Lokalsport Die Tanne steht - an der Bande

Fußball · Der bislang älteste aktive Spieler in der Geschichte der Fußball-Bundesliga, Klaus Fichtel, wird beim Budenzauber am 7. Januar im König-Palast die Traditionsmannschaft von Schalke 04 betreuen.

Es ist der 21. Mai 1988, als Klaus Fichtel ein Stück Bundesliga-Geschichte schreibt. Der Abwehrchef tritt mit Schalke 04 ein letztes Mal gegen Werder Bremen an. Fichtel ist zu diesem Zeitpunkt 43 Jahre, sechs Monate und zwei Tage alt, und nach der Partie wird er seine Karriere beenden nach 477 Einsätzen für die Knappen. Schalke verliert mit 1:4, bereits vorher stand der Abstieg fest. "Der Wald stirbt - die Tanne steht!", mit diesem Plakat huldigen die Fans dem Libero, dessen Position in der heutigen Zeit von Dreier-, Vierer- und Fünferkette längst ausgedient hat. Stehen wird "Tanne" auch am 7. Januar wieder: im Krefeld Königpalast. Der inzwischen 72-Jährige ist Betreuer für die Traditionsmannschaft von Schalke 04, die es in der Gruppe B mit den Uerdinger Legenden und Borussia Dortmund zu tun bekommen wird.

Klaus Fichtel war in der tat das, was man einen echten Knappen nennt. Als Bergmann hatte er gearbeitet, nebenbei Fußball gespielt bei Arminia Ickern, einem Club seiner Heimatstadt Castrop-Rauxel, dessen erste Mannschaft heute in der Kreisliga A spielt. 1965 jedenfalls spielte dort Fichtel, und Schalkes damaliger Trainer Fritz Langner hatte ihn dort entdeckt. 1200 Mark Grundgehalt waren ein zusätzlicher Ansporn, zu Schalke zu wechseln. "Der Fußball war das Ticket für ein besseres Leben", sagte Fichtel zu seinem 70. Geburtstag.

Dem Wechsel folgte eine beispiellose Karriere - mit Höhen und Tiefen. 477 Mal lief er für S04 in der Bundesliga auf , ist damit Schalkes Rekordspieler. Und es hätten auch noch mehr sein können, wenn, ja wenn da nicht der 17. April 1971 gewesen wäre. Da gehörte Fichteln jenem Kader der Blau-Weißen an, der gegen Arminia Bielefeld mit 0:1 verlor. Das Spiel war ein Teil eines der größten Skandale in der Bundesliga, die Partie war gekauft. "Es war grauenvoll", sagte Fichtel später und sprach von der "Dummheit meines Lebens".

Die Sperre, im Januar 1974 vorzeitig aufgehoben, kostete ihn weitere Bundesliga-Spiele - und noch einiges mehr. Das harmloseste war da noch ein Pott Farbe, denn in jedem Zeitraum baute er ein Haus in Waltrop, und wütende Schalke-Fans hatten auf das Baustellenschild "Hier baut Arminia Bielefeld" geschmiert. Seinen größten sportlichen Traum aber konnte er sich nicht erfüllen: den Gewinn der deutschen Meisterschaft. Schalkes Mannschaft von 1972, der unter anderem Fallrückzieherkönig Klaus Fischer und Stan "An-Gott-kommt-keiner-Vorbei" Libuda angehörten, fiel auseinander, und es begann das Zeitalter des FC Bayern München und Borussia Mönchengladbach. Ganz nah dran war er jedoch mit Werder Bremen, für das er auch 75 Spiele absolvierte: In der Saison 1982/83 entschied nur das bessere Torverhältnis für den Hamburger SV.

(RP)
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