Krefeld "Stadt vernachlässigt das Wohnen in der Innenstadt"

Krefeld · Michael Heß, Rechtsanwalt und Geschäftsführer von Haus & Grund, kritisiert Pläne für 6500 Neubauwohnungen.

Michael Heß, Rechtsanwalt und Geschäftsführer von Haus & Grund, kritisiert Pläne für 6500 Neubauwohnungen.

Komplett gegen den Strich gebürstet ist die Position von Haus & Grund in Krefeld zur derzeit bekannten offiziellen Haltung der Stadtverwaltung hinsichtlich Bedarf an Neubauwohnungen und Wohnungsbauflächenpotenzialen in der Stadt Krefeld bis ins Jahr 2020. Politik und Planungsdezernent Martin Linne scheinen in ihrer Auffassung einig, dass im Innenstadtbereich und in Neubaugebieten vor allem in Fischeln und Hüls der Bau von bis zu 6500 Wohnungen nötig werde, um dem Bedarf im Hinblick auf Bevölkerungsentwicklung, Flüchtlingszuzügen und dem so genannten Überschwappeffekt aus der Landeshauptstadt Düsseldorf gerecht zu werden.

Michael Heß, Rechtsanwalt und Geschäftsführer von Haus & Grund, widerspricht der Position nahezu komplett. Zu den Stichwörtern Sozialer Wohnungsbau, Bevölkerungszuwachs, Neubaubedarf und Schwerpunktsetzung vertritt er diametral entgegengesetzte Auffassungen: Laut statistischem Jahrbuch der Stadt Krefeld stünden im Bezirk Vier Wälle rund 1000 Wohnungen leer; die Einwohnerzahl der Innenstadt sei tendenziell rückläufig bei einem Ausländeranteil von teilweise über 50 Prozent und einer Arbeitslosenquote von teilweise über 25 Prozent. Dort bestehe ganz offensichtlich der größte Bedarf an Förderung, aber auch die größten Chancen zur Entwicklung von Wohnquartieren, meint Heß.

Mittlerweile überböten sich verschiedenste Akteure mit der Zahl von angeblich in den nächsten Jahren dringend benötigter Wohnungen. Die zurate gezogene Grundlage ergebe sich aber aus einem fragwürdigen Herunterbrechen der vom Bundesbauministerium für ganz Deutschland avisierten Zahl auf die Einwohnerzahl Krefelds. Dabei bleibe unbeachtet, dass in begehrten Großstädten wie München, Stuttgart oder auch Hamburg sicherlich ein im Vergleich zum Bundesdurchschnitt erhöhte Wohnungsneubaubedarf bestehe, was dann zwangsläufig zu einem niedrigeren Wohnungsneubaubedarf in andern Regionen wie Krefeld führe.

Hinsichtlich des Flüchtlingszuzugs werde es kurzfristig zu einem leichten Anstieg der Bevölkerungszahl kommen, um mittel- und langfristig wieder abzusinken. So sehe eine Prognose für Krefeld bis 2030 eine Einwohnerzahl von 230.573 vor. "Daraus lässt sich kein zusätzlicher Bedarf an Wohnraum ableiten", betont Heß.

Nun stellt Haus & Grund sich die Frage, was mit einem bereits vorhandenen Wohnungsbestand passiere, wenn - ohne dass der Bedarf bestehe - weitere bisher nicht erschlossene Neubauflächen ausgewiesen würden und dort neuer Wohnraum entstehe. Ferner sei zu beachten, dass das Ausweisen von Bauflächen in Außenbereichen wie Fischeln, Hüls oder Forstwald für Investoren und private Immobilieneigentümer den Eindruck erwecken könne, dass die Innenstadt als Wohnstandort nicht gewünscht, oder aber zumindest nicht im Fokus des kommunalen Interesses stehe. "Dies ist jedoch aus unserer Sicht exakt der falsche Blickwinkel", sagt Heß.

Zur Frage, ob und, wenn ja, wie viele Sozialwohnungen benötigt werden, sagt Haus & Grund: Bei dem in Teilen sehr niedrigen Mietniveau in Krefeld stehe eine ausreichende Zahl günstiger Wohnungen ohne Sozialbindung zur Verfügung. Im Einzelfall wären sogar die Kostenmieten für die neu errichteten Sozialwohnungen deutlich höher.

(sti)
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