungen nach Krefeld holen könnte. Es gibt dafür gelungene Beispiel. In Neu-Ulm etwa gibt es eine Halle, die nicht schöner aussieht aus als unser Seidenweberhaus; daneben haben Sie aber ein Hotel, von dem aus man direkt zur Halle gelangt. Hat es Sie überrascht, dass doch vielfach mit so viel Wärme über Seidenweberhaus gesprochen wurde? Wettingfeld: Eigentlich nein; das hängt mit den vielen, teils sehr schönen Erinnerungen zusammen, die die Menschen mit dem Haus verbinden. Nach der Eröffnung gab es zum Beispiel große Jazz-Veranstaltungen, an die ich mich gern erinnere: Champion Jack Dupree, die Dutch Swing College Band, das war fantastisch. Ähnliches gilt für die vielen Karnevalsveranstaltungen dort. Für viele Krefelder hängen da in jeder Ritze gute Erinnerungen an schöne Stunden. Das prägt die Einstellung zu so einem Haus. Die Kritik des Gestaltungsbeirates an dem Haus ist aber vernichtend. Wettingfeld: Na ja, auch die Meinung von Fachleuten ist eben nicht in Stein gemeißelt. Anfang der 70er Jahre gab es bei der Planung des Seidenweberhauses ja auch Experten, die ganz anderer Meinung waren als die Experten heute. Ich betone noch mal: Wir diskutieren ergebnisoffen. Das Schlechteste, was uns passieren kann, wäre, wenn wir uns für eine Variante entscheiden und dann zehn Jahre darüber streiten, ob das nun richtig ist. Das Ergebnis muss gut sein und konsensfähig. Die Leute müssen auch nach zehn

 Jürgen Wettingfeld im Interview zum Thema Seidenweberhaus.

Jürgen Wettingfeld im Interview zum Thema Seidenweberhaus.

Foto: Lammertz

Ist es nicht illusorisch, mitten im Nothaushalt über die Erneuerung des Seidenweberhauses zu debattieren? Wir sprachen mit Jürgen Wettingfeld, planungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Rat.
Die Stadt ist im Nothaushalt, und wir reden uns die Köpfe heiß, ob wir 20, 35 oder 40 Millionen für das Seidenweberhaus ausgeben. Kann die Stadt sich das überhaupt leisten?

Wettingfeld: Die Voraussetzung für jede Lösung für das Seidenweberhaus ist natürlich, dass wir erst einmal die Haushaltsprobleme in den Griff bekommen. Es gibt ja drei Varianten: ersatzloser Abriss, umfassende Sanierung oder Neubau . . .

. . . das heißt: Der ersatzlose Abriss ist auch eine Variante?

Wettingfeld: Für mich nicht. Zunächst: Auch ein Abriss mit Zurichtung des Theaterplatzes kostet rund vier Millionen Euro. Für mich hat aber die bisherige Debatte eines deutlich gezeigt: Der Bedarf für eine solche Veranstaltungshalle in der Größenordnung des Seidenweberhauses ist da.

Was halten Sie vom Vorschlag der Grünen, auf eine Halle wie das Seidenweberhaus vorerst zu verzichten und die Veranstaltungen auf die vorhandenen Hallen in der Stadt zu verteilen?

Wettingfeld: Ich glaube, wir brauchen eine solche Halle; das können die vorhandenen Hallen nicht leisten. Wo sollten allein die 30 Symphoniekonzerte im Jahr stattfinden? Das Theater hat eine deutliche geringere Platzkapazität dafür.

Es hieß, man könne das Seidenweberhaus für 900 000 Euro bis 2018/2019 so eben am Laufen halten. Das ist zugleich der frühestmögliche Zeitpunkt für den Haushaltsausgleich - wobei es in der Politik viel Skepsis gibt, ob das zu halten ist. Läuft den Freunden des Seidenweberhauses nicht schlicht die Zeit davon?

