Krefeld Interview: "Trainer-Job ist nichts für Ailton"

Ailton will am Mittwoch sein Debüt beim KFC Uerdingen geben. Im großen Interview mit unserer Redaktion spricht er über seine neue Heimat in Krefeld, die Zeit nach seiner Karriere, seinen momentanen Fitnesszustand – und warum Werder Bremen in diesem Jahr nicht Deutscher Meister wird.

 Fußballstürmer Ailton beim Interview in der Redaktion der Rheinischen Post.

Fußballstürmer Ailton beim Interview in der Redaktion der Rheinischen Post.

Foto: Thomas Lammertz

Ailton will am Mittwoch sein Debüt beim KFC Uerdingen geben. Im großen Interview mit unserer Redaktion spricht er über seine neue Heimat in Krefeld, die Zeit nach seiner Karriere, seinen momentanen Fitnesszustand — und warum Werder Bremen in diesem Jahr nicht Deutscher Meister wird.

Wie geht's der Hand?

Ailton Es wird immer besser. Ich habe zwar noch etwas Schmerzen, aber mache intensiv Therapie.

Wie sehr stört Ihre Bandage?

Ailton In den ersten drei Wochen nach der Operation war es schon schwer. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, und der Doktor hat gesagt, ich brauche sie noch zwei Monate. Man kann sehr gut schlafen damit.

Trainieren ja offensichtlich auch. Wie wichtig war es, endlich wieder einen Ball vor den Füßen zu haben?

Ailton Ich bin jetzt einen Monat nur gelaufen, das geht gar nicht, das macht keinen Spaß. Training mit Ball ist einfach besser.

Haben Sie sich an die Kälte gewöhnt?

Ailton Ich habe acht Jahre in Deutschland gespielt, und in Bremen war es auch kalt. Für mich ist das okay, auch wenn 20, 21 Grad besser wären.

Gibt es eine typische Ailton-Temperatur?

Ailton 35 Grad (lacht).

Die Fans sind voller Vorfreude auf Sie.

Ailton Klar, für einen Club in der dritten, vierten, fünften oder sechsten Liga ist es interessant, so einen Spieler wie Ailton zu haben. Schließlich habe ich gut gespielt in Deutschland. Hier hatte ich die beste Zeit in meiner Karriere.

Die Sie nun in der sechsten Liga beenden. Wie haben Ihre Freunde in Brasilien darauf reagiert?

Ailton Sie sagten: "Das gibt's doch nicht!" Aber viele haben mich anfangs nicht verstanden, weil viele in meinem Alter noch höher spielen.

Trotzdem haben Sie sich für den KFC entschieden. Warum?

Ailton Hier habe ich sehr viel mehr Zeit für meine Familie als früher. Das ist eine sehr schöne Situation. Früher musste ich zwei Mal am Tag trainieren, war ständig unterwegs. Dazu habe ich keine Lust mehr, ich möchte nicht länger nur aus dem Koffer leben. Es ist auch für meine Kinder schöner, wenn der Papa häufiger da ist. In Brasilien zuletzt waren wir jeden Tag im Hotel, waren nur mit der Mannschaft zusammen. Das ist langweilig. Und Uerdingen ist ein Verein mit großer Tradition. Ich habe hier in der Grotenburg schon mit Bremen im Pokal verloren. Die Situation, in der sich der Verein befindet, ist schwer. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, ihm daraus zu helfen. Dem Verein, dem Presidente und auch der Stadt. Wir wollen möglichst schnell in die dritte Liga. Das reizt mich.

Haben Sie denn von Krefeld schon etwas gesehen?

Ailton Nein, noch nicht viel. Das mache ich, wenn meine Frau hier ist. Dann werden wir hier mal spazieren gehen. Aber es gibt hier schöne Ecken. Nicht so viele, wie in Rio de Janeiro, aber immerhin.

In Krefeld hat auch Eishockey eine große Tradition.

Ailton Ich liebe Fußball, andere Sportarten finde ich nicht so interessant. Dabei fand mein Vater Pedro Fußball immer bescheuert. Er hat nie Fußball gespielt, hat immer nach dem Sinn gefragt, wenn 22 Leute hinter einem Ball her gerannt sind. Aber wenn ich spiele, schaut er mittlerweile zu. Aber immer nur für ein paar Minuten.

Wer hat letztlich die Entscheidung für den Wechsel nach Krefeld getroffen? Sie oder Ihre Frau Rosalie?

Ailton Zuhause bin ich der Chef (lacht). Klar habe ich mit Rosalie und meinem Berater gesprochen. Ich hatte ein Angebot aus Australien, aber das war mir zu weit.

Wann kommt Ihre Familie nach?

