Krefeld Siempelkamp kauft Pallmann komplett

Krefeld · Für Siempelkamp ist die Firma Pallmann in Zweibrücken das fehlende Puzzelstück, um Komplettlösungen für die Holzwerkstoffindustrie aus einer Hand anbieten zu können. Zum 31. März dieses Jahres gehen die Gesellschaftsanteile des rheinland-pfälzische Familienunternehmens zu 100 Prozent an die Krefelder Firmengruppe über.

 Hans W. Fechner im Gespräch mit Redakteur Norbert Stirken.

Hans W. Fechner im Gespräch mit Redakteur Norbert Stirken.

Foto: Lammertz

Am Potenzial des Maschinen- und Anlagenbauers für die Zerkleinerung und Aufbereitung von Holz, Kunststoff, Mineralien und Lebensmitteln aus Zweibrücken hat Hans W. Fechner nie gezweifelt. Mehrfach hat der Geschäftsführer der Krefelder Siempelkamp-Gruppe dem Unternehmen Pallmann in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten unter die Arme gegriffen und Schritt für Schritt die Beteiligung am Unternehmen erhöht. Ende des ersten Quartals dieses Jahres übernimmt Siempelkamp den Betrieb komplett und ist dann in der Lage, für die Holzwerkstoffindustrie Komplettlösungen aus einer Hand zu liefern.

"Darüber hinaus bekommen wir zusätzlichen Know-how zum Beispiel für die Recyclingbranche", sagte Fechner im Gespräch mit unserer Redaktion. "Wir besetzen ganz neue Geschäftsfelder." Im Kerngeschäft versetzt Pallmann die Krefelder Gruppe in die Lage, Maschinen für den gesamten Prozess der Herstellung von Holzplatten für die Möbel- und Hausbauindustrie zu planen, zu produzieren und zu liefern. Pallmann deckt mit seinem Portfolio den ersten Teil des Prozesses ab, in dem Baumstämme von der Rinde befreit und in Holzschnitzel verwandelt werden. Die kommen dann in Trockner der Uerdinger Traditionsfirma Büttner, die ebenfalls zur Siempelkamp-Gruppe gehört. Das Herzstück für die Herstellung von Mitteldichten Faserplatten (MDF) und Grobspanplatten (OSB) ist die ContiRoll (kontinuierliche Holzwerkstoffpresse) der Siempelkamp Maschinen- und Anlagenbau GmbH - mittlerweile die achte Generation. "Wir sind das einzige Unternehmen auf der Welt, das Komplettlösungen aus einer Hand produzieren und liefern kann", sagte Fechner.

In der Siempelkamp-Gruppe sei Pallmann bestens aufgehoben. Es mache halt einen Unterschied aus, ob ein Unternehmen mit 50 Millionen Euro Umsatz sich auf dem Weltmarkt behaupten müsse, oder ob es zu einer Gruppe gehöre, die mehr als 700 Millionen Euro Umsatz erziele. Für die Übernahme habe sich Siempelkamp gegen Mitbewerber durchsetzen müssen. "Wir waren die Schnellsten", betonte Fechner.

Was die Pallmann-Immobilien wie Hallen und Grundstücke anbetreffe, habe sich Siempelkamp Optionen gesichert. Ein Erwerb habe noch fünf bis zehn Jahre Zeit, sagte Fechner. Zu Kaufpreisen macht der Geschäftsführer keine Angaben. Derzeit sei die Infrastruktur am Standort Zweibrücken von Siempelkamp gemietet.

Mit der kompletten Übernahme stärkt Siempelkamp sein forciertes Servicegeschäft im rund 180 Kilometer entfernten Bad Kreuznach. "In jedem Land der Welt gibt es Pallmann-Maschinen, und das bedeutet, es gibt eine Nachfrage nach jeder Menge Ersatzteilen", berichtet der Firmenlenker Fechner. Über die Belieferung mit bevorrateten Originalersatzteilen hinaus kommt das Geschäft der Modernisierung und Automatisierung der in die Jahre gekommenen Maschinen hinzu, das so genannte Retro-fit-Geschäft. "Wir bieten komplette Nachrüstpakete."

Die Garantie für die Eigentümer der Maschinen, Originalersatzteile in kürzester Zeit geliefert zu bekommen, stelle ein Wert an sich dar. "Produktpiraterie ist auch in unseren Branchen ein ernsthaftes Problem", sagt Fechner. Mindere Qualität gefälschter Maschinenersatzteile bedeute für die Betriebe ein nicht zu unterschätzendes letztlich wirtschaftliches Risiko.

Was die Entwicklung der Belegschaftsgröße in Zweibrücken anbetrifft, sei der Konsolidierungsprozess nahezu abgeschlossen. In den zurückliegenden vier Jahren sei die Zahl der Mitarbeiter von 450 auf 330 gesunken. "Eine Stärke von 300 Beschäftigten wäre optimal", berichtete Fechner, der eine Garantie für den Standort in Rheinland-Pfalz abgibt.

Die Integration des Zweibrücker Unternehmens führt der Krefelder Maschinen- und Anlagenbau-Spezialist mit Nachdruck fort. Für dieses Jahr stehen zahlreiche Herausforderungen auf der Tagesordnung der Pallmann-Belegschaft. Die Zerfaserung von MDF-Platten, das Zerspanen für OSB- und Spanplatten gehören dazu. So entstehen Wood-Plastic-Composites (Verbundwerkstoffe aus Holzmehl und Kunststoff) oder Fiber-Plastic-Composites (FPC), in denen Naturfasern wie Hanf oder Kork enthalten sind. Unter dem Stichwort "end of life tire" widmet sich das Unternehmen zudem der Wiederverwertung von alten Autoreifen. Ein weiterer Wert, mit dem Pallmann das Siempelkamp-Kompetenzgefüge bereichert, sind 120 Zerkleinerungsmaschinen im hauseigenen Forschungs- und Entwicklungszentrum. Mit diesem Equipment widmet sich das Team der Verfahrensentwicklung, der Weiterentwicklung seiner Maschinen und dem Austesten von Neuentwicklungen. Kunden aus aller Welt führen hier gemeinsam mit den Verfahrensingenieuren Versuche durch, um Innovationen in ihren Branchen anzustoßen.

(sti)
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