Wettingfeld: Die Zeit ist knapp, ja. Wenn wir die 900 000 Euro zur Aufrechterhaltung des Betriebes des Seidenweberhauses investieren, erkaufen wir uns, vier, fünf Jahre Zeit in denen wir die Entscheidung sorgfältig vorbereiten können. Aber wir brauchen diese Zeit auch, um eine gute Entscheidung vorzubereiten. Und natürlich gilt: Ohne einen genehmigten Haushalt geht gar nichts; wir werden da unsere Hausaufgaben machen müssen. Ich plädiere eindringlich dafür, dass wir schon in diesem Jahr eine Grundsatzentscheidung fällen, wie es mit dem Seidenweberhaus weitergeht.

Was, wenn der Haushalt bis dahin nicht saniert ist?

Wettingfeld: Das wäre schon eine Art k.o. Ich denke, wir haben die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, den Haushalt in den Griff zu bekommen, auch wenn es schwierig ist. Erst dann können wir darüber reden, was mit dem Seidenweberhaus wird. Wir tun gut daran, diese Modelle so sachlich und rational wie möglich zu diskutieren und bei den Entscheidungen nichts zu überstürzen, auch wenn die Zeitschiene sich über vier, fünf Jahre erstreckt.

Bei der Debatte hat die Drogenszene auf dem Theaterplatz fast keine Rolle gespielt. Ist das nicht ein gefährlicher blinder Fleck? Man stelle sich vor, man hat ein schönes, neues Seidenweberhaus, und ein Trupp Junkies macht den Platz wieder zu dem, was er heute ist: ein bisschen unheimlich, stellenweise widerwärtig verschmutzt.

Wettingfeld: Die Frage der Sanierung hat zunächst ursächlich nichts mit der Drogenszene zu tun. Natürlich wird man auch darüber diskutieren müssen; die Konzepte sehen aber schon vor, den Platz baulich so zu verändern, dass die Drogenszene dort keine Rolle mehr spielt. Für mich ist es ein sehr überlegenswerter Punkt, auf dem Platz eine Veranstaltungshalle mit einem Hotel zu verbinden. Das wäre eine Win-win-Situation, mit der man zusätzlich Veranstaltungen nach Krefeld holen könnte. Es gibt dafür gelungene Beispiel. In Neu-Ulm etwa gibt es eine Halle, die nicht schöner aussieht aus als unser Seidenweberhaus; daneben haben Sie aber ein Hotel, von dem aus man direkt zur Halle gelangt.

Hat es Sie überrascht, dass doch vielfach mit so viel Wärme über Seidenweberhaus gesprochen wurde?

Wettingfeld: Eigentlich nein; das hängt mit den vielen, teils sehr schönen Erinnerungen zusammen, die die Menschen mit dem Haus verbinden. Nach der Eröffnung gab es zum Beispiel große Jazz-Veranstaltungen, an die ich mich gern erinnere: Champion Jack Dupree, die Dutch Swing College Band, das war fantastisch. Ähnliches gilt für die vielen Karnevalsveranstaltungen dort. Für viele Krefelder hängen da in jeder Ritze gute Erinnerungen an schöne Stunden. Das prägt die Einstellung zu so einem Haus.

Die Kritik des Gestaltungsbeirates an dem Haus ist aber vernichtend.

Wettingfeld: Na ja, auch die Meinung von Fachleuten ist eben nicht in Stein gemeißelt. Anfang der 70er Jahre gab es bei der Planung des Seidenweberhauses ja auch Experten, die ganz anderer Meinung waren als die Experten heute. Ich betone noch mal: Wir diskutieren ergebnisoffen. Das Schlechteste, was uns passieren kann, wäre, wenn wir uns für eine Variante entscheiden und dann zehn Jahre darüber streiten, ob das nun richtig ist. Das Ergebnis muss gut sein und konsensfähig. Die Leute müssen auch nach zehn


Jens Voss führte das Gespräch

(rp)
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