Ailton Meine Frau kommt mit meinen ältesten Töchtern Maria und Alessandra am Sonntag nach. Sie wird erstmal zwei Wochen bleiben und dann die beiden Kleinen holen. In der Zeit werden wir noch Möbel kaufen, unser Haus einrichten.

Haben Sie schon ein Haus gefunden?

Ailton Ja, es sieht ganz gut aus. Und es ist hier in Krefeld.

Wo gehen Ihre Kinder zur Schule?

Ailton Wahrscheinlich zu einer bilingualen Schule hier in Krefeld, wo sie Deutsch und Englisch lernen. Maria, meine Zehnjährige, spricht schon ein bisschen Deutsch. Alessandra hingegen ist wie Ailton: Sie hat keinen Bock auf Schule.

Am Mittwoch sollen Sie zum ersten mal spielen. Sind Sie fit?

Ailton Ich habe noch nicht mit dem Trainer gesprochen. Konditionell bin ich noch nicht bei 100 Prozent. Ich denke, dass ich in der zweiten Halbzeit eingewechselt werde, für 90 Minuten reicht es noch nicht. Aber ich möchte am Mittwoch spielen — und dann will ich auch ein Tor schießen.

Sind Sie nervös?

Ailton Nein. Das erste Spiel im neuen Trikot und für einen neuen Verein ist immer etwas Besonderes. Die Fans erwarten, dass Ailton direkt ein Tor schießt. Und dass wir zuhause gewinnen.

Hat das bei Ihren anderen Premieren auf Anhieb mit einem Tor geklappt?

Ailton Bei Bremen ja, in Schalke und Hamburg nicht.

Haben Sie schon mal in Blau und Rot gespielt?

Ailton In diesen Farben noch nicht. Aber ich betreue in Brasilien noch eine Mannschaft, der ich von meinen jeweiligen Vereinen immer einen Satz Trikots schicke. Mit den Trikots aus Bremen hat sie auf Anhieb zwei Mal hintereinander gewonnen. Mal sehen, wie das im KFC-Trikot läuft.

Sechste Liga ist aber nicht Bundesliga. Da geht es vielleicht auch härter zu. Haben Sie keine Angst vor Tretern?

Ailton Ich bin in der sechsten Liga auch härter (lacht). Klar, das ist keine Bundesliga hier. Aber die anderen Spieler wissen auch, dass sie gegen Leute antreten, die am nächsten Tag arbeiten müssen. Ich habe keine Angst vor Fouls.

Wie ist die Stimmung in der Mannschaft?

Ailton Ich glaube, sehr gut. Klar, viele haben Respekt vor mir, weil jeder weiß, was ich in meiner Karriere erreicht habe. Das ist ja ungefähr so, als würde ich jetzt mit Kaka in einem Team spielen. Aber die Stimmung und Harmonie innerhalb der Mannschaft ist gut.

So wie damals in Bremen?

Ailton In Bremen war unser Team damals, als wir Meister geworden sind, wie eine große Familie. Das war unser Schlüssel zum Erfolg.

Wird Bremen diesmal auch wieder Deutscher Meister?

Ailton Ailton ist doch nicht da.

Sie sprechen sehr oft von Ihrer Zeit bei Werder.

Ailton Bremen war die beste Zeit in meiner Karriere. Wenn ich irgendwann mal aufhöre, dann möchte ich mein Abschiedsspiel mit oder gegen Werder machen. Vielleicht mit dem KFC gegen Bremen.

Wann wird das nach heutigem Stand sein?

Ailton Zwei Jahre möchte ich schon noch spielen. Aber ich muss mich selbst hinterfragen, meinen Körper, mein Kopf und auch mein Herz, ob und wie lange es noch geht.

Und danach? Vielleicht Trainer?

Ailton Nee, Trainer ist nix für Ailton. Das passt nicht zu mir. Ich möchte nicht jeden Tag mit einer Mannschaft arbeiten. Es gibt ja auch noch andere Positionen im Fußball. Spielerberater vielleicht, oder Sportdirektor.

Als Berater haben Sie mit Reiff ja schon den ersten Spieler an den KFC vermittelt...

Ailton Ja, das ist auch eine schöne Situation für mich beim KFC. Dadurch, dass wir meistens nur einmal am Tag trainieren, kann ich an meinem zweiten beruflichen Standbein arbeiten.

Letzte Frage: Wer wird in diesem Jahr Weltmeister?

Ailton Brasilien durch einen Sieg im Elfmeterschießen gegen Deutschland im Finale.

Das Gespräch mit Ailton führten die RP-Redakteure Sebastian Peters, Martin Röse, Oliver Schaulandt, H.-G. Schoofs und Jens Voß.

(RP)
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