Krefeld Stadt will auf Treuhänderschaft für RWE-Aktien vorzeitig verzichten

Krefeld · Die Stadtwerke Krefeld haben den Vertrag mit der Stadt Krefeld über das Stimmrecht und die Treuhänderschaft für die RWE-Aktien gekündigt, um für ihre Bilanz mehr Spielraum zu erhalten.

Krefeld: Stadt will auf Treuhänderschaft für RWE-Aktien vorzeitig verzichten
Foto: Lammertz Thomas

Die Energiewende hat den großen Versorgern wie RWE kräftig zugesetzt. Dividende und Aktienkurse erfüllten nicht mehr die Erwartungen der Städte und Gemeinden. Die Stadt Krefeld hat ihr Aktienpaket schon im Jahr 2007 für 62,4 Millionen Euro verkauft, um Schulden zu tilgen. Das war umstritten. Der Erlös hätte deutlich höher sein können.

Seit diesen Tagen geht die Bürgerschaft eigentlich davon aus, dass die Stadt Krefeld nicht mehr im Besitz von RWE-Aktien ist. Tatsache ist aber, dass die Seidenstadt sehr wohl noch zu den Anteilseignern des schwankenden Energieriesen gehört - über die Stadtwerke Krefeld. Das wurde in Erinnerung gerufen, weil der zu 100 Prozent städtische Versorger einen Treuhandvertrag zum Stichtag 1. Januar 2019 fristgerecht gekündigt hat. Die Verwaltung ist sogar bereit, diesen Kontrakt und eine so genannte Legitimationszession (Ermächtigung Stimmrecht auszuüben) bereits zum 30. Juni dieses Jahres zu beenden. Damit erhielten die Stadtwerke Krefeld bilanziell mehr Möglichkeiten. Die Politik soll in ihren Sitzungen des Ausschusses für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften am Mittwoch, 26. April, sowie des Rates am Donnerstag, 4. Mai, entscheiden.

Die Stadt Krefeld besitzt nämlich indirekt 232.189 RWE-Aktien in einem Treuhanddepot bei der Sparkasse Krefeld, die in der Bilanz der SWK geparkt wurden. Weil der Wert der RWE-Aktie in Folge der Energiewende rapide an Wert verloren hat, werden deftige Abschreibungen fällig. Das wirkt sich negativ auf das Eigenkapital der Stadtwerke aus..

Interessant dabei ist das Konstrukt, das sich die Stadtverwaltung vor Jahrzehnten ausgedacht hat - ausgerechnet um keine Steuern zahlen zu müssen. Kern dieser Konstruktion ist die RW Energie-Beteiligungsgesellschaft mbH & Co KG (RWEB). Darin bündeln viele nordrhein-westfälische Kommunen ihre Beteiligungen an RWE. Sie ist der eigentliche Aktionär.

Die RWEB hält eine Beteiligung von mehr als 15 Prozent am Grundkapital der RWE AG und ist mit weitem Abstand der größte Einzelaktionär. Sie entstand im Jahr 2002, nachdem der westfälische Versorger VEW mit RWE im Jahr 2000 fusioniert hatte. Damals hatten zwei Firmen, die RW Holding AG und die KEB Holding AG, ihre RWE-Aktien in die neue Gesellschaft eingebracht. Und die RW Holding AG gehört den NRW-Kommunen anteilig. Die Stadtwerke sind daran mit 296.725 Aktien beteiligt.

Und jetzt kommt der Steuertrick: Die Erträge der RWE sind ja bereits versteuert. Um eine in Deutschland nicht gestattete Doppelbesteuerung zu vermeiden, sieht das Gesetz vor, keine Körperschaftsteuer bei den Beteiligungserträgen von Körperschaften zu erheben. Die Stadtwerke sind eine Aktiengesellschaft und damit eine Körperschaft im Sinne dieses Gesetzes. Da die SWK die Anteile an der RW Holding AG stellvertretend für die Stadt hält und zumindest wirtschaftlicher Eigentümer dieser Anteile ist, fiel bei Dividendenzahlungen dieser Firma an die SWK keine Steuerzahlungen an. Experten sprechen vom so genannten Schachtelprivileg.

Dieses mehrstufige System hat aber noch einen anderen Zweck. Durch die Verschachtelung ist es den Kommunen selbst nicht möglich, ihre nur indirekt gehaltenen RWE-Aktien bei akuter Finanznot zu verkaufen. Daran haben besonders die Städte mit großen RWE-Standorten wie Dortmund oder Essen großes Interesse.

Die Verwaltungsvorlage für die Politik macht dies sehr deutlich. Die Stadt Krefeld ist seit 1927 Gesellschafterin des Verbandes der kommunalen RWE-Aktionäre GmbH (VkA). Laut Satzung sind deren Gesellschafter mittelbar oder unmittelbar an der RWE AG beteiligt. Gegenstand des VkA ist die Bildung einer einheitlichen Auffassung der Gesellschafter in energiewirtschaftlichen und damit zusammenhängenden kommunalpolitischen Fragen sowie die Unterstützung ihrer Gesellschafter bei deren Aufgaben zur Sicherung einer wirtschaftlich sinnvollen Daseinsvorsorge und bei der Darbietung einer sicheren und preiswerten Ver- und Entsorgung in den Bereichen Strom, Öl, Gas, Wasser, Abwasser und Abfall. Die Gesellschaft vertritt die Interessen ihrer Gesellschafter gegenüber der RWE AG. Über die Aktien an der RWE AG, die sich zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Stadt Krefeld befanden, wurde am 1927 mit der Stadt Essen als Treuhänderin der RWE AG ein Bindungsvertrag geschlossen. Inhalt des Bindungsvertrages ist, dass die Veräußerungen von Anteilen an RWE die diesem Bindungsvertrag unterliegen, nur mit Zustimmung des VkA erfolgen dürfen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat die Stadt Krefeld diese RWE-Aktien zur Kapitalausstattung sowie zur Steigerung der Ertragskraft in eigene Gesellschaften wie die Krevag eingebracht. Als Rechtsnachfolger sind Rechte und Pflichten den Stadtwerken Krefeld übertragen worden. Mit den Treuhandverträgen erhielt die Gesellschaft wirtschaftliches Eigentum an den Aktien und das Recht auf die Gewinnausschüttung und die Bilanzierung. Die Ausübung der Stimmrechte und die Verwaltung der Aktien obliegen bis heute der Stadt Krefeld.

Durch die Kündigung der Treuhandverträge und den Widerruf der Legitimationszession streben die SWK an, zukünftig ihren bilanziellen Handlungsspielraum bei der Bewertung von Aktien vor dem Hintergrund der Entwicklung des Aktienkurses der RWE-Aktie zu verbessern, erklärt die Stadtverwaltung. Wirtschaftliche Folgen aus Kündigung und Widerruf für die Stadt Krefeld sind nicht zu erwarten.

(sti)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort