Krefeld Siemens-Festtag - der erste RRX ist fertig

Krefeld · Der erste Triebwagen für den Rhein-Ruhr-Express (RRX) ist fertig. Landesverkehrsminister Michael Groschek besuchte gestern das Siemens-Werk in Uerdingen, um sich vom Fortgang des für den öffentlichen Regionalverkehr in Nordrhein-Westfalen wichtigsten Zukunftsprojekts zu überzeugen. In Krefeld entsteht ein Großteil des 1,7 Milliarden Euro umfassenden Auftrags für den Bau und die Wartung von 82 Zügen.

Krefeld: Siemens-Festtag - der erste RRX ist fertig
Foto: Siemens

In Uerdingen im Siemens-Werk entstehen nicht nur Hochgeschwindigkeitszüge für die ganze Welt, sondern darüber hinaus ein sich in der Fertigung selbst optimierender Prozess. Dazu hat die der Zughersteller einiges aus der Luftfahrttechnik abgeschaut. So werden an der Duisburger Straße in die 164 Triebwagen zum Beispiel preisgekrönte Designer-Nasszellen eingebaut. "Das Zurückgreifen auf Module war in unserer Branche bislang die Ausnahme", berichtete Werksleiter Ulrich Semsek gestern dem Landesverkehrsminister Michael Groschek und den Vertretern des Zweckverbands Nahverkehr Rheinland als Betreiber des Rhein-Ruhr Express. Siemens liegt exakt im Zeitplan. Im Mai geht der erste Zug auf die Teststrecke nach Wildenrath. Im Juli erfolgt die Zulassung und im Dezember geht der erste aus vier Elementen bestehende Zug in Betrieb. "Das eigene Schienennetz ist bis dahin noch nicht fertiggestellt. Der RRX wird deshalb erst einmal in das vorhandene Netz eingepflegt", erklärte Groschek.

 Hochzufrieden über den planmäßigen RRX-Fertigungsverlauf. Vorne: NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, Sabrina Soussan und Ulrich Semsek (beide Siemens).

Hochzufrieden über den planmäßigen RRX-Fertigungsverlauf. Vorne: NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, Sabrina Soussan und Ulrich Semsek (beide Siemens).

Foto: TL

Der Großteil des 1,7 Milliarden Euro teuren Auftrags wird in Krefeld abgewickelt. Dort sind alle Ingenieurleistungen erbracht worden und dort entstehen auch die so genannten Endwagen (Triebwagen). Die beiden Mittelwagen werden in Wien, die Drehgestelle in Graz gefertigt.

Stolz informierten Semsek und Sabrina Soussan, Chefin der Mobility Division Mainline Transport bei Siemens, dem Minister die innovativen Prozesse in der Fertigung. Jedem Techniker und Monteur stehen digital am Bildschirm dreidimensional animierte und bewegliche Ansichten für jeden Arbeitsschritt zur Verfügung. Der Prozess wird fast in Echtzeit überwacht. Die Ingenieure können nicht nur die Arbeitsfortschritte und die daraus resultierenden Fertigstellungstermine im Auge behalten. Das System verbessert sich ständig. Sollte ein Mitarbeiter feststellen, dass an einer bestimmten Stelle zum Beispiel eine Schraube vorgesehen sei, die um einen einzigen Millimeter zu dick ist, dann korrigiere er die Bestellung für alle nachfolgenden Züge sofort online. "Der Prozess optimiert sich während der Fertigung", sagt Projektleiter Jens Chlebowski. Noch sei Siemens am Anfang der Serie. Wenn sich alles eingespielt hat, dann geht er von einer acht- bis neunwöchigen Produktionsdauer pro Zug aus.

Anders als in der Automobilherstellung ist in Uerdingen noch vieles Handarbeit. Die Seitenwände der Rohbauten der Endwagen werden aus drei Stranggussprofilen zusammengeschweißt, die Öffnungen für extra breite Türen und die Fenster herausgefräst. Die Züge bestehen zum großen Teil aus Aluminium. Im Innern wird glasfaserverstärkter Kunststoff verbaut. Das geringe Gewicht und der daraus resultierende niedrigere Energieverbrauch waren wichtige Ziele in der Entwicklung und mit ausschlaggebend dafür, dass Siemens sich bei der Auftragsvergabe gegen die Konkurrenz durchsetzen konnte.

"Der RRX wird den Regionalverkehr in NRW auf eine höhere Stufe heben", sagte Groschek nach dem Werksbesuch. "Die neuen Züge verbinden Komfort, Kapazität und Leistungsfähigkeit. Nicht nur für zukunftsfähige Mobilität in NRW ist der RRX ein Aushängeschild, sondern auch für die Innovationskraft in unserem Land."

Die modernen, energieeffizienten Züge vom Typ Desiro HC bilden einen wichtigen Baustein des RRX, der nach dem Aus- und Umbau der Schieneninfrastruktur für schnelle Verbindungen im Rheinland, Ruhrgebiet und in Westfalen sorgen soll. Die Fahrzeuge werden den Regionalverkehr auf der Schiene deutlich komfortabler und barrierefreier machen. Sie zeichnen sich durch einen niveaugleichen Ein- und Ausstieg, hochwertige Sitze, einen besseren Mobilfunkempfang, großzügig gestaltete Einstiegsräume sowie viele weitere Vorteile aus. Damit von Ende 2018 an nach und nach die ersten Züge auf die Strecke gehen können, ist die Fertigung in Krefeld bereits vor einigen Wochen planmäßig angelaufen.

Siemens ist gleich an drei Standorten in Nordrhein-Westfalen für den RRX tätig: Konstruktion und Bau sind im Krefelder Werk verankert, getestet werden die Züge in einem Prüf- und Validationscenter in Wegberg, Wartung und Instandhaltung finden über einen Zeitraum von 32 Jahren in Dortmund statt. Dort hat Siemens Anfang März dieses Jahres den Grundstein für ein neues Werk gelegt, in dem das Unternehmen 75 neue Arbeitsplätze schafft. Für eine annähernd hundertprozentige Verfügbarkeit der Züge setzt Siemens auf moderne Diagnose- und Analysesysteme, wie Sabrina Soussan deutlich macht: "Für den RRX haben wir Instandhaltung neu gedacht: In unserem neuen Werk in Dortmund überführen wir den Service und die Wartung von Zügen ins digitale Zeitalter. Wir werden dort Algorithmen nutzen, um von den Zügen gelieferte Daten zu analysieren. Mit diesem vorausschauenden Wartungssystem können wir mögliche Fehlfunktionen früh erkennen und vermeiden."

Von der Qualität der Fahrzeuge werden künftig Reisende im ganzen Land maßgeblich profitieren. Das hob auch Hermann-Josef Tebroke, Verbandsvorsteher Zweckverband Nahverkehr Rheinland, als Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr in NRW hervor. "Der Regionalverkehr auf der Schiene in Nordrhein-Westfalen wächst seit Jahren. Mit dem RRX werden wir der steigenden Fahrgastnachfrage gerecht werden und schaffen zuverlässige, schnelle Verbindungen innerhalb von Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus." Sobald der Aus- und Umbau der Schieneninfrastruktur fertiggestellt ist, sollen sie auf der Kernstrecke zwischen Köln und Dortmund im 15-Minuten-Takt fahren.

(sti)
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