Krefeld Sie bringt das Lachen zu schwerkranken Kindern

Krefeld · Humortherapeutin Britta Schmidt besucht schwerkranke Kinder. Sie lacht mit ihnen, macht Lebensmut und redet auch über Tod.

 Als Clownin Pepita wird Humortherapeutin Britta Schmidt oft zur engen Vertrauten von schwerkranken Kindern. Sie hilft ihnen durch die Ängste im Krankenhaus, sorgt für einen Moment normalen Lebens.

Als Clownin Pepita wird Humortherapeutin Britta Schmidt oft zur engen Vertrauten von schwerkranken Kindern. Sie hilft ihnen durch die Ängste im Krankenhaus, sorgt für einen Moment normalen Lebens.

Foto: T.omas Lammertz

Ihren Beruf könnte Britta Schmidt ausgiebig beschreiben. Meist tut sie es aber in der Kurzform: "Ich bin Hip." Das steht für Humortherapeutin in der Pflege. "Schon in der alten Heilkunde, bei Medizinmännern und Naturheilern weiß man, dass Humor ein Körpersaft ist. Er muss fließen, damit der Mensch gesund bleibt." Meist hat es Britta Schmidt mit Menschen zu tun, denen das Lachen vergangen ist: mit schwerstkranken Kindern; Dementen und Sterbenden.

Dienstags ist sie Pepita. Auf der Kinderstation des Helios-Klinikums wird sie immer heiß erwartet. Vor allem von den schwerkranken Kindern und deren Eltern. "Ein Kind lacht 200 bis 400 Mal am Tag. Erwachsene nur noch 15 bis 20 Mal." So sagt es die Statistik. Wer auf der Kinderkrebsstation liegt, ist kein Durchschnitt. Weg zu sein aus der vertrauten Umgebung, beunruhigende Apparate und Kanülen und Eltern, deren Sorge durch jede aufgesetzte Unbekümmertheit durchschimmert, machen Angst. Pepita mit der roten Nase und den komischen Einfällen, macht für eine kurze Weile wieder deutlich: So fühlt sich normales Leben an. "Wenn die Eltern nicht mehr lachen, dann tun es die Kinder auch nicht", sagt sie. Und das gelte nicht nur im Krankenhaus: "Wenn man mit offenen Augen über die Straße geht, sieht man in viele ernste oder teilnahmslose Gesichter. Wir müssen aufpassen, dass uns das Lachen nicht abhanden kommt."

Britta Schmidt hat kein Standardprogramm, das sie in jedem Krankenzimmer abruft. "Es braucht ein Gespür, um zu sehen, was die Kinder brauchen. Es wird keiner gezwungen, zu lachen. Manchmal ist es einfach so traurig, dass wir weinen. Oder wütend sind", sagt sie. "Nur wer richtig weinen kann, der kann auch richtig lachen." Wichtig ist ihr, dass die Kinder sich nicht allein fühlen, sondern "Pepita" anvertrauen, womit sie ihre Eltern vielleicht nicht belasten wollen. "Der Alltag eines Therapieclowns ist auch eine ernste Auseinandersetzung mit dem Lebendigen und dem Tod. Der Tod gehört zum Leben." Wer das akzeptiert, lebe besser und sterbe auch besser. "Es gibt eine Ordnung im Universum, dazu gehört der ewige Kreislauf", sagt Schmidt. Meist begleitet die 47-Jährige Kinder über Wochen, Monate, oft immer wieder. Dann entsteht eine Nähe, in der Worte nicht mehr gebraucht werden. "Die Kinder wissen, dass ich ehrlich zu ihnen bin, dass sie zeigen können, was sie empfinden und dass das richtig ist." Da ist es schwer, professionelle Distanz zu wahren. "Ich stehe oft auf dem Flur und weine bittere Tränen, weil ich ein wundervolles Kind gehen lassen muss", sagt sie. Die rote Nase ist ihr Regulativ: "Ich setze sie auf, ziehe bunte Kleider an. Dann bin ich ein Schauspieler, ein Narr - der Clown, der die Brücke schlägt zwischen den Welten. Man muss schon eigene Psychohygiene betreiben, sonst verkraftet man das nicht." Entschädigt wird sie durch Kinderlachen: "Wenn ein Vierjähriger einen mit glänzenden Augen ansieht, dann macht einen das warm, durch und durch."

Der Tod begegnet ihr häufig. Seit 15 Jahren begleitet Britta Schmidt auch Demenzkranke und Senioren in Pflegeheimen "Vor 15 Jahren war das ein Pilotprojekt der Stiftung Wohlfahrtspflege. Ich war damals die erste Clownin in der Altenpflege." Dort ist sie nicht Pepita, sondern "Herta Besenfein". Für viele ist sie dort eine Vertraute. "Man sagt leichthin, dass Menschen mit Demenz keine Erinnerung haben. Das stimmt nicht. Sie haben ein anderes Erinnerungsvermögen. Nur weil sie nicht mehr die Worte benutzen, die wir benutzen, heißt es nicht, dass sie nichts verstehen. Sie erkennen Stimmen und Gefühle." Herta Besenfein gibt ein gutes Gefühl von Zutrauen und Verständnis. Oft begleitet Schmidt sie "in die andere Welt", wie sie es nennt, fängt Ängste auf. "Kinder sterben anders als alte Menschen. Sie können leichter loslassen, wenn sie wissen, dass sie dort, wo sie hingehen, keine Schmerzen mehr haben."

Mit dem Tod hat sich die 47-Jährige intensiv auseinandergesetzt, auch durch die eigene Biografie. Sie hat eine lebensbedrohende Krankheit überstanden. Ihr imponiert die Haltung ihrer Großmutter: "Sie sagte vor ihrem Sterben zu mir, sie habe so viele Geheimnisse des Lebens gelöst, nun sei sie bereit für das letzte."

Den Glauben an das Leben hat Britta Schmidt nie verloren. "Wir haben das Leben bekommen, um es erfüllt zu leben. Und eingefahren waren ihre Bahnen nie. Nach dem Abitur hat sie Sozialpädagogik studiert und eine Schreinerlehre absolviert. "Ich war damals eine der ersten Frauen, die auf Wanderschaft gingen", erzählt sie. Bis nach Israel ist sie gekommen, hat Straßentheater gespielt und in Freidensprogrammen mitgearbeitet. Das Straßentheater hat sie nach Amsterdam gebracht. "Dort hat mir ein Fremder ein Clownskostüm in die Hand gedrückt und gesagt, er schenke es mir." Ein Wink des Schicksals. Denn längst hatte die junge Frau die Idee, in Kinderkliniken "mal was zu machen". Doch zunächst kam es anders. Sie wurde Managerin eines Spieleverleihs. Trotz beruflichen Erfolgs fehlte ihr was: "Clowntheater war mein Ausgleich" - bis sie "genug gemanagt" hatte. Heute ist sie nicht nur Pepita und Frau Besenfein, sie gibt auch Ernährungsseminare, coacht Manager. "Unsere Zeit ist sehr chaotisch, wie wir mit der Umwelt umgehen, mit Anderen und mit uns selbst. Wir müssen lernen, bei uns selbst zu bleiben, sonst werden wir vom Meer des Ungelösten mitgerissen." Der Clown war immer schon auch Gesellschaftskritiker.

(RP)
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