Krefeld Slammerin des Jahres siegt mit Poetry übers Küssen

Krefeld · Sandra da Vina hat das Publikum im Schlachtgarten mit ihrem Wortwitz erobert. Beim "Papp a la Papp"-Jahresfinale siegte sie klar.

 Sandra Da Vina (geboren 1989) lebt und arbeitet in Essen-Süd. 2014 gewann sie als erste und bisher einzige Frau die NRW-Landesmeisterschaften im Poetry Slam. Jetzt wurde sie zu Krefelds Stadtmeisterin gekürt. Bei einem spannenden Stechen setzte sich gegen zwei männliche Konkurrenten durch.

Sandra Da Vina (geboren 1989) lebt und arbeitet in Essen-Süd. 2014 gewann sie als erste und bisher einzige Frau die NRW-Landesmeisterschaften im Poetry Slam. Jetzt wurde sie zu Krefelds Stadtmeisterin gekürt. Bei einem spannenden Stechen setzte sich gegen zwei männliche Konkurrenten durch.

Foto: Isabella Raupold

Jugend forscht nicht nur und musiziert, sie dichtet auch und hat sich dafür ihre eigenen Bühnen geschaffen. Poetry Slams heißen die wettbewerbsartig organisierten Vortragstreffen, und in Krefeld sind sie im Lokal "Jules Papp" seit Jahren eine überregional geschätzte Institution. Jetzt wurde unter den Monatssiegern von dort wieder einmal der "Krefelder Stadtmeister" ermittelt. Auch der inzwischen bundesweit bekannte Thorsten Sträter ist ein Krefelder Stadtmeister.

 Der Eisbrecher: René Sydow eröffnete den Slam im Schlachtgarten - unter anderem mit dem Appell: "Du vergisst, was menschlich ist, wenn Dogma Dein Gehirn zerfrisst".

Der Eisbrecher: René Sydow eröffnete den Slam im Schlachtgarten - unter anderem mit dem Appell: "Du vergisst, was menschlich ist, wenn Dogma Dein Gehirn zerfrisst".

Foto: samla.de

Acht Kandidaten aus Witten, Herne, Essen, Köln, Düsseldorf und Graz traten jetzt im zwanglosen Ambiente des Schlachtgartens auf und stießen auf hellwaches Interesse. Der Vorjahressieger Jason Bartsch wärmte das Publikum an, und René Sydow trat danach als erster Wettbewerber ans Mikro. Sein Text war vor allem an jene adressiert, die Beifall klatschen, wenn andere Feuer legen: "Du vergisst, was menschlich ist, wenn Dogma Dein Gehirn zerfrisst", schrieb er ihnen ins Stammbuch.

Yannik Steinkellner hielt danach einen "inneren Monolog aufgrund eines entbehrlichen Treffens" - ein mit Satzbautricks originell gestalteter Abgesang auf erloschene Liebe. Michael Heide schlug die Zuhörer mit einer gedanklich und sprachlich ausgefeilten Parabel in Bann. Darin ging all das großartige Wissen des legendären Atlantis verloren, weil seine Überlebenden nirgendwo freundliche Aufnahme fanden. Das führte Heide zu dem Appell, heute klüger mit Migranten umzugehen. Sandra da Vina "sang" ein ausgesprochen originelles und absolut kitschfreies Loblied auf das Küssen. Jeder Teilnehmer hatte exakt sechs Minuten Zeit für seine Darbietung, und Johannes Floehr, eine sympathische Quasselstrippe mit Köpfchen und Esprit und sicherlich ein Moderator mit Zukunft, führte - wie im "Papp" - gekonnt durch das Programm.

In einem zweiten Block schilderte Micha-El Goehre philosophisch und witzig zugleich seine ambivalente Begegnung mit einem freilich erwachsenen "Kirmeskind", Aylin Celik zog im Stil der 70er Jahre gegen männlichen Chauvinismus zu Felde, "Chistofer mit f" warf anhand einer Fußball-WM-Retrospektive von 1954 bis heute die Frage auf: "Wir sind wieder wer, aber wer sind wir?", und Björn Gögge gelangte gemeinsam mit seinem sportlichen Opa zum Schluss, dass es Wichtigeres geben müsse als den sogenannten Ernst des Lebens. Sechs Juroren und das Publikum bestimmten Heide, da Vina und Goehre für das Stechen, und schließlich errang Sandra da Vina aus Essen den Titel mit der köstlichen Schilderung eines Tages, den sie auf zwar unerotische, aber dennoch haarsträubend abenteuerliche Weise im Bett verbrachte.

Übrigens: In Krefeld gibt es gleich zwei Treffpunkte für Poetry Slammer und ihr Publikum. An jedem zweiten Freitag im Monat slammt man im "Max & Moritz" auf der Kölner Straße, und an jedem letzten Sonntag im Monat heißt es "Papperlapapp" im "Jules Papp" an der Königstraße.

(RP)
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